Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
Vom Netzwerk:
Neffe von mir hatte noch vor zwei Jahren zwei schöne und große Landgüter; er zeigte sich darum auch hier und in Brüssel, als ein Klient des Grafen Etampes, in großem Glanz; und seht, diese Teile der Erde sind ihm so rein weggeschwunden, daß er jetzt Schulden halber im Gefängnis sitzt.
    Seht Ihr wohl? antwortete der Maler; diese Schwindsucht ist also augenscheinlich und wird auch von andern Leuten bemerkt. Auf der andern Seite aber ist es, als wenn oft eine Wassersucht, ein Anschwellen und Aufquellen die arme Erde befällt und ängstigt. Die Familie Croy war immer schon mächtig und groß, aber wie sind ihre Ländereien seit Menschengedenken aufgequollen! Dasselbe kann der Graf Etampes, der nahe Verwandte unsers Herzoges, an seinen Grundstücken beobachten. Aber noch sonderbarer ist es mit jenem jungen Köstein, den wir alle als einen Lumpen, Taugenichts und Habenichts gekannt haben; der junge blondlockige Bengel kam in die Dienste unsers Herzogs, erst Aufwärter, dann Page, dann Liebling; und wie er nur erst ein ganz kleines Gärtchen, mit einem bescheidenen Häuschen, von seinem zu gnädigen Herrn erhalten hatte, – o Wunder! – so war dieses Fleckchen unserer burgundischen Erde gerade ein so fruchtbares, schwangeres, quellendes und treibendes, daß es in wenigen Jahren alle benachbarten Äcker, Gärten, Felder und Wälder ganz mit magnetischer Kraft an sich gezogen hat, so daß es fast lächerlich wird, wenn man die erste Grundlage, die kleine Mutter aller dieser großen, ausgereckten Kinder, mit den Riesenarmen und -beinen, betrachtet. Nun will man, und selbst unser Erbherr, der Carl von Charolais, dies Wunder auf die Schwäche unsers alten Herzoges schieben, und es ist offenbar eine Schwäche unsers Erdballs, und der gute Philipp muß, selbst gegen seinen Willen, dieser Nachgiebigkeit des Bodens nachgeben, weil er mit aller seiner Macht dies Zusammenschießen der Landgüter doch nicht verhindern könnte.
    Alter Freund, warnte der Ritter, sprecht Euch nicht in Euern eignen Schaden hinein; alle, die Ihr da nennt, sind mächtig, und könnten Euch, wenn sie es vernehmen sollten, verletzen.
    Nein, werter Freund, antwortete Catharina, statt des Malers; unser guter Fürst ist zu milde, um Tadel, auch wenn er ernst gemeint ist, so zu ahnden, wie wir es nur in Geschichten älterer Zeiten von Tyrannen lesen; um so weniger zürnt er, der selber gerne scherzt, über Scherz, und seine Günstlinge, und selbst sein Sohn, dürften es nicht wagen, über dergleichen zu klagen, oder es mit Strafen verfolgen zu wollen. Das sind die freundlichen, ruhigen Tage, die wir dem Frieden und der hohen Gesinnung des Fürsten zu danken haben. Ist es nicht ebenso mit der Geistlichkeit und ihren frühern Anmaßungen? Sie sind beschränkt, und selbst die Inquisition, die über die Gewissen und die Ketzerei wachen soll, ist kaum zu spüren, und darf nur die gröbsten Vergehen, Abfall von der Kirche, Gottesleugnung und dergleichen vor ihren Gerichtshof ziehen.

Der alte Beaufort warf der Redenden einen ernsten Blick zu, er schwieg eine Weile nachdenkend und sagte dann: Ihr mögt recht haben, im wesentlichen, und wir sollen unser Glück mit Dank erkennen. Doch ist mir eigentlich nur wohl, wenn ich mich aller dieser Gedanken entschlage. Vieles vergessen, noch mehr nicht sehen, über das, was man sieht, nicht zu viel denken, unterkriechen, wenn Sturm und Platzregen kommen, lieber kleines Unrecht dulden, als sich im Bewußtsein der gerechten Sache zu männlich widersetzen – das ist, was ich immer befolgt, und wobei ich und mir ähnliche Männer uns wohl befunden haben. Sprechen wir lieber noch von jenem Mondstein.
    Recht! sagte Labitte, die Politik und das Räsonieren über Staat und Fürst ist immer verdrießlich; wir wollen philosophieren – und so denke ich denn von jenem Stein eigentlich ganz anders als der gelehrte Küster. Nicht wahr, ihr alle kennt das Sprichwort, womit alle Menschen so oft die zu weit getriebene Ängstlichkeit abweisen: wenn der Himmel einfällt! – Mancher sagt: dann werden die Lerchen wohlfeil; andere: dann brauchen wir keine Schlafmützen mehr – und dergleichen unnütze Redensarten: – diese Begebenheit zeigt uns aber, daß wohl einmal unter gewissen Umständen der Himmel einfallen könne, und dieser große, ungeratene und unbrauchbare Stein ist eben ein Stück aus dem Himmel, und ein scharfes Auge würde droben auch wohl das Loch entdecken können, wo er eigentlich hingehört.
    Nun, das wäre mehr als ein

Weitere Kostenlose Bücher