Heute verführe ich den Boss
anderen keine Versprechungen machen.
Vermutlich war es aber gar nicht schlecht, dass Jeffrey wegen seiner Eskapaden endlich einmal der Kopf gewaschen wurde. Erstaunlich, dass er nicht viel früher aufgeflogen war. Trotzdem hatte Mitch Mitleid mit seinem alten Teamkameraden.
„Was ist passiert?“, fragte Jenny, während die Gäste langsam durchs Foyer dem Ausgang entgegenströmten.
„Wie ich bereits sagte, es waren die Flamingos.“ Mitch entschied sich, noch mal den Teil der Geschichte zu wiederholen, die er sich zurechtgelegt hatte. Es war eine alte Tradition in Royal, einem Wohltäter Plastikflamingos vor die Tür zu stellen, damit er seine Spende erhöhte. Erst dann wurden die Tiere wieder abtransportiert und auf den Rasen eines anderen wohlhabenden Spenders platziert.
„Offenbar hat irgendein Witzbold dafür bezahlt, die Vögel auf meinem Rasen abzuladen.“
Jenny machte keinen Hehl daraus, dass sie ihm nicht glaubte, als sie ihn aus ihren grünen Augen anblickte. „Was denn, alle haben sich gegen dich verschworen?“
Er musterte sie erneut. Irgendetwas war heute anders an Jenny. Es ließ ihm einfach keine Ruhe.
„Einen von ihnen habe ich aus dem Rasen gezogen“, erwiderte er. Nach dem Telefonat mit Jeffrey war er so in Eile gewesen, dass er zu dicht an einem Plastikvogel vorbeigefahren war und sich einen Kratzer an der vorderen Stoßstange seiner Corvette zugezogen hatte.
„Hast du dem armen Tier Schaden zugefügt?“, fragte Jenny mit todernster Miene. Offenbar amüsierte sie sich über seine Misere.
„Es wird überleben“, gab er schlagfertig zurück. „Ich hätte ja sofort etwas auf meine Spende draufgelegt, wenn mir dadurch die Flamingos erspart geblieben wären“, stöhnte er.
Mitch unterstützte regelmäßig und gern das örtliche Frauenhaus, dessen Symbol der Flamingo war. Daher war es selbstverständlich für ihn, die jährliche Spendensumme zu erhöhen.
„Ich helfe dir einfach, ein neues Opfer zu finden. Vielleicht können wir sie ja auf Coles Rasen pflanzen“, sagte Jenny. Mitchs Freund, Nachbar und Vorstandsmitglied des Clubs Cole Maddison war in der Tat ein spendabler Mensch.
„Meinetwegen“, antwortete Mitch abwesend, weil er immer noch darüber nachgrübelte, was an ihr anders war.
Es war die Brille.
Sie trug keine Brille.
Das war sehr ungewöhnlich für Jenny.
Er fragte sich, ob sie diese vergessen oder sich entschieden hatte, ausnahmsweise einmal Kontaktlinsen zu tragen. Er wusste, wie sehr sie das eigentlich verabscheute.
Als sie weitergingen, fiel sein Blick auf das kurze Kleid. Auch das war sehr ungewöhnlich. Normalerweise trug sie knielange Röcke, Baumwollhosen oder Jeans mit Bluse und Blazer. Jenny war so zugeknöpft, wie es zugeknöpfter gar nicht sein konnte. Ihre ohnehin schon überkorrekte Art wurde durch ihre Kleidung nur noch unterstrichen. Allerdings war das Kleid, das sie heute trug, luftig, gewagt, dunkelrot und kurz. Zudem war eine Schulter frei, und an ihren Ohren baumelten Ohrringe.
Was war geschehen?
„Jenny?“
Sie drehte sich zu ihm um.
Allmächtiger! Aus diesem Winkel betrachtet, sah das Komplettpaket einfach nur atemberaubend aus. Was war nur mit seiner ernsthaften und korrekten Assistentin passiert?
„Ja?“ Fragend sah sie ihn an.
„Nichts.“ Er folgte der Gästeschar, insgeheim verlegen über die Reaktion, die ihr neues Outfit bei ihm ausgelöst hatte. Sie durfte sich kleiden, wie sie wollte. Und er hatte nicht die geringsten Absichten.
Sie gingen durch die große Tür nach draußen auf die Rückseite des Clubhauses, von wo aus sie einen herrlichen Ausblick auf das imposante Grundstück hatten. Während Mitch sich an das Geländer der Veranda lehnte, ging Jenny über die riesige Treppe hinunter in den Garten. Mitch war überrascht, dass sie nicht wie sonst an seiner Seite blieb. Vielleicht wollte sie ja mit einem der Clubmitglieder oder mit Freunden sprechen.
Als Interimspräsident des Clubs hatte Mitch die Vorbereitungen für das Hochzeitsfest wochenlang verfolgen können. Einige Tage zuvor war ein riesiges Zelt aufgestellt worden für den Fall, dass es regnen würde. Doch der Montagnachmittag war klar und warm. In einem Pavillon baute gerade eine Band die Instrumente auf. Die Tanzfläche war auf einem sanften Hügel neben einem Teich errichtet worden. Überall auf dem Rasen standen runde, weiß eingedeckte Tische.
Mittlerweile hatte die Hochzeitsgesellschaft sich für die Fotos auf dem Rasen versammelt. Selbst von Weitem
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