Herzschlag der Nacht
gefällt, die ich konnte. Nur macht es dieses Wissen nicht leichter, die Folgen zu ertragen.«
Beatrix schwieg einen Moment und schien zu überlegen. Dann drehte sie sich um und ging zu ihrem Frisiertisch. »Ich habe etwas für dich.« Sie wühlte in der kleinen Schublade und angelte ein gefaltetes Papier hervor. »Es ist ein Brief.«
Christopher sah sie fragend an. »Von dir?«
»Nein, von John.« Sie brachte ihm den Brief. »Er schrieb ihn kurz vor seinem Tod. Audrey wollte ihn dir zunächst nicht geben, doch ich glaube, es ist an der Zeit, dass du ihn liest.«
Christopher machte keine Anstalten, den Brief zu nehmen. Stattdessen zog er Beatrix in seine Arme. Er fing eine Handvoll ihres braunen Haars ein und hielt es an seine Wange. »Lies du ihn mir vor.«
Zusammen setzten sie sich aufs Bett, wo Christopher Beatrix’ Profil bewunderte, während sie das Blatt auseinanderfaltete und zu lesen begann.
Lieber Christopher,
mir bleibt anscheinend weniger Zeit, als ich erhofft hatte. Ich gestehe, dass ich erstaunt bin, wie kurz dieses Leben war. Besehe ich es nun, erkenne ich, dass ich zu viel Zeit mit dem Grübeln über die falschen Dinge verbrachte, und nicht genug mit dem über jene, die wichtig waren. Aber ich sehe auch, dass ich weit gesegneter war als viele andere. Ich brauche Dich nicht zu bitten, für Audrey und Mutter zu sorgen, weiß ich doch, dass Du es in dem Maße tun wirst, in dem sie es gestatten.
Wenn Du dies liest, bedeutet es, dass Du aus dem Krieg zurückgekehrt bist und mit Pflichten konfrontiert, auf die Du nicht vorbereitet wurdest. Lass mich Dir einige Worte des Rats anbieten. Ich konnte Dich Dein Leben lang beobachten … Dein rastloses Wesen, Dein Unvermögen, in irgendetwas Befriedigung zu finden. Menschen, die Du liebst, hebst Du auf ein Podest und wirst unweigerlich von ihnen enttäuscht. Ebenso verfährst Du mit Dir selbst. Mein lieber Bruder, Du selbst bist Dein ärgster Feind. Könntest Du indes aufhören, von Dir und anderen Vollkommenheit zu fordern, findest Du vielleicht das Glück, das Dir bislang versagt blieb.
Vergib mir, dass ich nicht überleben konnte … und vergib Dir, dass Du überlebt hast.
Dies ist das Leben, das Dir bestimmt ist, und Du solltest nicht einen einzigen Tag davon vergeuden.
John
Christopher sagte zunächst kein Wort, weil ihm die Brust zu eng war. Der Brief klang ganz nach seinem Bruder: der liebevolle, ein wenig belehrende Ton. »Er fehlt mir so sehr«, flüsterte er schließlich. »Er kannte mich sehr gut.«
»Er kannte dich, wie du warst«, sagte Beatrix. »Aber ich glaube, dass du dich geändert hast. Heute erwartest du keine Vollkommenheit mehr. Wie sonst wäre zu erklären, dass du dich zu mir hingezogen fühlst?«
Christopher umfing sanft ihr Gesicht. »Du entsprichst meiner Vorstellung von Vollkommenheit, Beatrix Héloïse.«
Sie beugte sich vor, bis sich ihre Nasenspitzen berührten. »Hast du dir vergeben?«, fragte sie leise. »Dass du überlebtest?«
»Ich versuche es.« Die Nähe ihres warmen, spärlich verhüllten Leibs war zu viel, als dass er widerstehen könnte. Er legte eine Hand in ihren Nacken und küsste ihren Hals. Ein kleiner Schauer lief über ihre Haut. Behutsam entkleidete er Beatrix, bändigte sein rasendes Verlangen so gut er konnte. Jede seiner Bewegungen war sanft und leicht, während sein Körper von dem schmerzlichen Drang erfüllt war, sie zu besitzen. Er glitt mit den Händen über sie, bestätigte ihr so, was er bereits mit Worten gesagt hatte. Seine Liebkosungen setzten Empfindungen frei, die über sie beide hinwegflossen. Aus Gefühlen wurde Bewegung. Aus Bewegung wurde Wonne.
Während sich ihre Körper vereinten, drang er mit der Zunge in Beatrix’ Mund ein, die Hände in ihrem seidigen Haar vergraben. Sie versuchte, sich zu bewegen, doch er hielt sie fest, liebkoste und erregte sie, bis jeder ihrer Atemzüge ein Stöhnen war und sie erbebte.
Beatrix stemmte ihre Fersen in die Bettdecken, klammerte sich mit beiden Händen an Christophers Rücken. Er genoss es, wie sich ihre Fingernägel in seine Haut drückten, liebte den benommenen Ausdruck der Verzückung auf ihrem Gesicht. Ihr Rhythmus wurde schneller, kräftiger, und eine zarte Röte breitete sich auf ihrem Leib aus. Doch Christopher wollte noch nicht, dass es endete, ganz gleich wie sehr es ihn nach Befriedigung dürstete. Mit ungeheurer Anstrengung zwang er sich stillzuhalten.
Beatrix schrie auf, bog ihm ihre Hüften entgegen. »Christopher, bitte
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