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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Gefühle zu leugnen, so hatte sie ihren Meister gefunden.
    Bis er sie in Margaret de Laceys Obhut gab, die gemeinsam mit ihrer Kammerfrau Maud herbeieilte, fiel keine Silbe mehr zwischen ihnen. Er blieb an ihrer Seite, aber die Geschwindigkeit, mit der er sich abwandte, als er sie in Sicherheit wusste, verriet alles über seinen Wunsch, ihrer Gegenwart zu fliehen.
    Roselynne lächelte ihm traurig nach und trug damit nur noch mehr dazu bei, Margarets ohnehin schon wache Neugier anzustacheln.
    »Was ist geschehen? Was hast du mit dem Normannen zu schaffen?«, drängte sie emsig nach einer Auskunft. Sie spürte, dass sich etwas ereignet haben musste. »Der Junge sagte, du befändest dich nicht wohl?«
    »Nur eine kurze Schwäche«, entgegnete Roselynne und hüllte sich dankbar in den wärmenden Umhang, den ihr die Kammerfrau stumm hinhielt.
    »Ich weiß, Maud«, nahm sie der Dienerin den Wind aus den Segeln. »Du hast mir gleich gesagt, dass ich den Umhang tragen soll. Es war pure Eitelkeit, und jetzt scheine ich dafür zu büßen!«
    Das neue pflaumenblaue Gewand mit den feinen Silberstickereien verschwand unter dem Stoff des Mantels. Es hatte ihr ohnehin nicht die geplante Aufmerksamkeit des Seigneurs von Luthais eingetragen. Dazu hatte es erst eines schottischen Rüpels bedurft. Roselynne war ungewohnt schwach und wirbelig zumute, aber sie überspielte dies mit einem winzigen Achselzucken.
    »Eine Schwäche, die dich im Angesicht des faszinierendsten Ritters überfällt, der weit und breit zu finden ist«, wiederholte Margaret neidisch und riss die dunkelbraunen Augen weit auf. »Ich wäre ihm ohnmächtig in die Arme gesunken. Wie kannst du eine solche Gelegenheit verspielen? Alle Edeldamen dieses Hofes sind ganz wild darauf herauszufinden, ob er gegen weibliche Reize wirklich so gefeit ist, wie es den Anschein hat.«
    »Närrisches Kind«, antwortete Roselynne schärfer, als es sonst ihre Art war. »Schlag dir solche Dummheiten aus dem Kopf, ganz besonders im Zusammenhang mit diesem Edelmann. Er ist gefährlich!«
    »Aber das macht ihn ja so interessant«, platzte Margaret unverbesserlich freimütig heraus. »Man sagt, der König bemüht sich um ihn, dass er bei Hofe bleibt. Vielleicht bietet er ihm gar eine Gemahlin und ein Lehen an. Wenn ich mir vorstelle, in seinen Armen zu liegen ...«
    »Das genügt!«, unterbrach Roselynne ihr Geplapper, ehe sich Margaret in Details verlor, die sie weder in diesem Moment noch in einem anderen von ihr hören wollte. »Man möchte meinen, niemand habe dir ordentliche Manieren beigebracht.«
    »Pffft!«, antwortete Margaret gekränkt, aber dieses Mal verzichtete ihre Gefährtin darauf, sie zur Rechenschaft zu ziehen. Sie war viel zu froh darüber, dass sie die Kleine zum Schweigen gebracht hatte.
    Die drei Frauen eilten zum Palast, ohne zu bemerken, dass ihnen ein Paar blauer Augen folgten, die so düster dreinschauten, dass sie fast die Farbe der grauen Regenwolken annahmen, die sich am Himmel auftürmten.

4. Kapitel
    »Das ist nun wirklich ärgerlich!« Prinzessin Mathilda sah für einen Augenblick so aus, als wollte sie enttäuscht mit dem Fuß aufstampfen. »Es fehlt uns an den nötigen Mistelzweigen, um die üblichen Girlanden für den Tafelschmuck am Erntedankfest zu winden. Wieso habt Ihr nicht daran gedacht, die Mägde darum zu schicken, Margaret? Wo habt Ihr nur Eure Gedanken, Mädchen?«
    Die gescholtene Edeldame senkte betrübt den schleierbedeckten Kopf. Es war nicht ratsam, die königliche Dame zu reizen, und sie hatte sich heute schon einige Male ihren Unwillen zugezogen. Die Vorbreitungen für das große Mahl zum Erntedankfest brachten eine solche Fülle von Befehlen, Aufträgen und Botengängen mit sich, dass es in ihrem Kopf nur so schwirrte. Jetzt hatte sie zu allem Überfluss auch noch die dummen Zweige vergessen.
    Das unheilvolle Schweigen drang sogar zu Roselynne, obwohl sich ihre Gedanken beileibe nicht mit der unvollständigen Dekoration der großen Tafel beschäftigten. Eher schon mit der Frage, welches Gewand sie für dieses festliche Ereignis wählen sollte. Immerhin musste es die verwöhnte Aufmerksamkeit eines ganz besonderen Seigneurs fesseln. Jetzt indes stellte sie die Frage zurück und mischte sich zu Margarets Gunsten ein.
    »Dem ist leicht Abhilfe zu schaffen, Madame«, meldete sie sich mit ihrer sanftesten Stimme und lächelte die Prinzessin heiter an. »In den Obstgärten am Fuße der Festungsmauern habe ich erst vor ein paar Tagen eine Menge

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