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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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in ihrer Kehle wurde zum krächzenden Seufzer, der kaum zwei Schritt weit trug.
    Zweige peitschten ihr Gesicht, Äste zerrten an ihren Röcken, und sie verlor die hübsche Federkappe, die ihre Haare bedeckt hatte, zusammen mit den perlenbesetzten Nadeln. Die schweren dunklen Haare lösten sich wie ein Wasserfall aus den aufgesteckten Zöpfen und flössen über ihre Schultern.
    »Komm schon, hinauf mit dir, Liebchen! Erfolgreiche Raubzüge müssen beendet sein, ehe der Feind Verdacht schöpft.«
    Roselynne spürte die fein gehämmerten Verzierungen ihres vertrauten Damensattels unter ihren Fingern. Wie kam ihr Zelter an das Bachufer? Sie hatte ihn auf der provisorischen Weide bei den Pferdeknechten gelassen.
    Mit einem Male klärte sich der Nebel aus Angst, Zorn, Schmerz und Erniedrigung, der sie gelähmt hatte. Sie war kein Mann, der den Zweikampf suchen konnte. Aber sie war auch keine wehrlose Gans, die sich in das Unvermeidliche schickte.
    Sie verengte die Augen und entdeckte, dass ihr Ross mit seinen Zügeln locker an den mächtigen braunen Hengst gefesselt war, den der Schotte bei der Jagd geritten hatte. Sie rang nach Luft und kämpfte darum, einen klaren Kopf zu bekommen. Der hübsche Zelter tänzelte nervös auf der Stelle, bedrängt von dem wuchtigen Braunen und verunsichert von der fremden Stimme, die ihm ihren Willen aufzwingen wollte.
    Der Griff um Roselynnes Arm lockerte sich, aber ehe sie aufatmen konnte, wurde sie so roh um die Taille gepackt und auf den Sattel gehoben, dass sie zappelnd um ihr Gleichgewicht kämpfen musste. Die offene Flut ihrer Haarmassen raubte ihr die Sicht und sie warf den Kopf in den Nacken, während sie sich an Zügeln und Sattelhorn festklammerte, um das Gleichgewicht zu finden. Was sie durch die Haarsträhnen hindurch von den finsteren Zügen des Schotten sah, leuchtete in unverhohlener Befriedigung.
    Es war dieser Triumph, der Roselynnes Furcht endgültig vertrieb und ihr Handeln diktierte. Sie war nicht das empfindliche Edelfräulein, für das er sie aufgrund ihres Aussehens und ihres Ranges halten musste. Sie war eine Tochter des Rosenturms von Hawkstone und Lady Liliana keine gewöhnliche Mutter. Sie hatte ihren Töchtern ein Wissen vermittelt, das sich nicht allein auf Haushaltsdinge und makelloses Benehmen beschränkte.
    Roselynne riss an den Zügeln, um sie aus der Schlaufe des Braunen zu befreien. Der Zelter stieg, von so ungewohnter Heftigkeit erschrocken, steil mit den Vorderbeinen in die Luft und wieherte in panischer Angst.
    »Blödes Weib!«, fluchte der Graf über den vermeintlichen Fehler und packte einen von Roselynnes bestiefeiten Füßen. Im gleichen Moment stieß ihn der andere Fuß mit solcher Wucht gegen das Schlüsselbein, dass er nach hinten taumelte und gegen das eigene Pferd prallte. Der Stoß erschreckte auch den Hengst, der nun seinerseits schnaubte und stieg.
    Zu seiner nicht geringen Verblüffung fand sich der Schotte jäh zwischen erregten Rössern und gefährlich schlagenden Hufen gefangen und musste sich in Sicherheit bringen. Währenddessen zwang Roselynne ihren Zelter aus dem Stand in einen halsbrecherischen Galopp und war bereits am Rand der Lichtung, als sie den wilden Regen gälischer Flüche hörte, der ihr folgte.
    Schon nach kurzer Zeit hörte sie jedoch das Donnern trommelnder Hufe hinter sich. In Kürze würde der Graf sie eingeholt haben. Das hübsche Damenpferd war seinem ausgebildeten Schlachtross weder an Stärke noch an Geschwindigkeit gewachsen.
    Heilige Mutter Gottes, was sollte sie tun? Sie duckte sich tiefer über den Hals des Tieres und stieß dabei gegen den Bogen, der noch immer am Sattel befestigt war. Der Schotte hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Waffe zu entfernen, so gering achtete er die Gefahr, dass ein so zierliches Geschöpf ihn damit ernsthaft bedrohen könnte.
    Roselynne fasste jedoch mit der Präzision eines versierten Schützen nach Bogen und Pfeilen, während sie gleichzeitig ihr Pferd mit Worten und Schenkeldruck unter Kontrolle bekam. Sie hatte keine Zeit, besonders genau zu zielen, aber sie war geübt genug, sich einen Schuss zuzutrauen, der genügend Schaden anrichtete, um ihr die endgültige Flucht zu ermöglichen.
    Robert of Duncan traute seinen Augen nicht, als sie sich mit wild flatternden Haaren im Sattel drehte und die Bogensehne spannte. Kaum gewahrte er den schlanken Eschenpfeil, der auf ihn zuflog. Noch verblüffender war indes die ungeahnte Wucht, mit der sich die feine, gefährliche

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