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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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schöne Schwester, hatte jemals diese unerklärliche Wirkung auf ihn ausgeübt. Es musste an der gefährlichen Anspannung seines Auftrags liegen, dass er dem Blendwerk ihrer Anziehungskraft so hilflos ausgeliefert war. Wie gut, dass er die Gefahr unter den Apfelbäumen erkannt hatte, bevor er einen verhängnisvollen Fehler beging.
    An diesem Punkt seiner Überlegungen angelangt, beschloss er, seinen Hunger auf andere Art zu stillen. Er griff herzhaft zu und tat sich an dem Wildschweinbraten ebenso gütlich wie an den gefüllten Fasanen. Die riesige Brotscheibe, die ihnen als gemeinsamer Teller diente, saugte sich mit den Fleischsäften voll und der Page musste immer öfter den Wein im Pokal nachfüllen.
    Roselynne warf ihm unter ihren langen Wimpern einen vorwitzigen Blick zu. Es war an der Zeit, die Schlacht zu eröffnen.
    »Gegen die prächtigen Gastmähler am Hofe Eures Herzogs muss Euch unser bescheidenes Fest ärmlich Vorkommen, Seigneur«, sagte sie betont liebenswürdig. »Ich hoffe, Ihr werdet wenigstens satt.«
    »Ihr scherzt, Demoiselle«, sah er sich zu einer höflichen Antwort gezwungen. »Die Gastfreundschaft des Königs sucht Ihresgleichen!«
    »Auf dieser Insel vielleicht, aber bestimmt nicht in der Normandie«, beharrte Roselynne auf ihrem Einwurf. »Unsere Großmutter pflegt bei ihren seltenen Besuchen die feine Lebensart und das gute Benehmen des normannischen Hofes als leuchtendes Beispiel hinzustellen. Ich bin in dem Bewusstsein aufgewachsen, dass der simple sächsische Geist kaum für derlei Feinheiten geschaffen ist. Nicht einmal ein ausreichend kultiviertes Tischgespräch vermögen wir zu führen, Ihr müsst mir verzeihen ...«
    Ein flüchtig aufblitzendes Koboldlächeln verriet ihm, dass sie es wagte, sich über ihn lustig zu machen. Noch ein Charakterzug, der sie deutlich von ihrer Schwester unterschied. Sophia-Rose war stets von untadeliger Haltung und makelloser Erziehung gewesen, bis zu jener Reise, die sie und ihr Leben verändert hatte.
    Oh, zum Henker, musste er ausgerechnet jetzt daran denken? Welche Laune des Geschicks hatte ihn an die Seite dieses sinnlich aufreizenden Teufelchens verschlagen, das bei jeder Begegnung eine andere verblüffende Facette seiner Person vorstellte?
    »Es steht mir nicht zu, Eure Großmutter zu kritisieren«, sagte er ihr mit mühsam unterdrücktem Grimm. »Aber ich bin sicher, dass keine Person von Vernunft Euch je für einfältig halten könnte. Sächsisches und normannisches Blut vermischen sich auf das Vollkommenste in Eurer Person, Mylady Roselynne,«
    Ihr Lächeln vertiefte sich und weckte den unwiderstehlichen Wunsch in ihm, diese wohlgeformten, ausdrucksstarken Lippen zu küssen. So lange, bis sie sich weich und zärtlich gaben und jene Fähigkeit zum Spott verloren, die ihn so erboste.
    »Wie freundlich Ihr sein könnt, wenn Ihr Euch bemüht, Seigneur. Ich hatte schon befürchtet, ich hätte Euch missfallen ... heute ...«
    Das letzte Wort setzte sie mit so unmissverständlicher Bedeutung hinter eine winzige Pause, dass er nicht umhin konnte, das Geschick zu bewundern, mit dem sie ihn zu einer Stellungnahme zwang, die nur eine Entschuldigung der eigenen Rüpelhaftigkeit sein konnte.
    »Würdet Ihr meine demütigste Entschuldigung für mein unverzeihliches Verhalten annehmen, Dame Roselynne?«, wählte er seinerseits den Angriff anstelle der Verteidigung. »Es ist nicht meine Art, mich von einem Paar hübscher Beine um den Verstand bringen zu lassen, sogar wenn sie von nie gesehener Vollendung sind.«
    Roselynne spürte, wie feine Röte in ihre Wangen stieg, als er so verblüffend ungeniert auf die Ereignisse im Apfelgarten zu sprechen kam. Dann freilich durchschaute sie seine Taktik. Er wollte sie in Verlegenheit bringen, damit sie das Thema von sich aus fallen ließ. Aber damit würde er keinen Erfolg haben. Der Hof hatte sie gelehrt, mit derlei Angriffen fertig zu werden.
    »Ich vergebe Euch«, entgegnete sie mit der fürstlichen Arroganz, die allen Töchtern Lady Lilianas zur Verfügung stand, wann immer sie nötig wurde. »Eure angegriffenen Manieren sind sicher eine Folge davon, dass Euer Herzog so innigliche Kontakte mit Schotten, Dänen und anderen Barbaren pflegt. Die Grobheiten der nordischen Krieger sind ansteckend, nicht wahr? Wie schade, dass es nur einen wahren Eroberer gegeben hat, der mit seinen kriegerischen Talenten ein Königreich zu schmieden vermochte.«
    Sie spürte den Schock, der ihn durchrieselte, und wusste, dass sie

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