Hexenlicht
Schmiedehammer eingedellt war. Sogleich war sein Kopf von einer Furcht erfüllt, die einer heftigen Migräne ähnelte.
Alessandro zog an dem Riegel, der sich ohne jeden Widerstand zur Seite schieben ließ.
Omara brach das Schweigen. »Ich verbiete es dir! Du musst dich ausruhen, sonst blutest du bis zur Bewusstlosigkeit, und dann liegst du dort wie ein dämlicher Idiot, bis ein Wächter über dich stolpert.«
Die Tür schwang auf, wobei die massiven Angeln ein seufzendes Stöhnen von sich gaben.
»Alessandro!«, schrie Omara, deren zunächst befehlsmäßiger Tonfall nach und nach wie eine Bitte klang.
»Ich bin sicher, dass es dir ganz recht wäre, mich drinnen gefangen zu sehen.«
Mit diesen Worten marschierte er in die Hölle.
Als Holly zu sich kam, lag sie auf einem Steinboden, dessen Kälte ihr durch und durch ging. Die Luft um sie herum war klebrig klamm, das Licht fahl, aber ausreichend, dass sie die Wand vor sich sehen konnte, die ebenfalls aus nacktem Stein bestand.
Wo bin ich?
Sie sprang auf und kippte sofort an die Wand, weil ihr schwindlig wurde, denn sie hatte sich zu schnell bewegt. Ihr war übel, und sie empfand eine unangenehme Erschöpfung, die der bei einem üblen Kater ähnelte. Außerdem war sie verletzt und allein. Zum ersten Mal seit Tagen versuchte niemand, sie zu beißen. Träge kehrten ihre Erinnerungen zurück.
Gütige Hekate, ich bin in der Burg!
Holly blickte sich um. Sie hatte versucht, das Portal in eine Tür zu verwandeln, aber hier war nirgends eine Tür in Sicht.
Ich könnte hierhergeschleudert worden sein. Oder jemand hat mich hergebracht. Vielleicht hat es auch gar nicht funktioniert, und ich bin gefangen.
Holly verdrängte fürs Erste die Frage, ob es eine Tür gab oder nicht. Was sie sah, beruhigte sie nicht gerade. Das Bild in Grandmas Buch war ziemlich akkurat gewesen: Die Burg bildete ein Labyrinth aus grauem Stein. Fackeln an den Wänden warfen rauchiges Licht auf den Gang, das von den Flammen aus jedoch nicht einmal einen Meter weit reichte.
Alle paar Hundert Fuß führten Gänge zu den Seiten ab, in regelmäßigen Abständen und scheinbar unendlich. Holly lief zur nächsten Ecke und blickte vorsichtig in den Seitengang. Der Korridor war dem, in dem Holly stand, zum Verwechseln ähnlich. Auch hier war die hohe Decke hinter einem Nebel verborgen, der wabernde Schatten warf.
Bewegungen. Weiter hinten auf dem Korridor trieben zwei Wächter eine Horde Fehlwandler zusammen, Schwerter und Peitschen griffbereit. Gefangene aus der Schlacht? Sie überquerten den Korridor und verschwanden in einem anderen Gang, der tiefer in das Labyrinth der Burg führen musste. Holly zog rasch ihren Kopf zurück, um nicht entdeckt zu werden.
Dann wandte sie sich in die andere Richtung und wäre beinahe in den Wächter mit dem Zopf hineingelaufen – den, den sie im Flanders-Haus gesehen hatte. Er führte etwas an einer Kette, was wahrscheinlich ein Wolf war, wenn auch so groß wie ein Bär.
Der Wolf wirkte ebenso irre und brutal wie der Mann.
»Hi«, sagte Holly ein bisschen beschränkt und fühlte nach ihrer Magie. Keine da.
Blitzschnell machte sie kehrt und rannte den nächsten Seitengang hinunter. Die modrig-feuchte Luft brannte in Hollys Lunge. Sie hörte Kettengerassel. Der Wächter ließ seinen Wolf los und rief etwas in dieser Sprache, die Holly nicht kannte. Das Tier sprang ihr nach und rammte immer wieder gegen Ecken, weil sein massiger Leib nicht wendig genug war, um schnell Kurven zu nehmen. Das solide Gemäuer vibrierte nicht einmal.
Das Einzige, worauf Holly setzen konnte, war ihr Vorsprung. Sie stützte sich mit einer Hand ab, als sie um die nächste Biegung flitzte und dann abermals die Richtung wechselte. Sie hatte sich hoffnungslos verlaufen. Das Hecheln des Wolfs hinter ihr bildete ein Echo, als hätten fünfzig solcher Bestien sie verfolgt. Seine Krallen schabten auf dem Steinboden, was wie Fingernägel auf einer Schiefertafel klang.
Kalter Stein knallte gegen Hollys Turnschuhsohlen, die zu dünn waren, um den Aufprall beim Laufen abzufedern. Könnte sie ein Zimmer finden, irgendeine Tür, die zu schmal für den Wolf war, wäre sie sicher.
Vor ihr tauchte eine Treppe auf. In dem trüben Licht waren lediglich die unteren Stufen auszumachen, während die darüber vom schmutzigen Nebel verborgen wurden. Holly stürzte hinauf, wobei sie sich halb mit den Händen abstützte.
Ihre Finger glitschten auf dem schleimigen Untergrund. Hier in der Dunkelheit musste
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