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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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ihre Kleider zusammen und zog sich an, vor dem Spiegel zog sie ihren Lidstrich nach und trug Lippenstift auf, sie mußte dringend zum Friseur, aber das konnte sie auch in Hamburg erledigen. Bei dem Gedanken an die bevorstehende Reise wurde ihr wieder warm, aber anders als eben. »Wann geht unser Flieger!« fragte sie.
    »Um sechs Uhr fünf«, erwiderte Anette. Sie hatte die Tickets besorgt. »Wir haben noch reichlich Zeit.«
    »Ich koche uns rasch noch einen Kaffee«, sagte Anna. Sie saßen am Eßtisch, keine zehn Schritte von Till entfernt, so, als gäbe es ihn gar nicht mehr. Er bewegte sich nicht.
    »Wir können.« Anette stand als erste auf, die anderen folgten ihr nach oben, wo nebeneinander vier Reisetaschen standen.
    »Moment«, sagte Anna und ging hinüber zu Till, bückte sich nach seiner Hose und nahm den Schlüssel heraus. Dann ging sie noch einmal nach oben, schloß sein Zimmer auf und den Schrank, in dem er seit neuestem alle wichtigen Unterlagen verwahrte. Sie durchblätterte den Stapel dünner Plastikordner, bis sie auf einen mit der Beschriftung »Wertpapiere« stieß. Till war zugleich ein ordentlicher und ein mißtrauischer Mensch, er mißtraute sogar dem Tresor seiner Bank. Er wollte seine Schätze in die Hand nehmen und ansehen können, auch wenn es sich nur um bedrucktes Papier handelte. Anna hatte richtig getippt, sie zog die Wertpapiere und die Coupons und die Abrechnung aus der Klarsichthülle und steckte alles in ihre Tasche. Was hatte Till gesagt? Papiere ohne Namen haben keinen festen Besitzer! Er hatte ja so recht. Sie steckte den Schlüssel wieder in Tills Hosentasche und breitete eine Wolldecke über ihn, bevor sie zu den anderen zurückging.
    »Was vergessen?« fragte Anette.
    »Ja. Etwas, was mir gehört.«
    »Dann los.«
    »Dann los«, wiederholte Anna. Sie hatte das Gefühl, nicht mehr zurückkommen zu müssen. Es war ein gutes Gefühl. »Ich fliege!« Sie sprang die vier Stufen hinab, die von der Haustür in den Vorgarten führten, unten blieb sie mit dem Absatz in dem Rost hängen, den Till dort als Schuhabstreifer deponiert hatte. Sie bückte sich nach dem Schuh und hielt plötzlich zwei Teile in der Hand. Der Absatz war abgebrochen.
    »Siehst du«, sagte Ramona. Sie wäre wahrscheinlich nie auf die Idee gekommen, ein paar Stufen auf einmal hinunter zu hopsen.
    »Egal. Das sind nur Schuhe.« Anna schleuderte den Schuh und dann den Absatz in die Rhododendronbüsche. Till würde sich wundern. Dann klappte sie ihre Reisetasche auf und nahm ein anderes Paar Schuhe heraus. »So«, sagte sie, »und jetzt nichts wie los!« Am liebsten wäre sie noch einmal gesprungen.

Eine Frau aus Fleisch und Blut
     
    »Liebold aus Köln. Wir haben vier Einzelzimmer reserviert.«
    Die junge Dame an der Rezeption des »Elysee« lächelte freundlich, glitt mit geübten Fingerspitzen über die Tastatur ihres Computers, »vier Einzel auf den Namen Liebold«, bestätigte sie und griff nach dem Anmeldeblock. »Wenn Sie sich bitte eintragen wollen.« Sie zögerte kurz und fügte dann »Frau Liebold?« hinzu, dabei sah sie Anette an.
    »Ja«, sagte die, und die anderen drei sagten auch »ja«. Viermal Frau Liebold? Die junge Dame stutzte. »Bitte«, sagte sie leicht reserviert und riß vier Anmeldeformulare ab. Die vier Frauen trugen sich ein. Als Anna Liebold, Ramona Liebold, Andrea Liebold, Anette Liebold. Vier heimliche Schwestern.
    »Habt ihr das dumme Gesicht gesehen?« Ramona stupste Anna an, die vor ihr her zum Aufzug ging. Das Stupsen wäre nicht nötig gewesen, Ramona war nicht zu überhören.
    »Ein Gag wird nicht besser durch Lautstärke«, sagte Anna. Natürlich war es witzig, sich vorzustellen, wie sie hinter ihnen tuschelten und rätselten.
    »Hab dich nicht so.« Ramona kniff die Augen zusammen, der schwarze Eyelinerstrich zerfloß. Heulen oder krakeelen, dachte Anna, es war ein Wunder, daß diese Person ihnen nicht alles verdorben hatte.
    »In einer halben Stunde, wie verabredet«, sagte Andrea hastig dazwischen. »Ich freue mich schon auf unsere Hafenrundfahrt.«
    »Und ich mich auf die Reeperbahn heute nacht«, kicherte Ramona. Die anderen drei schwiegen, Ramona war von dieser Idee nicht wegzubringen gewesen.
     
    Außenalster. Binnenalster. Alsterhaus. Rathaus. Creativ-Bunker. Ohnsorgtheater. St. Pauli. Laufen und reden und lachen und essen und trinken, schlafen, frühstücken. Anna aß so gut wie nichts, obwohl ein üppiges Frühstücksbüffet aufgedeckt war. »Bist du krank?«
    »Nein.«

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