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Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut

Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut

Titel: Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut
Autoren: Nané Lénard
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Witze über ihn, aber sie waren Freunde gewesen, als es darauf ankam. Das war das Wichtigste. Über die Flachserei hatte er sich eher amüsiert und beim Fastfood angeekelt die Brauen hochgezogen. Wobei er gelegentlich einer Portion Pommes frites gegenüber nicht abgeneigt war, wenn sie gut gemacht war.
    Nach dem Essen legte er sich noch ein Weilchen mit einem Buch auf sein Sofa und verpasste den Moment, als ihm die Augen zufielen. Das führte später dazu, dass die zunehmende Kälte ihn weckte und nach oben ins warme Bett trieb.

Im Netz
    Montag, 4. Oktober 2010, 21:49 Uhr
    Männer ließen sich leicht fangen. Sie waren so vertrauensselig. Vor allem bei Frauen. Denen konnten sie meist nicht widerstehen. Alkohol vernebelte ihnen zusätzlich die Sinne. Doch er hatte eine besondere Gabe. Er wirkte auf beide Geschlechter gleichermaßen anziehend.
    Die Damen begehrten ihn fürs Bett und als Lebenspartner. Die Männer sahen in ihm einen echten Kumpel. Er war der Typ Mensch, mit dem man durch dick und dünn gehen konnte, das fühlten beide. Männer und Frauen.
    Benno Kuhlmann saß nach der Ratssitzung noch mit einigen Parteibrüdern im „Stadtkater“ und merkte nicht, dass er beobachtet wurde. Als sich das Lokal nach und nach leerte, fiel ihm der sympathische Mann auf, der da hinten so einsam am Tisch saß. Wähler waren immer wichtig. Vor allem neue. Kuhlmann schnappte sich sein Glas und ging – bereits leicht schwankend – auf den Fremden zu.
    „Darf ich mich zu Ihnen setzen?“, fragte er mit seinem gewohnten Politikerlächeln.
    „Bitte, gerne.“
    „Sie sind sicher neu in der Stadt, wenn Sie hier so spät noch allein sitzen.“
    „Nicht so neu, dass mich noch nichts stört, aber ich bin auch noch nicht so lange hier, dass ich wegziehen müsste.“
    Und hier konnte Benno Kuhlmann einhaken. Er fragte nach. Wollte alles über den angenehmen Fremden wissen, vor allem, wo er ursprünglich herkam, wie es ihn hierher verschlagen hatte und wie es um seine politische Gesinnung stand. Auch, was er in Rinteln machte, wie es ihm dort gefiel, und so verstrickte sich Kuhlmann genau in dem Netz, das extra für ihn gesponnen worden war. Benno war sich sicher, einen neuen Wähler, ja vielleicht sogar einen Freund gefunden zu haben.
    Lachend verließen sie später am Abend das Gasthaus, gingen über den Marktplatz und durch den Park, wo sie sich im Dunkel verloren.
    Marga Kuhlmann merkte noch in der Nacht, dass etwas nicht stimmte. Benno mochte ihr nicht immer treu gewesen sein, aber gegen drei, halb vier kam er spätestens nach Hause. Jetzt war es halb fünf und somit fast schon Morgen, doch die Seite neben ihr im Bett war leer geblieben.
    Sie stand auf und ging durch die hohen Räume. Vielleicht war er auf dem Sofa eingeschlafen. Doch auch dort war niemand. Sie geriet in Panik. Sah ihn im Geiste angespült am Weserufer oder mindestens aber im Wassergraben ertrunken. Sie wusste, dass er gerne dem Alkohol zusprach.
    Gegen acht informierte sie die Polizei. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er nie wiederkommen würde. Etwas war zu Ende. Sie fragte sich, ob sie traurig wäre, wenn sie recht hätte und konnte sich diese Frage nicht beantworten. Ihre Ehe hielt nun schon über zwanzig Jahre – mehr oder weniger. Die Kinder waren aus dem Haus, sie hatte nie in ihrem Beruf gearbeitet. Sonst hatte sie für ihn alles gemacht. Immer adrett, alles aufgeräumt, der Garten ordentlich. Sie hatte vielversprechende Gäste bekocht, Kuchen gebacken für Hinz und Kunz und alten Leuten vorgelesen.
    Er hatte repräsentiert, wichtig geguckt und sich nicht in die Karten sehen lassen. Sie wusste nichts von ihm. Ein Fremder war er für sie im Laufe der Zeit geworden. Ein Schwätzer, der sich selbst am liebsten reden hörte und manchmal dabei sogar in den Spiegel sah. Es verband sie nichts mehr mit ihm als die Vergangenheit und vielleicht die Gewohnheit des Alltags. Doch ohne ihn hatte sie gar nichts.
    Es klingelte. Das wenigstens war ein Vorteil von Bennos Bekanntheitsgrad. Die Beamten kamen zu ihr und nahmen die Vermisstenanzeige auf.

Die Bescherung
    24. Dezember 1971, gegen 17 Uhr
    „Susi, du kannst reinkommen, der Weihnachtsmann war da. Beeil dich, dann kannst du ihn noch mit dem Schlitten durch die Nacht wegfahren sehen.“
    Die Mutter gab immer alles in der Weihnachtszeit. Schon Tage vorher wurde eingekauft, gekocht und gebacken. Eigentlich begann der Zauber zum ersten Advent, wenn sich die ganze alte Villa veränderte. Dort ein Mistelzweig
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