Herzschlag der Nacht
ihren Mann und den Fremden zu werfen, doch Christopher schob sie hinter sich. Atemlos vor Angst und Schrecken, blickte sie über seine Schulter.
Der Mann war in ziviler Kleidung, die an seiner klapperdürren Gestalt baumelte. Er war groß, breitschultrig, machte jedoch den Eindruck, als hätte er seit Monaten nicht mehr richtig gegessen oder geschlafen. Sein zotteliges Haar musste dringend geschnitten werden. Der Fremde betrachtete sie mit der beängstigenden Starrheit eines Wahnsinnigen. Dennoch war unschwer zu erkennen, dass er einmal sehr gut ausgesehen haben musste. Nun wirkte er allerdings wie ein Wrack: ein junger Mann mit einem alten Gesicht und gehetztem Blick.
»Zurück von den Toten«, sagte Bennett heiser. »Du hast nicht gedacht, dass ich es schaffe, was?«
»Bennett … Mark.« Als Christopher sprach, fühlte Beatrix das leise, kaum merkliche Zittern in ihm. »Ich wusste nicht, was mit dir geschehen war.«
»Nein.« Der Revolver in Bennetts Hand bebte. »Du warst zu sehr damit befasst, Fenwick zu retten.«
»Bennett, nimm das verfluchte Ding runter. Ich … still, Albert! – es brachte mich fast um, dich dort zu lassen.«
»Und doch hast du es. Danach ging ich durch die Hölle. Ich verrottete und hungerte, während du zu Englands großem Helden wurdest. Verräter. Schweinehund!« Er zielte mit seiner Waffe auf Christophers Brust. Beatrix stieß einen stummen Schrei aus und drängte sich näher an Christopher.
»Ich musste Fenwick zuerst retten«, sagte Christopher ruhig, obwohl sein Puls raste. »Mir blieb keine Wahl.«
»Einen Teufel musstest du! Du wolltest dir den Ruhm sichern, einen hohen Offizier gerettet zu haben.«
»Ich dachte, dass du nicht überleben würdest. Und wäre Fenwick gefangengenommen worden, hätten sie ihm alle erdenklichen Informationen entlockt.«
»Warum hast du ihn nicht erschossen und mich da weggebracht?«
»Du bist ja von Sinnen«, konterte Christopher. Was vermutlich nicht das Klügste war, das man einem Mann in Bennetts Zustand sagen sollte, aber Beatrix konnte es ihm nicht verübeln. »Einen schutzlosen Soldaten kaltblütig umbringen? Nein, dafür kann es keine Rechtfertigung geben, niemals, nicht einmal bei Fenwick. Falls du mich deshalb erschießen willst, nur zu, und hol dich der Teufel. Solltest du jedoch meiner Frau auch nur ein Haar krümmen, reiße ich dich mit mir in die Hölle. Und dasselbe gilt für Albert. Er wurde verwundet, als er dich verteidigt hat.«
»Albert war nicht da.«
»Ich ließ ihn bei dir. Als ich zurückkam, um dich zu holen, blutete er aus einer Bajonettwunde, und eines seiner Ohren war fast vollständig abgeschnitten. Du warst fort.«
Bennett blinzelte, und ein Anflug von Unsicherheit flackerte in seinen Augen auf. Sein Blick fiel auf Albert. Zu Beatrix’ Überraschung hockte er sich hin und streckte eine Hand nach dem Hund aus. »Komm her, Junge.«
Albert rührte sich nicht.
»Er weiß, was eine Waffe ist«, hörte Beatrix ihren Mann sagen. »Er wird sich dir keinen Schritt nähern, solange du den Revolver nicht ablegst.«
Zögernd legte Bennett seine Waffe auf die Erde. »Komm«, sagte er zu dem Hund, der unsicher winselte.
»Geh schon, Junge«, raunte Christopher leise.
Albert tapste scheu auf Bennett zu und wedelte mit dem Schwanz. Bennett strich ihm über den Kopf und kraulte seinen Nacken. Hechelnd leckte Albert ihm die Hand.
Beatrix, die an Christophers Rücken lehnte, spürte, wie seine Anspannung etwas nachließ.
»Albert war da«, sagte Bennett, dessen Stimme anders als zuvor klang. »Ich erinnere mich, dass er mir das Gesicht ableckte.«
»Denkst du, ich hätte ihn bei dir gelassen, wenn ich nicht zurückkommen wollte?«, fragte Christopher.
»Egal. Im ungekehrten Fall hätte ich Fenwick erschossen und dich gerettet.«
»Nein, hättest du nicht.«
»Doch, hätte ich wohl!«, beharrte Bennett zittrig. »Ich bin nicht wie du, du verflucht ehrbarer Mistkerl.« Er setzte sich auf die Erde und vergrub sein Gesicht in Alberts struppigem Fell. Mit gedämpfter Stimme sagte er: »Du hättest mich wenigstens erledigen können, bevor die mich fingen.«
»Aber das habe ich nicht, und du hast überlebt.«
»Was den Preis nicht wert war. Du ahnst nicht, was ich durchgemacht habe. Ich kann damit nicht leben!« Bennett ließ Albert los und sah zu dem Revolver neben sich.
Bevor er danach greifen konnte, sagte Beatrix: »Bring sie, Albert!« Sogleich nahm der Hund die Waffe auf und brachte sie ihr. »So ist es brav.« Sie
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