Herzensangelegenheiten
es wäre wichtig und ich kann es mir aussuchen, ob ich ihm meinen Freund anvertraue oder Colin, damit er dem eine reinziehen kann, weil er sich so unmöglich aufführt.“
Samuel grinste schief. „Ich kann Colin verstehen.“
Devin stupste ihm gegen die Nase. „Das tue ich auch, aber er hat trotzdem nicht das Recht dazu, wie ein Elefant im Porzellanladen zu wüten, obwohl ich ihm erklärt habe, dass ich es dir überlasse, ob und wann du mit mir redest.“
Samuel bekam ein schlechtes Gewissen. „Dev...“
„Das Problem dabei ist nur, dass ich nach heute nicht mehr länger warten kann.“
Genau das hatte er befürchtet. Samuel wich Devins Blick aus. „Das ist nicht so einfach.“
„Das ist mir bewusst, nachdem was dieser Anwalt vorhin behauptet hat, Sam. Aber ich weiß auch, dass wir darüber reden müssen, bevor es zu spät ist.“
„Devin...“
„Ich habe gesehen, wie du deine Hände zu Fäusten geballt hat. Ich habe auch verstanden, was Adrians Hand auf deiner Schulter sollte. Du balancierst auf einem sehr dünnen Drahtseil herum, Sam, und das bereits seit Jahren. Willst du unbedingt runterfallen?“
„Nein“, gab er leise zu und umarmte Devin, weil er wusste, dass sein Freund Recht hatte, und er gleichzeitig wusste, dass er nicht darüber reden würde. Oder war es vielleicht eher so, dass er nicht reden wollte? Dass er sein Schweigegelübde tatsächlich als Ausrede benutzte, wie Adrian es ihm vorgeworfen hatte?
„Ich werde zuhören, Sam. Aber das kann ich nur, wenn du mit mir redest.“ Devin küsste ihn liebevoll auf die Stirn und seufzte, als es an die Tür klopfte. „Ich glaube, da wird jemand ungeduldig.“
Samuel stand auf, setzte Devin zurück in den Rollstuhl und griff nach seiner Hand. „Es tut mir leid.“
Devin schüttelte den Kopf. „Das muss es nicht. Ich bin für dich da, Sam. Egal was damals war, ich bin für dich da.“
Äußerlich gesehen, war Dominic Felcon das komplette Gegenteil von Devin. Braune Augen statt grüne, eine Glatze statt brauner Haare, überaus muskulös statt sportlich schlank. Und auch ihre Gestik und Mimik war völlig unterschiedlich, denn wo Devin deutlich aus sich herausging, blieb Dominic still und zurückhaltend. Ein wenig erinnerte er Samuel dabei an Adrian und das machte es ihm leicht, Dominics ausgestreckte Hand zu greifen und sie zu schütteln, als sie sich schließlich vor dem Springbrunnen gegenüberstanden, der zu einem kleinen Park gegenüber vom Gericht gehörte.
Samuel wusste nicht, wo alle Anderen mittlerweile hin waren, denn außer Adrian war niemand sonst im Gang gewesen, als sie den Saal verlassen hatten. Adrian hatte nur gegrinst und ihm gesagt, wo er Dominic finden konnte und war danach mit Devin losgezogen. Dominic würde schon wissen, wo der Rest ihrer Truppe zu finden war, dachte Samuel und umfasste mit einer Handbewegung den ganzen Park.
„Gehen wir ein Stück?“
Dominic nickte nur und folgte ihm, als er den Weg um den Brunnen anschlug. Samuel gab ein gemütliches Tempo vor, denn erstens hatte er es nicht eilig und zweitens schien Dominic noch nach passenden Worten zu suchen. Und da er selbst auch nicht wusste, was er sagen sollte oder wie er ein Gespräch in Gang bringen konnte, schwieg er einfach. Devins großer Bruder würde schon das Wort ergreifen, wenn er soweit war.
„Es wird nicht funktionieren.“
Samuel sah zur Seite. Dominics Blick war auf den Gehweg zu ihren Füßen gerichtet, aber seine Worte galten ihm. „Was meinst du?“ Die Antwort ließ auf sich warten. Dominic machte seinem Ruf als großer Schweiger wirklich alle Ehre, aber irgendwie fand Samuel das sogar sympathisch.
„Davor weglaufen“, sagte Dominic schließlich. „Ich bin quer durch das gesamte Land geflüchtet, über fünfzehn Jahre lang, aber meine Vergangenheit hat mich trotzdem eingeholt.“
Samuel verstand nur Bahnhof. Welche Vergangenheit meinte Dominic damit? Devin und Dominic hatten doch tolle Eltern und eine schöne Kindheit gehabt, oder etwa nicht? Moment mal, über fünfzehn Jahre? Devin war fünf Jahre jünger als Dominic, also war der damals circa Mitte zwanzig gewesen. Sprach Dominic etwa von Devins Unfall? Das konnte Samuel sich irgendwie nicht vorstellen, obwohl es durchaus möglich war, denn er wusste nicht viel über diese schwere Zeit für die Felcons. Devin sprach nicht darüber. Seine Eltern auch nicht. Andererseits hatte er auch nicht danach gefragt. Vielleicht sollte er das bei nächster Gelegenheit nachholen.
„Von
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