Hexen Kuss. Liebes-Zauber: Leidenschaft des Blutes (German Edition)
ins Dorf und kauf uns etwas.“
Wie großzügig … Gastfreundschaft erster Güte!
Aber diese Abwechslung kam mir recht. Mehr als zwei Wochen war ich bereits in der zugigen Hütte eingesperrt. Sie umgab mich wie ein Gefängnis. Der Schamane, die Ziege und die zwei Hühner waren die einzigen Lebewesen, die mir Gesellschaft leisteten.– ach ja, und beim Kacken weideten noch die Rentiere in der näheren Umgebung. Das war aber wirklich alles.
Urgroßvater saß am Feuer und schmökerte in einem Buch mit mir unbekannten Schriftzeichen.
„ Ich brauche aber Geld!“, stellte ich fest. Sonst würde ein Abstecher zum Dorf nichts bringen.
Ohne aufzublicken, wies er auf eine der Kisten.
Neugierig öffnete ich diese – ich kam, sah und staunte.
„ Woher hast du so viel Geld? Das ist ein kleines Vermögen!“
„ Die Leute geben es mir für Medizin oder andere Gefälligkeiten. Hier in der Wildnis verbraucht man nicht so viel davon.“
Das klang logisch. Ich nahm mir ausreichend heraus.
Dann verabschiedete ich mich respektvoll von meinem Urgroßvater, der wieder mal in vollendeter Nacktheit vor mir saß. Zwar hatte er sich ein Fell über den Rücken geworfen, aber seine Vorderseite war reine Natur und sein Geschlechtsteil lag wie eine Schlange im Staub des Bodens. Angeekelt sah ich weg. Ein wenig würdevoller könnte er sich als Schamane schon geben, fand ich.
Der Lesende legte das Buch beiseite und stand auf.
„Häng dir das um den Hals!“
Von seiner Hand baumelte eine Kette mit aufgefädelten Wolfsklauen, Ringsteinen und getrockneten Knoblauchzehen.
„Wozu?“, fragte ich missmutig. Das Ding war nur hinderlich und schien mir aus der Steinzeit zu stammen. Damit schreckte ich gesunde Menschen – also Bäcker, Metzger und Gemüsehändler – nur ab.
„ Die Kette beschützt dich auf dem Weg. Manche sagen, es gäbe hier noch Hexen und Werwölfe“, erklärte er, als wäre es die normalste Sache der Welt. „Sie hält diese Wesen fern.“
Die bleiben auch ohne Amulette weg, wollte ich sagen. Das Reich der Fantasie besaß kein Tor zur realen Welt. In unserer aufgeklärten Zeit sollte jeder wissen, dass dergleichen nicht existierte. Das waren Volksmythen.
„Gib mir lieber eine Flinte!“, forderte ich. „Die hilft gegen die echten Wölfe!“
Er kroch durch das „Mauseloch“ in sein Geheimzimmer. Es war jedoch keine Flinte, die er mitbrachte, sondern ein verzierter Wurfspieß in der Art, wie ihn die Inuit benutzten.
„Nimm den mit! Ein Gewehr habe ich nicht!“ Er betrachtete den Speer von allen Seiten, als sähe auch er ihn das erste Mal.
Das war besser als nichts. Ich nahm die Waffe an mich, ebenso einen großen Sack, der meine Einkäufe fassen sollte.
Im Dorf gab es hoffentlich auch Süßigkeiten. Die vermisste ich bisher am meisten. In Moskau hatten wir in allen Zimmern mehrere Schalen mit verschiedenen Konfektsorten stehen, aus denen sich jeder bedienen konnte. Schokolade, Nüsse, Mandeln, Rum … Beim Gedanken an die Zutaten schmeckte ich diese beinahe auf der Zunge.
Schließlich trat ich durch die Felle des Eingangs nach draußen und lehnte die kaputte Tür wieder an. Das Tageslicht biss regelrecht in meine Augen. In der Hütte war es trotz des Feuers recht dunkel. Es musste früher Morgen sein. Ich hatte die ganze Nacht willenlos getanzt, fühlte mich aber mehr aufgekratzt und nicht unbedingt müde. Das war alles sehr merkwürdig.
Das Mädchen
Meine Schritte führten mich durch die Wälder und Wiesen an dem Sumpf vorbei. Es war der gleiche Weg, den der Kutscher genommen hatte. In der Ferne jaulten hungrige Wölfe. Sofort beschleunigte ich das Wandertempo und umklammerte den Spieß. Verschreckt suchten meine Augen die Umgebung ab, denn ich vermutete hinter jedem Baum und Strauch eine Gefahr.
Nach etwa vier Stunden tauchte das Dorf auf, das fast eine kleine Stadt war. Durch die neue Bahnstation hatte es sich rasant vergrößert, plötzlich wollte jeder hier wohnen. Viele Gebäude bestanden aus sauberem Stein und frisch gefälltem Holz. Man sah, dass sie erst vor kurzer Zeit errichtet worden waren.
Aus einem Seitenweg tauchten zwei grobe Gesellen auf. Sie blickten zu mir wie ich zu ihnen, allerdings viel finsterer. Ihre Augen funkelten böswillig. Ich war froh, ihnen nicht schon im Wald begegnet zu sein. Auch sie schlugen den Weg zum Dorf ein. Völlig ungeniert, so als wäre ich Luft, unterhielten sie sich miteinander.
„Was will dieser Mönch von uns? Das wird ihn aber
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