Hexen Kuss. Werwolf-Fluch und Vollmond-Vampire
gefallen, denn sie begann wieder zu lächeln.
„Na also! Das wird schon.“
Sie wandte sich von mir ab.
„Wenn du etwas brauchst, ruf mich einfach!“
Die Dinge auf dem Teller sahen zwar sehr ungewöhnlich aus, sie schmeckten aber köstlich. Also aß ich alles auf. Ein rötlich gefärbtes Essen, welches das Gedächtnis als Blutwurst bezeichnete, mundete mir besonders. Bald fühlte ich mich deutlich wohler.
Nun begann ich mich mit den Gegenständen im Zimmer zu beschäftigen. Dabei wechselte ich immer mal meinen Standort, da das Verweilen an einem Platz ja nicht so gut ankam.
Viele Gegenstände waren mir inzwischen in ihrer Funktion verständlich, aber besonders interessierten mich die Bücher. Sie zogen mich an, als weckten sie alte Erinnerungen. Davon gab es sehr viele an einer Wand. Sie enthielten das Wissen der Menschen.
Also machte ich mich daran, sie auszuwerten. Zuerst schaute ich mir ein Buch mit dem Titel Dracula an. Es enthielt einige Nachrichten über eine Spezies, die sich vom Blut der Menschen ernährte. Sie kam nicht so gut weg und erschreckte mich auch. Gab es solche Wesen wirklich? Ich sollte aufpassen, da sie den Menschen nicht wohlgesonnen waren und diese als Nahrung betrachtete. Andererseits wurden manche Menschen durch einen Biss selbst zu diesen Wesen. Das war interessant und beschäftigte mich. Dunkle Ahnungen stiegen wie verborgene Erinnerungen auf, blieben aber leer und ohne wirkliche Erkenntnis.
Das Lesen war eine ziemlich langatmige Beschäftigung, wenn man der von Alexander verwendeten Methode folgte. Ich rechnete aus, dass es so noch sehr lange dauern würde, bis ich mir ausreichend Wissen angeeignet hätte.
Beim nächsten Buch änderte ich die Vorgehensweise. Ich merkte mir einfach alles fotografisch. Die Methode erwies sich als sehr effektiv. Ich schaute mir jede Seite nur einmal an, speicherte das gesamte Bild im Gedächtnis ab und ging zur nächsten über. Als Erstes fielen mir ein Mathematikbuch, ein Physikbuch, mehrere Bände eines Lexikons, ein Lateinbuch, drei Bücher über Hypnose, eines über Krankheiten, drei Hundebücher, Der Abenteuerverkäufer von Sadownikow, Der Meister und Margarita von Bulgakow und ein Buch über das Mittelalter in die Hände. Dann brach schon der neue Tag an. Mir kam es vor, als wüsste ich schon eine ganze Menge mehr über die Menschen.
Die Tür öffnete sich erneut, meine Mama und unsere Bella kamen herein. Der Mops schaute mich noch immer sehr unzufrieden an, bellte aber nicht mehr.
„ Warst du die ganze Zeit auf?“, fragte meine Mutter verblüfft.
Durch mein neues Wissen wagte ich es, etwas Konversation zu zeigen.
Ich griff dabei auch auf die Bücher zurück.
Ich wusste nun, dass die Menschen eine Unterhaltung in einem bestimmten Rahmen erwarteten. Die Bücher waren vollgespickt mit solchen Dialogen.
„Ja, holde Mutter, dem war so!“, zitierte ich ein Gespräch zwischen Mutter und Sohn, das passen könnte.
Mein Mutterwesen lachte auf und strich mir über das Haar.
„Mein kleiner, großer Alex! Bella hat recht, dich hat es arg erwischt. Aber du stotterst nicht mehr.“
Sie musterte mich noch einmal von oben bis unten. Diesmal war ihr Blick interessiert und liebevoll. Das gefiel mir sogar. Ich versuchte auch so zu schauen. Die Buchsprache kam besser an als das Stottern.
„Du siehst müde aus. Aber da du die ganze Nacht nicht geschlafen hast und heute krankgeschrieben bist, schlage ich vor, dass du einfach ins Bett gehst und dich schlafen legst. Ich mach die Jalousien zu, dann ist es nicht so hell. Und wenn ich von der Arbeit komme, sehen wir weiter.“
Meine Mutter ging zum Fenster. Dabei stellte ich beim Hinausschauen im gegenüberliegenden Haus eine Bewegung fest. Jemand hatte uns von dort beobachtet.
Ich suchte nach Informationen im Gedächtnis.
Bella wohnte dort mit ihren Eltern. Sie lebte so dicht bei mir? Das erfreute mich.
Als hätten meine Gedanken nur darauf gewartet, eilten sie sofort zu dem zauberhaften Mädchen. Sie war der erste Mensch, dem ich nach meinem Erwachen begegnet war. Konnte unsere Begegnung ein Zufall sein oder lag darin eine Bedeutung? Nichts in der Welt geschieht ohne Ursachen. Woher wusste ich solches Zeug? War das eine Erinnerung?
Meine wundervolle Schulkameradin … Wie scharf ihr Bild in meinem Gedächtnis stand. Sogar der Geruch ihrer Haut benebelte mich, da ich ihn abgespeichert hatte. Ich gab mich einem Moment diesen wohligen Erinnerungen hin.
Bella! Wie schön dieser Name nun klang!
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