Häschen in der Grube: Roman (German Edition)
Er stand auf dem Schotterweg und starrte sie direkt an. Strich sich zerstreut über den dicken Bauch, der viel zu groß war für die dünnen Beine in der kurzen Hose. Sorgfältig und ruhig wischte er sich mit einem weißen Taschentuch den Schweiß von der Stirn, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen. Er wirkte insgesamt sehr beherrscht, nur der Schweiß verriet ihn ein wenig. Er strahlte Ruhe aus, als ob sein Auftauchen auf dem kleinen Waldweg das Selbstverständlichste der Welt wäre.
Emma bemerkte ihn vor Julia, sie ging immer einen halben Schritt voraus. Außer wenn sie liefen, da entfaltete sich Julias schlaksiger Körper, und sie verwandelte sich in eine Athletin von ungeahnter Kraft. Die schlechte Haltung verschwand, ihr Körper passte sich an und wurde stark und geschmeidig. Aber an diesem heißen Nachmittag ging Julia kurz hinter Emma, sodass sie in sie hineinlief, als Emma ohne Vorwarnung beim Anblick des Mannes auf dem Schotterweg stehen blieb.
Alles, was dann in diesem Sommer und Herbst geschah, begann genau dort, mit dem Mann, der in ihrem Wald auftauchte, auf ihrem Schotterweg.
Emma sah ihn und musste an das große Märchentrauma ihrer Kindheit denken, an das Trollbuch. Ein illustriertes Kinderbuch in Form eines Nachschlagewerks über Trolle. Erfundene Beschreibungen mischten sich mit schaurigen Geschichten über die Begegnungen von Menschen und Trollen im Wald. Trolle, die plötzlich mitten im Wald auf einem Schotterweg erschienen, genau wie er. Die gleiche schaurig-schöne Begeisterung, damals wie heute, der Drang, die Geschichten immer und immer wieder zu lesen, obwohl sie dann kaum einschlafen konnte. Das Buch übte einen merkwürdigen Sog aus, fast wie ein Versprechen, dass das Leben ein Abenteuer war, voller wunderbarer und schrecklicher Dinge in einem einzigen Durcheinander.
Julia hatte ihr gerade von der neuesten Idee ihres Vaters erzählt, eine Sauna neben die Garage zu bauen, aber jetzt hielt sie inne und verstummte. Sie wollten zu ihrem Baum, wo sie in diesen Sommerferien jeden Nachmittag zugebracht hatten. In dieser grünglitzernden Laubhöhle hatten sie eng beieinander gesessen und über die wichtigen Dinge des Lebens gesprochen. Der Baum war die beste Entdeckung in diesem Sommer. Mal kühlte sie der Schatten der Blätter in der drückenden Sommerhitze, mal schützten sie sie vor dem Regen, wenn der Sommer eine Pause machte. Aber vor allem gehörte der Baum ihnen, niemand sonst kannte diesen Teil des Waldes am Rande der Siedlung. Eine vorübergehende Freistatt, die sie dringend brauchten.
Deshalb war es eigenartig, dass plötzlich auf dem Weg ein Mann stand und sie anstarrte. Als ob er auf sie gewartet hätte.
Gewissenhaft faltete er sein weißes Taschentuch zusammen und steckte es in die Tasche, den Blick immer noch auf sie gerichtet. Emma starrte zurück, sie konnte es nicht lassen, dabei überlegte sie, welche Fluchtmöglichkeiten es gab. Da rettete der Mann die bedrohliche Situation mit einem warmen Lächeln. Julia holte tief Luft, sie schauten einander an, lachten erleichtert auf und gingen weiter auf den Mann zu.
Sie gingen schweigend, erst langsam, aber je näher sie kamen, desto schneller.
Julia wollte gerade wieder vom demonstrativen Schweigen ihrer Mutter erzählen, der offensichtlichen Verärgerung über die Saunapläne des Vaters, als sie plötzlich hörte, dass die Welt stehen blieb. Es war faszinierend, zum ersten Mal zu hören, wie es klingt, wenn etwas nicht stimmt. Das Rascheln der Blätter hörte in dem Moment auf, als die Vögel zu singen aufhörten. Ein geheimer Zusammenhang, ein Warnzeichen, aber da waren sie schon zu nahe an dem Mann, um nicht zu merken, dass das Lächeln, das von Weitem warm und freundlich gewirkt hatte, sich in ein Wolfsgrinsen verwandelt hatte. Sie waren zu nah und konnten nicht verhindern zu sehen, wie der Mann mit einer schnellen Bewegung seine geschwollene Fleischwurst hervorholte und auf sie zeigte. Erstaunt blieben sie vor ihm stehen. Beide starrten sie wie verhext auf das rosalila Ding. Sahen, wie es in seiner Hand hin- und herpendelte, als würde es das Gleichgewicht verlieren. Tief in Emmas Körper breitete sich eine unbekannte Hitze vom Bauch bis zwischen die Beine aus. Brannte genau so, wie wenn sie verlegen war, blutschwer und pochend, es brannte und lähmte.
Der Mann hielt sein steifes Glied in der Hand, wippte es zärtlich auf und ab, dabei zog ein gequältes Lächeln über sein Gesicht.
Emma starrte fasziniert auf seine
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