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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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hatte noch immer die Möglichkeit, die besseren Storys an die großen Zeitungen zu verschachern, trotzdem war es noch gar nicht so lange her, da hatte ich einen viel größeren Handlungsspielraum gehabt.
    Aber ich wusste, Laura hatte recht. So war für ein regelmäßiges Einkommen gesorgt und gleichzeitig für stabile häusliche Verhältnisse. Laura machte das Gleiche, indem sie nur am Tag arbeitete und keinen Schichtdienst übernahm. Auf diese Weise waren wir beide abends zu Hause, und der Richter hätte nichts zu bemängeln, wenn das Sorgerechtsverfahren begann.
    Ich sah mich im Gerichtssaal um, der bis auf den Anklagevertreter noch menschenleer war. Der sortierte einen Berg Akten, um für den morgendlichen Ansturm gewappnet zu sein. Die Verteidiger würden in Kürze eintrudeln und nach den Unterlagen für die Mandanten fragen, an die sie über Nacht gekommen waren.
    »Ist irgendwas Brauchbares für mich dabei?«, fragte ich.
    Der Staatsanwalt drehte sich um. »Hm?«
    Er war noch einer von der alten Garde. Wenn er gut gelaunt war, brachte er einiges zustande, aber an den meisten Tagen kämpfte er sich nur durch den Schmutz von Blackley.
    »Ob es was Nennenswertes zu berichten gibt, wollte ich wissen«, erwiderte ich. »Ich bin nicht hier, weil mir Ihr Anzug so gut gefällt.«
    Das ließ ihn ganz schwach lächeln. »Nur das Übliche. Wir haben einen Lehrer, der unter Alkoholeinfluss Auto gefahren ist und auf dem Heimweg von der Schule einen Unfall gebaut hat, wenn das was taugt.«
    Ich zog die Augenbrauen hoch. Wieder ein Ruf ruiniert, doch das war das Problem dieses Lehrers. Wie ich mein Haus abbezahlte, war dagegen mein Problem.
    »Aber freuen Sie sich nicht zu früh«, warnte mich der Staatsanwalt. »Mick Boreman verteidigt, und sie werden nicht auf schuldig plädieren.«
    »Zu sehr Mittelklasse, als dass er schuldig sein könnte?«, hakte ich nach.
    »Ja, so was in der Art.«
    Ich atmete aus und lehnte mich zurück. Solange es kein Urteil gab, konnte ich darüber nichts Größeres schreiben. So reichte es gerade mal für eine Kurzmeldung, in der Name und Beruf genannt wurden, und das war’s dann auch schon.
    Während ich darauf wartete, dass die Verhandlungen begannen, musste ich wieder an Mr und Mrs Goode denken. War es richtig von mir gewesen, deren Bitte abzulehnen? Die Suche nach Sarah wäre eine willkommene Abwechslung vom Alltagstrott, und es könnte ein guter Artikel dabei herausspringen, den ich für den Fall vorbereiten konnte, dass sie gefasst und verurteilt wurde. Doch dann fielen mir die Rechnungen ein, die am Morgen mit der Post gekommen waren. Ich war auf diese kleinen Geschichten aus dem Gerichtssaal angewiesen, damit wir den Rechnungen immer einen Schritt voraus waren. Und wenn Geoff diesen Sorgerechtsstreit tatsächlich durch alle Instanzen trieb, dann würden Lauras Anwälte uns auch noch den letzten Rest abnehmen, den wir hatten – den und noch ein bisschen mehr.
    Ich ließ meinen Kugelschreiber schneller auf meine Hand schlagen.
    Die Zukunft der Familie stand im Grunde schon fest.
    Alles, was ich jetzt schrieb, würde erst lange nachdem über das Sorgerecht entschieden war, veröffentlicht werden, und wenn heute im Gericht ohnehin nichts Wichtiges anstand, dann konnte ich mir Sarahs Fall zumindest einmal ansehen. Vielleicht stieß ich dabei ja auf etwas, was eine Schlagzeile wert war. Schreiben konnte ich den Artikel spät am Abend, wenn Laura bereits schlafen gegangen war.
    Ich spürte, wie sich leichte Schuldgefühle in mir regten, als ich an Laura dachte, doch die schob ich gleich wieder zur Seite … vielleicht etwas zu schnell. Aber ich war Reporter, und mein Job war es, Geschichten zu verkaufen.
    Ich steckte den Notizblock weg und verließ in aller Eile den Gerichtssaal.

6
    S arah Goode schnappte nach Luft, während sie sich in dem beengten Raum umsah. Zu allen Seiten war sie von steinernen Wänden umgeben. In der einen Wand war eine Art Zellentür eingelassen. Der Raum war nur wenige Quadratmeter groß, und es gab kein Fenster, nirgends. Der Boden bestand aus festgestampftem grobkörnigen Sand.
    Sie sah zur Decke, zuckte zusammen, und schirmte die Augen ab. Die Deckenlampen waren so hell wie Autoscheinwerfer, gleißend helle Halogenleuchten, die auf höchster Stufe strahlten und sich in ihre Netzhäute brannten.
    Sie versuchte, die Beine zu strecken, doch weil sie so verkrampft gelegen hatte, erwies sich das als schmerzhaftes Unterfangen. Sie wusste, sie musste etwas tun, um ihre

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