Hexen Kuss. Werwolf-Fluch und Vollmond-Vampire
Fuchsschläue witterte er eine einmalige Gelegenheit für sich und seinen Bruder.
Ich wusste, dass er das ernst meinte und nicht nachgeben würde. War mein gesuchtes Wissen über Alex diesen Einsatz wert?
Sogar Cassy wagte nicht, mich zu beeinflussen, so abscheulich fand auch sie die Vorstellung von Iwan und mir bei meinem ersten Mal.
Andererseits ging es um alles. Wie sollte ich sonst an das Wissen gelangen? Es blieb nicht viel Zeit, um sich zu entscheiden.
„ Geht klar!“, stieß ich mühsam und hochrot heraus.
Wlad spuckte in seine Hand.
„Spucken auch in eure Hände! Wir machen einen Pakt, damit keiner brechen!“
Etwas angewidert tat ich das. Wir besiegelten die Vereinbarung und schlugen unsere Hände ein.
„Ihr total verrückt, ihr kleinen Mädchen! Das wird heute ein Supertag nach unser Geschmack. Erst einen verprügeln und dann noch Mädchen naschen! Oh, meine Mama, wir machen es!“
Ich übersetze das mal so. Seine russischen Ausdrücke verstand ich zwar auch, aber die kann man nicht wirklich aufschreiben.
Iwan zog mich in Vorfreude weiter gierig mit seinen Blicken aus und leckte sich seinen Vollbart um die dicken Lippen.
Wlad schlug ihn auf den Hinterkopf.
„Glotz nicht so, Brüderchen! Du nur Ersatz, erst ich kommen!“ Er lachte über die doppelte Bedeutung des letzten Satzes.
Alex kam gerade auf den Hof und schaute zu uns. Gehört haben konnte er nichts.
„Schnell weg!“, zischte Cassy und winkte sicherheitshalber Alex zu, als wäre alles in bester Ordnung.
Ich tat es ebenso.
Wir gingen dann zu Alex. Er spuckte in seine Hand – mit richtig viel Rotz. Das war sehr eklig, als er mir diese gab. Ich tat so, als wäre das in Ordnung, um ihn nicht misstrauisch zu machen. Komisch war das aber schon. Das konnte doch nicht der alte Alex sein!
Dadurch wurde wohl auch Cassy endgültig klar, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Insofern fand ich unseren Plan wieder richtig.
Was, wenn ich mich aber irrte?
Konnte man eigentlich dümmer sein? Wer wählte schon Iwan den Schrecklichen zu seinem ersten Liebhaber! Vielleicht konnte ich mich mit Geld freikaufen? Die Russenzwillinge waren leider reich, das dürfte also nicht klappen.
Alex wirkte heute recht normal, aber er sah mich immer wieder heimlich an. Durch mein schlechtes Gewissen schenkte ich ihm „heimliche“ Gegenblicke, sozusagen als Wiedergutmachung. In diesen Blicken sollte alles stehen, was ich zu sagen hatte.
Eine Seite in mir hoffte, dass er dennoch siegen würde. Da ich nicht an meine Hexenkräfte glaubte, war eigentlich nur der neue Alex meine Chance und konnte so mein Retter vor Iwan sein.
Dann kam der Moment, auf den alle auf verschiedene Weise gewartet hatten. Sogar die Lakaien waren total aufgeregt.
Wlad hatte inzwischen herumerzählt, dass er unbedingt gegen Alex boxen wollte, wegen der Schmach, die ihm gestern angetan worden war. Er verbot jedem, sich gegen ihn oder Iwan aufstellen zu lassen. Die Jungs sollten alle sagen, sie wären zu klein oder zu jung und nur Alex wäre groß genug sowie vom Alter passend.
Cassy und ich gingen sicherheitshalber noch zu Herrn Dewert, dem Sportlehrer. Meine Freundin fädelte das geschickt ein. Sie erklärte ihm, dass Alex als Einziger bereit wäre, gegen Wlad in den Ring zu treten, die anderen hätten Angst.
„ Warum sagst du mir das?“, wollte der Sportlehrer, Herr Dewert, wissen.
„ Ich bin Wlads Freundin“, kokettierte sie mit großen dummen Augen.
„ Er hat seiner Mama geschworen, nicht gegen Iwan zu boxen – wie die Klitschkos eben. Russen sind solche Schwüre heilig. Er geniert sich, es ihnen selbst zu sagen. Sie wissen doch, wie Männer so ticken.“
Dabei schaute sie ihn vielsagend an.
„Wenn Alex das will, ist das für mich in Ordnung. Er ist sogar älter als Wlad!“
Hier lachte unser Sportlehrer auf und kniff ein Auge zu. Wir wussten, was er meinte.
„Gegen wen kann aus deiner Sicht dann Iwan boxen?“, fragte er noch. „Ich will mich nicht von ihm vor der Klasse zusammenschlagen lassen.“
„ Ich denke, er wird nicht mitmachen. Ihm tut heute der Arm weh“, erklärte meine Freundin. Sie hatte so etwas einfach drauf.
Herr Dewert war vollends zufrieden. Er schaute noch einmal Cassy von oben bis unten bewundernd an.
„Da hat Wladimir aber eine nette Freundin abbekommen! Komisch, dass alle Mädchen die Russen so lieben.“
Cassy verdrehte kokett die Augen.
„Sie sind doch auch sehr nett, aber leider schon verheiratet.“
Die Wangen des alten Mannes
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