Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
sich mit jedem Herzschlag in seiner Brust als von der Vorsehung gesandt und auserwählt fühlte. Dieser Mann war überzeugt, als verlängerter Arm des Weltenlenkers hier auf Erden zu dienen und Unrat und Dreck mit eisernem Besen aus dieser Welt zu kehren, wobei es aber nicht ausbleiben konnte, sich selbst zu beschmutzen – daher sein Waschzwang. Dieser Mann begriff sich selbst als ein Teil der göttlichen Vorsehung, dessen Lebenszweck es war, ohne Rücksichtnahme und mit Einsatz aller sich bietenden Mittel die Welt zu retten. Wie hatte er vor ein paar Tagen gesagt? –Auch Satan kennt keine Gnade!
Im Salzburger Konvent hatten alle heimlich aufgeatmet, als Bruder Heinrich mit einem Confratrer das Kloster verlassen hatte und auch Swartz hatte ihnen erleichtert nachgeblickt.
»Wir gehen zuerst nach Landshut, wo ich noch einige Zeit zu bleiben gedenke und werde mich anschließend in Augsburg im Kloster Sankt Magdalena aufhalten«, hatte er noch zum Abschied gesagt, »für den Fall, dass jemand nach mir fragen sollte!«
Bruder Cornelius war ein ruhiger, in sich gekehrter Mönch und stammte aus Öblarn in der Steiermark. Er war von kleiner, hagerer Statur und Institoris schätzte ihn auf Mitte zwanzig – sein genaues Alter wusste selbst Cornelius nicht. Noch bevor auf seiner Oberlippe der erste Bartflaum zu sprießen begonnen hatte, kam er gegen einen den Verhältnissen der Eltern entsprechenden Betrag bei den Dominikanern unter. Sein Vater war Schmelzmeister im Bergwerk in der Walchen und hatte auch schon im Benediktinerstift Admont wegen der Aufnahme eines seiner Buben vorgesprochen, wo man ihn aber abschlägig beschied. Auch der Hinweis, dadurch, dass das Bergwerk ja dem Kloster gehöre und er somit auch irgendwie mit dem Stift verbunden sei, fruchtete nichts.
Eines Abends hatten sie den Buben beiseite genommen und ihm zu erklären versucht, dass er, der Vater, schon alles versucht hätte, für ihn eine Arbeit zu finden, was aber auf Grund seiner schwächlichen Konstitution wenig Aussicht auf Erfolg habe. Sie hätten daher beschlossen, ihn, wenn ihn schon die Benediktiner nicht wollten, beim Bettelorden der Dominikaner unterzubringen. Dort könne er auch etwas lernen, sei auch in schlechteren Zeiten versorgt und müsse sich nicht so abrackern wie er selbst.
Für Cornelius war das Leben im Kloster vom ersten Tag an eine einzige Plage. Wegen nichts und wieder nichts gab es Strafen und Demütigungen, Herumtollen war untersagt, Reden während des Essens hatte Schläge zur Folge und sein erster zaghafter Widerspruch endete mit einer Nacht in einem dunklen Keller.
Irgendwann war er dann so verschüchtert, dass er alles duldsam über sich ergehen ließ und nur noch sprach, wenn er etwas gefragt wurde. Aber selbst da beschränkte er sich auf das Allernotwendigste. So hielt er es auch in der Schule und oftmals träumte er sich nach Hause in die lichtdurchfluteten Wiesen und die dunklen Wälder, in denen Bäche geheimnisvoll murmelnd von den hohen und noch viel geheimnisvolleren Bergen herab rauschten.
Nach und nach verschwanden auch die Gesichter seiner Eltern und Geschwister, auch an Maria, das Nachbarsmädchen, mit der er so oft an den warmen Felsen der Dornkarspitze herum geklettert war, konnte er sich nur noch schemenhaft erinnern. Cornelius begann sich in sein Schicksal zu fügen, sonderte sich von den anderen ab und wurde zunehmend verschlossener.
Erst als ihn der Friesacher Abt zu sich bestellte und ihm eröffnete, dass er mit einigen Mitbrüdern hinaus ins Land solle, um auch das Leben in anderen Klöstern und die Sorgen und Nöte der einfachen Menschen kennen zu lernen, kam so etwas wie Freude in ihm auf. Es war ein Gefühl, an das er sich nicht mehr entsinnen konnte, seit er von Öblarn fort war.
Das Muhen der Kühe, das Meckern der Ziegen, das Blöken der Schafe, das Summen der Bienen, das Keckern der Eichelhäher, das Tschilpen der Spatzen, das Zirpen der Grillen, selbst das Grunzen eines Schweines – all das nahm er mit geschärften Sinnen in sich auf und es erfüllte sein Herz ungleich mehr als jeder scholastische Disput.
Einer seiner Mitbrüder meinte einmal spöttisch, er sei wohl im falschen Orden gelandet und wäre wohl bei den Franziskanern besser aufgehoben. Dies betreffe nicht nur seine Tierliebe, sondern auch seinen Eifer an Gelehrsamkeit, die ja bei den Minderbrüdern ebenfalls nicht allzu ausgeprägt sei. Cornelius war nicht allzu betrübt, als ihm der Abt dann behutsam beizubringen suchte,
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