Herzensach - Roman
muß wohl Deine Rache sein. Auch daß der Schlachter sich am nächsten Morgen noch die Brust bei einem Sturz in seiner Wohnung aufschnitt. Es muß wohl Deine Rache sein, daß Du dem Wirt erneut die Knie auf der eigenen Treppe brachst und dieses böse Haus nun geschlossen ist. Es muß wohl Deine Rache sein, daß Du den Piraten ihren Kapitän nimmst, wenigstens für einige Jahre. Ich sehe wohl, was Du planst: Sie sollen in Dein Schiff kommen. Und ich kann Dir berichten, sie kommen. Alle! Ausnahmslos!
Alle waren sie da, als ich Maria Glaser als oberste über die beiden anderen Toten bettete. Was für ein schöner Schlußstein. Und jeder der Trauergäste versprach mir, angesichts dieses Dreiergrabes, den rechten Weg zu beschreiten. Ich bitte Dich, gib ihnen die Kraft. Ich will alles tun, damit sie Deine Herrlichkeit erkennen. Damit Ruhe ist, endlich Ruhe ist. Ruhe für Dich und Deine Stimme. Verzeih mir, daß ich Dir einige Tage lang nicht schreiben konnte. Ich verspreche, es von nun an wieder regelmäßig zu tun. Dein schwacher und ergebener Diener Pedus.
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Meldung aus dem › Weinsteiner Boten ‹ :
Untersuchung abgeschlossen
Wie die Polizei und der zuständige Arzt Dr. Bernhard Andree in Herzensach mitteilen, ist der tragische Tod des Försters Johann Franke auf einen Unfall zurückzuführen. Beim Waffenreinigen hatte sich ein Schuß gelöst. Gerüchten, daß der Tod im Zusammenhang mit einer angeblichen Gasthausschlägerei am vergangenen Sonntag stehe, bei der es weitere Tote gegeben habe, trat die Gutsverwaltung energisch entgegen. Sie teilte außerdem mit, daß Jan van Grunten die Leitung des Gutes abgebe, um sich ausschließlich seiner Firma in Berlin zu widmen, die durch betrügerische Manipulationen seines schwedischen Partners in Schwierigkeiten geraten war.
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Gunter Gerlach
Das Jahr, in dem ich beschloss, meinen Großvater umzubringen
Roman
„Mein Großvater hatte einen Fuß auf meine Brust gestellt und sein Gewehr auf meinen Kopf gerichtet. Ich lag im Schnee und konnte mich nicht befreien. Auf der Suche nach einer Waffe betastete ich meinen Körper. Ich musste ihm zuvorkommen, ihn töten, bevor er mich umbrachte. Überrascht stellte ich fest, ich war nackt. Ich besaß nichts, um mich zu wehren.“
Gordon Paulson, Schriftendesigner und ehemals notorischer Single, ist glücklich, als ihm seine erste große Liebe begegnet. Für ihn bricht eine Welt zusammen, als sie plötzlich verschwindet. Er begibt sich auf die Suche – und alle Spuren führen ihn zurück in die eigene Familie. Gordon wird mit Lügen, Intrigen und Verrat konfrontiert. Je mehr der düsteren Vergangenheit ans Licht tritt, desto mehr reift in Gordon ein Entschluss: Großvater muss sterben …
Tragisch. Skurril. Aufwühlend.
Ein bitterböser Roman.
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Gunter Gerlach
Das Jahr, in dem ich beschloss, meinen Großvater umzubringen
Roman
1
»Natürlich wusste ich, dass mir mein Großvater etwas genommen hatte. Als Mangel entdeckte ich es aber nur, wenn es darum ging, andere Menschen zu verstehen. Keine Gefühle zu haben heißt ja, auf Gefühle anderer auch nicht erwartungsgemäß reagieren zu können. Ich ging ins Kino, um den Umgang mit Emotionen zu lernen. Das Kino war, nachdem ich meine Familie verlassen hatte, mein großer Lehrmeister. Ich lernte Gefühle wie eine Fremdsprache.«
Gordon Paulson, Frankfurt am Main
ERSTER TEIL
JÄGER DES ALPHABETS
1
Mein Großvater hatte einen Fuß auf meine Brust gestellt und sein Gewehr auf meinen Kopf gerichtet. Ich lag im Schnee und konnte mich nicht befreien. Auf der Suche nach einer Waffe betastete ich meinen Körper. Ich musste ihm zuvorkommen, ihn töten, bevor er mich umbrachte. Überrascht stellte ich fest, ich war nackt. Ich besaß nichts, um mich zu wehren.
Ich öffnete die Augen. Mir war kalt, ein schneebedecktes Miniaturgebirge breitete sich vor mir aus. Das weiße Betttuch, das sich vor mir hinab ins Tal knüllte, sich dann hinauf zu Scottys Schulter schwang. Scharfkantige Schneeverwehungen, sanfte Verwerfungen, manche in Form eines Ypsilons. Für einen Moment tauchte mein Großvater noch in der Schneelandschaft hinter einer Anhöhe auf. Ich kletterte mit den Augen das weiße Tal hinauf zu Scottys Schultern.
Ein sanft geschwungener Hügel, nur halb vom Schnee bedeckt. Er strahlte Wärme aus. Scotty. Eine Frau. Ein Fremdkörper
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