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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN
Autoren: Unbekannter Autor
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als ihr klar geworden war, dass Ryan nur kurz nach Justin aufbrechen wollte. »Ich habe die fromme Stille dieser Mauern schätzen gelernt. Ich möchte sie nicht verlassen.«
    »Du redest Unsinn, das weißt du genau. Deine Großmutter besitzt in Rouen ein prächtiges Stadthaus, in dem du standesgemäß wohnen kannst. Willst du dein Kind etwa in einer Klosterzelle zu Welt bringen? Du bist die Gräfin von d'Amonceux und keine Nonne!«
    »Und wie soll ich nach Rouen kommen? Denkst du, das infernalische Gerüttel einer Kutsche tut meinem Kind gut?«
    Der Streit hatte damit geendet, dass der Baron seine wütende Schwägerin vor den eigenen Sattel gepackt und sie in gemächlichem, aber nichtsdestotrotz zügigem Reisetempo aus Montivilliers fortgebracht hatte.
    Unter anderen Umständen hätte Roselynne diesen behutsamen Ritt genossen. Die letzten Maitage waren angenehm warm und trocken, und der Duft von Sommer und Reife lag früher als sonst in der Luft. Aber gerade die helle Schönheit dieser Tage zeigte ihr, wie sehr sich ihr Leben innerhalb eines knappen Jahres geändert hatte. Sie barg Erinnerungen an ihre Kindheit, an Maifeste in Hawkstone und die sehnsüchtigen Träume des jungen Mädchens, das sich geschworen hatte, keinem anderen Mann zu gehören als jenem schönen Ritter, der sein Herz erobert hatte.
    Damals hatte Roselynne von einer glanzvollen Hochzeit geträumt, von einem heiteren Fest, das ihre Liebe krönen würde. Allein, was hatte sie jetzt am Ende erhalten? Den Titel der Gräfin von d'Amonceux, geschmückt mit Tränen, Verzweiflung und einem gebrochenen Herzen.
    In ihren Ohren hallte noch immer das dumpfe Dröhnen der Tür wider, die hinter Justin d'Amonceux ins Schloss gefallen war. Seit diesem Augenblick fror sie, egal wie heiß die Sonne vom Himmel brannte. Er hatte alle Wärme und allen Glanz aus ihrem Leben genommen.
    Aber er lebte und er war in Sicherheit! Mehr hatte sie nicht für ihn tun dürfen. Sie musste ihn vergessen, sich um das kümmern, was ihr bevorstand. Die Fragen ihrer Mutter beispielsweise, die zweifelsohne mit dem nächstmöglichen Schiff in die Normandie reisen würde. Sie kannte Lady Liliana gut genug, um nicht daran zu zweifeln. Für sie existierten keine Kriege und keine Hindernisse, wenn es um das Wohl ihres Gatten oder ihrer Kinder ging.
    Das kleine Mädchen, das in ihrem Bauch zuweilen gegen den Ritt meuterte, schenkte ihr ein völlig neues Verständnis für die Haltung ihrer Mutter. Sein Leben war das kostbare Andenken an eine Liebe, die sie selbst durch eigene Dummheit und falschen Stolz zerstört hatte. Es hatte nur eine Mutter, die für es sorgen und kämpfen würde. Sie sollte sich ein Beispiel an Lady Liliana nehmen.
    Sie war so in ihr eigenes Elend versunken, dass ihr gar nicht bewusst war, dass Ryan noch immer die Herrlichkeiten von Rouen in den leuchtendsten Farben schilderte. Erst seine letzten Sätze drangen wieder in ihr Bewusstsein.
    »Heute Abend wirst du auf weichen Daunen liegen und von silbernen Tellern essen. Dame Elisabetta führt einen höchst noblen Haushalt.«
    Der Gedanke, ihrer Großmutter gegenüber zu treten, schreckte Roselynne endgültig auf. Die Mutter des Lords von Hawkstone war eine höchst einschüchternde Dame, die zudem Sophia-Rose stets allen anderen Kindern ihres Sohnes vorgezogen hatte. Die äußere Ähnlichkeit der beiden war zwar vom Altersunterschied verwischt worden, aber die Ähnlichkeit der Temperamente sprang jedermann ins Auge. Dame Elisabetta nahm ebenso wie Sophia-Rose kein Blatt vor den Mund, und was sie zu einer Enkelin sagen würde, die, eben verheiratet, in Monatsfrist schon ein Kind zur Welt bringen würde, konnte sich Roselynne unschwer ausmalen.
    Hinzu kam, dass die Dame es gern gesehen hätte, dass nicht Roselynne, sondern ihre geliebte Sophia-Rose einmal die Gräfin von d'Amonceux geworden wäre. In ihren Augen war sie die falsche Gräfin. Wie sie die falsche Tochter mit den falschen Farben war.
    »Kleiner Dickkopf«, schalt Ryan die stumme Gestalt, die er so behutsam umsorgte und die auch jetzt nicht auf seine Worte reagierte. »Willst du mich für immer mit deinem Schweigen strafen, nur weil ich dafür gesorgt habe, dass dein Kind einen ehrbaren Namen bekommt? Ich hab's getan, weil ich dich liebe wie eine Schwester meines eigenen Blutes. Willst du mir vorwerfen, dass ich nur dein Bestes im Sinne hatte?«
    Er hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass Roselynne dieses Mal auf seine Worte reagieren würde. Es traf ihn
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