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Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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Disput gekommen, nachdem ihn Institoris am Abend vor dem Dom abgepasst hatte.
    »Seht Ihr es denn nicht? Die ganze Welt ist voll Unrat und Schmutz, die ganze Schöpfung ist besudelt! Wir stehen vor dem Ende der Menschheit, jeder Dummkopf kann es in der Apokalypse im Evangelium des Johannes nachlesen. Ganze Gebiete werden von Unwettern bisher kaum bekannten Ausmaßes verwüstet, die Böden geben immer weniger Früchte, einer Pestilenz folgt eine noch schlimmere und überall entstehen neue Sekten wie die Schlangen am Haupte der Medusa. Kaum wird eine dieser Schlangen abgeschlagen, wächst sofort eine neue und noch größere nach. Am schlimmsten aber sind die Hexenbünde der Weiber, deren Verdorbenheit Luzifer in seiner Eigenschaft als männliches Wesen benutzt, Gottes Schöpfung zu vernichten. Was aber tun wir? Was tun viele Gelehrte der Kirche? Hören sie denn nicht, wie die Menschen nach Erlösung von dieser Pest schreien? Ich sage Euch, was sie tun: Sie verschanzen sich feige hinter einem Canon, der sagt, es gäbe zwar Dämonen, bestreiten aber die geschlechtliche Vereinigung, den Hexenflug und die daraus entstehenden Schandtaten. Die Behauptung, es gebe keine Hexerei, entspringt aus der Wurzel des Unglaubens! Es ist traurig, aber wahr, dass die weltliche Obrigkeit ihr Ohr näher am Volk hat als die kirchliche!«
    Trotz des Dämmerlichtes sah Swartz, wie sich auf Heinrichs Stirn kleine Schweißtropfen bildeten. Er hat Angst, kam ihm blitzartig die Erkenntnis, er hat sogar furchtbare Angst. Er ist überzeugt davon, dass er die Welt retten muss und hat panische Angst, die ihm verbleibende Zeit könne vielleicht nicht mehr ausreichen!
    »Alles Übel kommt vom Weibe«, fuhr Institoris erregt fort, »das haben sogar schon Heiden wie Cicero und Seneca erkannt, wenn sie sagen, das Wort »Weib« sei im Sinne von Fleischeslust zu deuten. Es steht geschrieben: Ich habe ein Weib, das bitterer ist als der Tod und selbst eine gute Frau ist der Fleischeslust hörig! Unersättlich ist der Schoß des Weibes und daher geschieht es, dass sie selbst mit dem Teufel verkehren, um ihre maßlose Lust zu stillen!«
    »Aber Christus, der Herr, hat selbst einer Hure verziehen, einer Ehebrecherin vergeben, mit den Sündern sein Brot geteilt und ist so weit gegangen, selbst noch im Angesicht des Todes seinen Feinden zu ver …«
    »Papperlapapp«, unterbrach ihn Bruder Heinrich schroff, »es steht aber auch geschrieben: ›Wenn dir dein Auge ein Ärgernis ist oder sich Begierde in dein Herz senkt, so reiße es aus!‹ Aber wenn diese Weiber in ihrer Verblendung und Wollust nicht von ihrem schändlichen Tun ablassen wollen oder können, müssen andere dafür sorgen – und zwar mit aller Radikalität!«
    Sein »R« rollte.
    Schwer atmend blieb er stehen und lehnte sich an eine Hauswand. »Wird dieser Kampf aber aus Bequemlichkeit oder Feigheit nicht ausgefochten, dann möge man sich in ein, zwei Generationen die Völker ansehen. Ebenbilder Gottes dürfte man nur mehr sehr wenige finden, ohne des Allerhöchsten freveln zu wollen. Es wird ein Reich des Bösen sein, das unsere Vorstellungskraft bei weitem übersteigt! Wer aber immer noch geneigt ist, dies alles auf die leichte Schulter zu nehmen, der studiere die Verbreitung der Pest in den letzten zweihundert Jahren, denke sich dann in diese Weiterentwicklung hinein –und er müsste schon die Einfalt eines Esels besitzen, wenn ihm nicht ein kalter Schauer über den Rücken liefe! Glaubt mir, lieber Bruder, wir stehen am Rande eines höllischen Abgrundes!« Den letzten Satz stieß er so laut heraus, dass ein paar Vorübergehende erschrocken stehen blieben.
    Der Domprediger kannte zwar den umstrittenen Ruf, der Bruder Heinrich vorauseilte. Manche hielten ihn einfach nur für verschroben, andere für verrückt, wieder andere bezeichneten ihn als Psychopathen, aber es gab auch nicht wenige, die in ihm einen hoch gelehrten Mann sahen, dessen Blick eben viel weiter als nur von einer Stadtmauer zur anderen reichte. Wie er nun so neben ihm stand, hoch aufgerichtet und die Augen voller Feuer, das Kinn trotzig vorgereckt und die Fäuste geballt, glaubte Swartz für einen kurzen Augenblick in das Innerste von Heinrichs Wesens zu sehen. Er wusste nicht, wieso, vielleicht war es nur ein Aufblitzen in seinem Blick oder eine Bewegung – aber für einen winzigen Moment lag dessen Seele nackt vor ihm. Nein, Institoris war nicht verrückt, das mochte zwar manchen so scheinen. Dieser Mann war ein Getriebener, der

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