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Hexen in der Stadt

Hexen in der Stadt

Titel: Hexen in der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Engelhardt
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Gespräch mit der Mutter in der Weinberghütte und der rätselhaften Botschaft, die ihr der Bauer beim Erwachen ausgerichtet hatte: »Zu einer Wallfahrt aufgebrochen.« Seitdem hatte sie nichts mehr von der Mutter gehört. Jede Spur blieb verloren im Schnee jenes fernen Winters.
    »Glaubst du denn, sie lebt noch?«
    »Wenn ich das nicht glaubte…«, Jakobe rang die Hände im Schoß. Es wäre so vieles gutzumachen gewesen! Sabine schwieg. Ihr bewegliches Gesicht ließ ahnen, was sie dachte. Als Jakobe dann von der wundergleichen Errettung ihrer Kinder erzählte, und wie bald darauf ganz überraschend die Prozesse eingestellt worden seien, hob die Jüngere rasch mit aufglänzenden Augen den Kopf. »Sagtest du nicht, eine seltsame alte Frau sei kurz davor verhaftet worden, und ihr Ende sei dunkel geblieben? Wenn nun die Mutter…«
    »Ach, nein, das dachte ich auch zuerst. Aber sie war es nicht. Wir haben alle gefragt, die sie gesehen haben. Einer hätte sie doch wiedererkennen müssen.«
    »Bist du so sicher? Ich muß immer denken, sie hat dabei die Hand im Spiel gehabt. Wie, wenn sie ihr Leben hingegeben hätte, um dem Wahnsinn ein Ende zu bereiten?«
    »Aber das hatte sie doch nicht nötig gehabt!« rief Jakobe kindlich verwundert. »Sie hätte doch nur die Hand auszustrecken brauchen und einen Spruch zu sagen, und alles wäre nach ihrem Willen gegangen.«
    Sabine lachte auf. »Ach, du hast auch daran geglaubt? Sie hat ja ihr Leben lang auf ihre übernatürlichen Kräfte vertraut, sogar gemeint, sie könnte eine Hexe sein, wenn sie nur wollte. Auch mir hat sie’s einzureden versucht: Weil ich die dritte bin, hätt’ ich’s geerbt von ihr und den Urahnen her. Fast hätt’ ich’s selbst geglaubt. Aber dann hab’ ich’s anders lernen müssen. Was mir geholfen hat, war einzig der Mut – ja, keine Furcht zu haben, vor nichts und niemandem – oder sie wenigstens nie zu zeigen. Damit bist du denen über, die welche haben, und das sind fast alle, ja, auch Soldaten. Die arme Katrin hatte auch keinen.«
    »Die Katrin! Wie ist’s der ergangen?«
    Sabine erzählte kurz, mit rauher Stimme, wie widerwillig, von ihrer Flucht durch den Steinbruch, und wie sie, kaum aus dem Walde heraus, mitten in ein Soldatenlager hineingeraten seien. »Es war nicht so schlimm, wie es hätte werden können, und jedenfalls besser, als dem Hexengericht ausgeliefert zu werden. Das aber hätte uns in jedem Dorf gedroht. Wir hatten auch Glück, wir fanden jede einen leidlich braven Kerl, der zu uns hielt, und einen Platz im Troß. Aber die Katrin ertrug’s nicht lange, nicht ihre verlorene Ehre, wie sie sagte, und nicht das unruhige Leben. Sie ist dann bald gestorben.«
    »Und du, Sabine?«
    »Mich hat meiner geheiratet, als er Korporal wurde. Er fiel bei Breitenfeld, und mein Kind starb.« Die rauhe Stimme brach, Sabine wischte sich mit der Faust die Augen und setzte hinzu: »Verdammt noch mal! Wenn ich hexen könnte, glaubst du nicht, ich hätte mir das Leben schöner eingerichtet? Aber daß ich noch leb’ und nicht ganz verkommen bin, siehst du, das verdank’ ich einzig meinem Mut.«
    »Und die Mutter, meinst du«, fragte Jakobe zweifelnd, »die hat auch nicht mehr gehabt als diesen Mut?«
    »O doch!« Sabines Gesicht wurde weich, als sei sie noch das Rotköpfchen von einst, der Mutter Liebling. »Sie hatte viel mehr noch: Güte und Klugheit und großes Wissen, vor allem Macht über Menschen, mehr als andere, als ich. Aber zaubern konnte sie nicht, und eine Hexe hätte sie niemals sein können. Denn das Böse war nicht in ihr.«
    Jakobe aber empörte es geradezu, daß die Mutter nicht mehr vermocht haben, nicht mehr gewesen sein sollte als irgendeine andere Frau. Da legte Sabine ihre Hand auf die der Schwester und sagte: »Ist sie nicht auf diese Weise viel mehr gewesen, ganz ohne zauberische Macht, allein mit der Kraft ihres Herzens? Sie hat dir versprochen, deine Kinder zu retten. Glaubst du nicht, daß sie ihr Versprechen gehalten hat? Aber du solltest nicht danach forschen, wie.«
    Sie schlief die Nacht in dem Bett, das immer noch, auch in den nun beengten Räumen, für die Mutter bereitstand. Aber Jakobes Bitte, länger zu bleiben, ja, ganz und für immer, schlug sie ab. »Wenn das Regiment weiterzieht, morgen oder übermorgen, muß ich mit. Da ist mein Platz. Und wär’s auch anders, diese Stadt ertrüg’ ich nicht mehr.«
    Am dritten Morgen marschierte das Regiment. Die Schwestern nahmen Abschied und ahnten, daß es wohl für

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