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Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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statt den jeweiligen Vorlesungen entsprechende, deutlich von Hildegard oder Paracelsus gefärbte Antworten gab, was ihm von den Lehrerinnen verärgertes Stirnrunzeln eintrug.
Magda beobachtete uns während dieser Vorlesungen so argwöhnisch wie je, obgleich Raimund sie nach Ostern zu überzeugen versucht hatte, zwischen ihm und mir bestehe kein Techtelmechtel. Um das zu unterstreichen, taten Raimund und ich in ihrer Gegenwart, als seien wir uns gleichgültig. Nicht anders gaben wir uns in der Schule, und keinem fiel auf, dass unser Treffpunkt für kurze Unterhaltungen allabendlich der Pferdestall war.

    D ie restlichen Abendstunden verbrachte ich jetzt häufig mit Angelika, die Trost und Ablenkung bei mir suchte, da sie Glaubenskämpfe ausfocht. Sie erzählte mir von ihrer Familie, auch von den Konzerten, Bällen und anderen Veranstaltungen, die sie früher in ihrer Burg erlebt hatte und gab zu, all dies zu vermissen. So sehr sie sich auch bemühe, eine gottesfürchtige Nonne zu sein, sie komme sich doch wie eine Heuchlerin vor und hege Zweifel, ob das Kloster wirklich der rechte Ort für sie sei. Allerdings durchlebe jede junge Nonne derartige Krisen, und sie bete darum, sich wieder zu fangen.
Bisher hatte ich Angelika noch nicht preisgegeben, dass mein geliebter Student Raimund der Bruder ihres Willibalds war, ich wollte sie in ihrer derzeitigen Verfassung nicht mit diesem Thema behelligen. Allerdings machte mich bald hellhörig, wie beharrlich sie neuerdings über Willibald schwieg, weshalb ich mich in einem passenden Moment nach ihm erkundigte. Überrumpelt von meiner Frage, reagierte sie zunächst unwirsch: „Ich will mich von ihm ablenken, und du erinnerst mich an ihn.“
Doch gleich drauf schüttete sie ihr Herz aus. Er befinde sich in einer verzweifelten Situation, erzählte sie, seine erzwungene Ehe mit der lebenslustigen Elvira sei ja seit Beginn unglücklich gewesen, doch jetzt sei sie zum Desaster geworden. Elvira habe wahrscheinlich einen Geliebten. „Du kannst dir nicht vorstellen, Tora, welcher Skandal ihm damit droht“, klagte sie.
Wie sollte ich Weltfremde mir das auch vorstellen können, also nickte ich nur, und um nichts Unpassendes zu äußern, fragte ich: „Wann hast du diese Nachricht denn erhalten?“
„Schon länger, bereits eine Woche vor Ostern.“
„Oh“, entschlüpfte es mir überrascht, da ich daran erkannte, dass nur Raimund der Liebesbote der beiden sein konnte. Denn an jenem Tag hatte er seinem Vater angekündigt, er werde Ostern in der Schule verbringen, und nach seiner Rückkehr hatte ich ihn zu meinem Erstaunen mit Angelika am Schultor stehen sehen, wobei sie so erregt miteinander geredet hatten, dass beiden meine unmittelbare Nähe entgangen war. Nett von Raimund, den beiden diesen Dienst zu erweisen.
Jetzt seufzte Angelika: „Und statt Willibald beizustehen, vergrabe ich mich in diesem Kloster und ringe um meinen Glauben. - Ist das egoistisch?“
„Nein, Schwester Angelika, aus der Sicht einer Nonne gewiss nicht“, versuchte ich, sie zu trösten, worauf ihr fast lautlos über die Lippen kam:
„Klosterregeln können auch hartherzig machen.“

    S o unauffällig Raimund und ich uns in der Schule gaben, an meinen küchenfreien Nachmittagen ritten wir stets miteinander aus.
Auch heute. Als wir für eine gemütliche Rast von den Pferden gestiegen waren und uns nebeneinander auf einen daliegenden Baumstamm gesetzt hatten, legte ich ihm nahe, doch die Lehrerinnen nicht mehr mit seinen Kenntnissen aus den Hildegard- und Paracelsusschriften zu verärgern, immerhin gefährde er damit sein Diplom.
„Weiß ich, weiß ich doch“, gab er zu, „das ist mein Trotz gegen unseren engstirnigen Unterricht. Aber ich werde mich künftig zurückhalten. Mir missfällt die gesamte Schulführung, Tora“, wurde er deutlicher, „das habe ich Vater wieder und wieder vorgetragen und ihn angeregt, doch zumindest die dringendsten Änderungen durchführen zu lassen. Aber nichts, er unternimmt nichts. Du weißt, dass die Schule meinem Vater gehört?“
„Ja, und das Kloster ebenfalls. Was hättest du in der Schule denn gerne geändert?“
Darauf legte er mir einen gut durchdachten Plan dar, dessen Grundsatz darin bestand, nicht nur Adelige in unserer Hochschule aufzunehmen, sondern auch begabte junge Leute aus jedweder Volksschicht. Außerdem sollten die Lehrer nicht durch Glaubensvorschriften eingeschränkt, vielmehr der Naturwissenschaft gegenüber ausnahmslos offen sein. Diese Ideen stimmten

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