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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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wäre.«
    »Wenn du dir was von der Seele reden willst«, meinte er, »dann hast du zehn Minuten Zeit. Die Zellen sind nämlich voll, und wenn wir je wieder Tageslicht sehen wollen, dann sollten wir uns bald den Ersten von ihnen vorknöpfen.«
    »Davon spreche ich doch gar nicht«, entgegnete Laura kopfschüttelnd und drehte sich um, als sie im Flur Gelächter hörte. Es war die Mordkommission, die man wegen des Mordes an Luke Howarth zusammengestellt hatte und die momentan Jagd auf Sarah Goode machte.
    »Es geht nicht nur um das Sorgerecht für Bobby, oder?«, fragte er. »Oder um Jack?«
    »Wie meinst du das?«
    Pete deutete auf die Tür. »Ich dachte schon, ich würde dir vielleicht langsam zum Hals raushängen, aber mittlerweile habe ich so ein Gefühl, dass du bei dem Fall gern mit von der Partie wärst.«
    Einen Moment lang schwieg Laura. Es ging nicht nur darum, dass sie sich ausgeschlossen fühlte. Es ging um Jack und Bobby, um ihr Zuhause, um Geoff und den Sorgerechtsstreit und darum, dass ihr London fehlte. Nichts davon vertraute sie jedoch Pete an, stattdessen atmete sie tief durch und zwang sich zu einem Lächeln. »Du hast mich durchschaut, Pete. Vielleicht sollten wir schnell mit den Verhören anfangen, wenn deine Spürnase gerade so in Hochform ist.«
    »Mit denen würdest du nicht wirklich etwas zu tun haben wollen«, entgegnete er. »Deren Hosen haben viel zu ordentliche Bügelfalten.«
    »Beurteilst du Menschen nach ihren Bügelfalten?«
    »Das ist eine von vielen möglichen Methoden.«
    Laura seufzte. »Wer ist unser erster Kandidat?«
    Pete warf einen Blick auf die Papiere. »Schlägerei im Trafalgar. Jemandem hätte fast ein Auge verloren.«
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Es ist vielleicht noch nicht mal ein Fall«, gab Pete zurück. »Wir haben den Kerl, der es war, aber niemand will eine Aussage machen, nicht einmal das Opfer selbst.«
    »Lass mich raten«, sagte sie lächelnd. »Es ging bei dem Streit um eine Frau, und das Opfer ist verheiratet.«
    »Und dann erzählst du mir, ich sei hier der Spitzendetective«, brummte Pete und stand auf. »Komm, schmeißen wir das Tonbandgerät an und lassen uns überraschen.«
    * * *
    Ich saß im Wagen und beobachtete die Umgebung.
    Nach ein paar Telefonaten mit meinen üblichen Kontaktpersonen hatte ich die Adresse herausgefunden, und nun befand ich mich vor Sarah Goodes Haus in Blackley, dem Schauplatz des Verbrechens. Es lag auf halber Höhe an einem steilen Hügel, und nichts erschien mir hier in irgendeiner Weise außergewöhnlich. Die lange, schnurgerade Straße wurde hin und wieder von Querstraßen unterbrochen, was eine Mutprobe für jeden bedeutete, der auf diesem Weg die Staus im Stadtzentrum zu umgehen versuchte. Die Häuserfassaden bestanden aus den traditionellen lasierten roten Ziegelsteinen, die um die Türrahmen herum weiß gestrichen waren. Es gab keine Vorgärten, sodass man gleich auf dem Fußweg stand, wenn man das Haus verließ. Die Steigung war so stark, dass ich den Kopf nur ein wenig schräg legen musste, um es so aussehen zu lassen, als würde die Straße von umgekippten Dominosteinen gesäumt.
    Ich sah mich um, weil ich mir ein Bild von der Nachbarschaft machen wollte. Plötzlich spürte ich, wie die Fensterscheiben meines Wagens zu vibrieren begannen, und dann hörte ich auch schon R’n’B-Musik, die viel zu laut aus billigen Lautsprechern dröhnte. Augenblicke später fuhr ein Wagen an mir vorbei, besetzt mit jungen Pakistanis, die mich alle argwöhnisch beäugten. Die hiesige Pakistani-Gemeinde war in den Sechzigern entstanden, als die Baumwollfabriken Arbeiter für die Nachtschichten benötigten, an denen die zu neuem Wohlstand gekommene weiße Arbeiterschicht wenig Interesse hatte. Also holten sie Asiaten her, die nachts arbeiteten, während die Weißen tagsüber in die Fabrik gingen. Als die Fabriken geschlossen wurden, mussten sich beide Parteien damit abfinden, keine Jobs mehr zu haben.
    Ein Stück entfernt stand eine Gruppe Frauen, die mich ebenfalls beobachteten. Der Wind ließ ihre Seidenhosen flattern und wehte ihnen die Kopftücher ins Gesicht. Ich machte ein paar Fotos. Vielleicht ließ sich hier ja ein Ansatzpunkt für eine Story finden. Wie Sarah zur Mörderin wurde – Analyse eines Kapitalverbrechens in einer Kleinstadt. Truman Capote für den industriellen Norden. Ich konnte die Ermittlungen verfolgen und darüber schreiben, um auf diese Weise die Anwälte zu bezahlen. Und es wäre eine bessere Story als das,

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