Herzgesteuert: Roman (German Edition)
Mit einer wundervollen jungen Frau.« Er schickt mir einen Blick aus seinen braunen Augen, dass ich den Schmerz körperlich spüre.
O nein. Ich wusste es. Natürlich hat er längst eine andere. Eine entzückende junge Frau. Wie seine Augen leuchten, wenn er von ihr spricht! Es tut so weh! Mein Herz zieht sich wie unter einem Messerstich reflexartig in sein Schneckenhaus zurück.
»Ich habe nämlich eine Einladung. Zu einem Chorkonzert.«
Ein klitzekleines Lächeln umspielt seine Mundwinkel. »Gehst du da zufällig auch hin?«
Mir bleibt das Nasse unter der Zunge weg. Das Herz kriecht ganz langsam wieder aus seinem Schneckenhaus.
» Du hast eine Einladung ? Von Fanny? Das heißt, wir wären uns sowieso …«
»Wenn deine Konzertkarte für den Platz neben meinem ist, und davon gehe ich aus, wären wir uns heute Abend sowieso begegnet.«
Ich versuche, ein hysterisches Auflachen zu verschlucken.
Dann schweigen wir beide.
Georg lauscht auf die Stimme aus seinem Kopfhörer, den er sich mit einer Hand ans Ohr hält. Die andere Hand liegt immer noch an meiner Wange.
Es folgt ein langes Schweigen. Er muss doch hören, wie sehr mein Herz hämmert, trotz des Lärms hier drinnen, oder wenigstens fühlen muss er es, wie meine Halsschlagader an seinem Arm pulsiert!
Als ich es nicht mehr ertragen kann, drehe ich den Kopf und sehe Georg an.
Und auf einmal wird mir alles klar.
Wir gehören zusammen.
Er und ich und Fanny. Wir sind eine Einheit.
Warum habe ich mich nur so lange dagegen gewehrt?
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie lange ich auf diesen Moment gewartet habe«, sagt Georg, als könnte er meine Gedanken lesen. Er sieht mir so liebevoll in die Augen, dass mir ein wohliger Schauer über den ganzen Körper läuft.
Da ist keine Angst mehr, kein Nervenkitzel, sondern Geborgenheit, Vertrauen. Und die unbändige Freude auf die Zukunft.
Es dauert eine Weile, bis ich antworte. Ich versuche, die letzten acht Monate noch einmal Revue passieren zu lassen. Ich denke daran, wie ich ihn das erste Mal sah. Im Supermarkt. Wie er dann immer auf der Bank saß. Im Park. Unter der Trauerweide. Und die Freiheit sein einziger Besitz war.
Wie sein Fuß in meinem Badezimmer aufgetaucht ist. Und sein zweites Bein und … ähm … alles Weitere. Wie ich ihn mit der Nagelschere bedroht habe.
Wie er zum ersten Mal in gepflegten Klamotten in meinem Schlafzimmer stand.
Wie ich ihn ausgesetzt habe, auf dem Parkplatz an der Autobahn.
Und ihn später am Bahnhof gesucht habe.
Wie er dann vor der glutroten Abendsonne auftauchte und mich zum ersten Mal in die Arme nahm.
Wie wir in der Villa des Tennisspielers an der Bar in der Küche saßen und er für mich gekocht hat.
Wie wir dann später vor dem Kamin …
»Du hast mich schon einmal fliegen lassen«, höre ich mich sagen. Ich lege die Finger meiner linken Hand ganz sanft auf seine Lippen, und er küsst sie.
»Ich möchte noch oft mit dir fliegen!«
In diesem Moment bekommt er die Starterlaubnis. Mit beiden Händen umfasst er das Steuer, ein Ruck geht durch unsere kleine Maschine, alles zittert und vibriert, und ich stoße einen leisen Schrei aus, der in ein befreites Lachen mündet. Hilfe suchend klammere ich mich an seinem Ärmel fest, und er lacht auch. Er lacht befreit und glücklich, wir werden schneller und schneller, es schüttelt uns durch, dann hebt sich plötzlich die spitze Schnauze, wir rasen ins graue Nichts, die Propeller rotieren so schnell, dass ihre Umrisse verschwimmen, und ich sehe nur noch etwas Ganzes, Rundes, das zuverlässig schnurrt, das funktioniert, das uns abheben und die Schwerkraft verlieren lässt.
Die Wolkenfetzen scheinen uns trotzen zu wollen, unser kleiner Flieger tanzt auf ihnen herum, wir steigen und sinken wie in einer Achterbahn, fallen in Luftlöcher und setzen uns gegen sie durch. Wir steigen unaufhörlich, und ich habe keine Angst, ich bin bei ihm, und er hat die Fäden sicher in der Hand, mein und sein Leben hängen daran, aber dann zerreißen die Wolkenfetzen in immer kleinere Teile, lösen sich nach und nach auf, entlassen uns in die sonnige Freiheit, bis sie schließlich ganz unter uns liegen.
Über uns breitet sich der wolkenlose blaue Himmel aus.
DANK
Mein großer Dank gilt nun schon zum dritten Mal dem fantastischen Team vom Diana-Verlag, allen voran Britta Hansen, die mit strengem Blick die Geschicke meiner Romanhelden kontrolliert, aber meist recht hat, Doris Schuck, die mich zu den abenteuerlichsten Flecken des deutschen
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