Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
Ludovico Sforza, dem Herzog der Lombardei, auf vertrautem Fuß und leitete neben seiner Kunstwerkstatt die hinter der Stadtmauer gelegene herzogliche Gießerei. Und er hatte mehrere Jahre bei einem Florentiner Maestro studiert. Das war mehr, als sich Alphonse und Lukas wünschen konnten. "Allerdings hat die Angelegenheit einen kleinen Haken", räumte Alphonse ein. "Ich bin bei meinen Recherchen auf einen, wie soll ich sagen, auf einen Schönheitsfehler gestoßen."
"Nenne ihn mir."
"Non", wich Alphonse aus, "das hat Zeit." Als er dann weiter sprach geriet wieder jener Glanz in seine hellbraunen Augen, der allen Bellevilles bei freudiger Erregung zu Eigen war: "Jedenfalls werde ich dich morgen Früh zu der Bottega begleiten, vielleicht haben wir ja Glück und treffen den Maestro dort an."
Im nächsten Moment begann Alphonse bereits systematisch zu planen, wie sie den Besuch am geschicktesten in die Wege leiten sollten, wobei er, wie immer in solchen Situationen, zunehmend nervöser wurde. Seine linken Finger begannen zu zucken, bald wird er ständig die Hand auf- und zuklappen, wusste Lukas, und in sein Italienisch, dessen sich beide auf seine eigene Anordnung strikte befleißigten, schlichen sich immer mehr französische Worte ein.
"Ein ganz entscheidender Tag morgen. Da muss alles stimmen, Lukas. Das beginnt mit der Kleidung."
Längst klappte seine linke Hand auf und zu, womit er jetzt auch Lukas nervös machte. Nachdem die Kleiderfrage entschieden war, unterwies er Lukas bis ins Kleinste, wie er sich zu verhalten habe und wie er ihn, Alphonse, gegebenenfalls dann in das Atelier bitten soll.
Über all diese Überlegungen war es später Abend geworden, und als Lukas endlich ins Bett entlassen worden war, hallte es in ihm nach: Mich zurückhaltend geben, niemals meine Familie erwähnen. Kunstwerkstatt heißt hier Bottega, Künstler Artista, und Kunststudent heißt Garzone. Weiter: Statt 'in Ordnung' 'va bene' sagen und statt 'mei' besser 'Mamma mia' . .
Den Weg zu der Botega legten sie zu Fuß zurück, wobei Alphonse Lukas mit vor Nervosität knödeliger Stimme an all seine gestrigen Anordnungen erinnerte. "Und während du dich dann im Atelier aufhältst", sagte er jetzt, "spaziere ich unauffällig über die Allee auf und ab."
"Si, Zio Alfonso, damit ich dich herbeiholen kann, falls der Maestro es gestattet. Aber schau", sagte er, nachdem sie die Platanenallee überquert hatten, "da vorne steht die Bottega, dieser mächtige weiße Palazzo."
"Oha!", brachte Alphonse nur heraus und dann keinen Ton mehr. So angespannt hatte Lukas ihn noch nie erlebt.
Schließlich hatten sie den Palazzo erreicht, und Alphonse bedeutete Lukas mit einer Handbewegung, sich zum Seiteneingang zu begeben. Lukas setzte gerade dazu an, als ihnen vom Haupteingang her die Stufen herab in gelb-roter Künstlertracht ein Signor entgegen trat, in dem Lukas auf Anhieb Carlos Maestro erkannte - stattlich, vibrierend vor Schaffensdrang und magisch schön wie seine Gemälde. "Benvenuto, Signori!", begrüßte er sie mit angehobenen Armen. "Ich bin Leonardo da Vinci, der Hausherr. Grazie, dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid."
Sie grüßten zurück, stellten sich vor, und da Alphonse außerstande war, mehr über die Lippen zu bringen, erklärte Lukas an seiner Stelle: "Mein Onkel würde ebenfalls gerne einen Blick in Euer Atelier werfen."
Zu ihrer Überraschung erwiderte der Maestro: "Das hättet Ihr mir nicht sagen brauchen, junger Signore, Ihr seid beide Kunstexperten, als ob ich das nicht sehe. Prego, tretet näher."
Nun hatte sich Alphonse auf so vieles so gründlich vorbereitet, nicht aber auf diesen unkomplizierten Empfang vom Hausherrn persönlich, und während sie sich durch den Vordergarten dem Eingang näherten, entdeckte Lukas, dass Alphonse über sich selbst lächeln musste. Der Maestro führte sie ins Haus und dort ein paar Schritte über den Korridor, wo er ihnen dann auf der linken Seite die Tür zu dem hellen, weiträumigen Malatelier öffnete: "Prego, Signori."
Erst jetzt bekam Alphonse wieder seine Lippen auseinander, um sich für den Einlass zu bedanken, worauf der Maestro liebenswürdig einging: "Gern geschehen. Und nehmt Euch Zeit für Eure Betrachtungen, ich lass Euch dazu alleine. Allerdings würdet Ihr mir eine Freude erweisen, wenn Ihr anschließend in meinem Privatatelier ein Glas Wein mit mir nehmt."
"Grazie, das wird auch uns eine Freude sein", stimmte Alphonse zu, worauf sich der Maestro zurückzog.
Wie gestern betätigten
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