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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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Referendarin anfangen. Es interessierte ihn nicht. Anna malte es sich aus, wie sich ihr Leben ändern würde.
    »Denk an die Gestecke«, sagte er und wischte sich den Mund mit seiner Stoffserviette ab. Anna benutzte für sich Papierservietten, um Wäsche zu sparen, er mochte die nicht. Es sah seltsam aus, bei ihr kräftig blaues Tissue und bei ihm weiße Damastware, die hatten sie zur Aussteuer geschenkt bekommen. »Nichts Buntes und nichts Pastelliges«, fügte er hinzu. Er sprach noch immer von den Gestecken.
    »Welche Gestecke?« fragte Anna.
    »Hast du meinen Geburtstag vergessen? Wir haben für Samstagabend im Alten Wartesaal reserviert. Die Tischdekoration ist mir wichtig.« Till achtete auf solche Dinge, Anna war in solchen Dingen eher nachlässig. Ein Jahr zuvor hatte sie sogar das Roastbeef vergessen. Ein runder Geburtstag ohne Braten, eine Katastrophe. Dieses Jahr hatte Till einen Tisch im »Alten Wartesaal« reserviert: »Die Pleite vom vorigen Jahr müssen wir nicht wiederholen.« Anna hatte nichts daraufgesagt. Im Grunde war es ihr recht so. Zehn Jahre lang sein Lieblingsbraten und sein Lieblingskuchen. Es reichte. Sie konnte kein Roastbeef mehr sehen und riechen und erst recht nicht braten.
    »Mein Gott!« sagte sie nun. »Überlaß das den Leuten im Lokal. Sie werden dafür bezahlt.«
    »Du bist zu lasch. Man muß den Leuten auf die Finger sehen.« Till verpaßte dem politischen Teil seiner Zeitung einen sauberen Knick und legte das Blatt ordentlich auf dem Tisch ab. Mit seiner Zeitung war er penibel. Anna schaffte es nie, die großen Blätter wieder ordentlich zusammenzulegen. Es war ihr auch nicht besonders wichtig.
    »Ich werde anrufen«, sagte sie nun. Sie schlug den Kulturteil auf. Sie hatte noch nicht zu lesen begonnen, da hakte er nach.
    »Das reicht nicht«, sagte er. »Überhaupt, es ist mir wichtig. Bedeutet dir das nichts?«
    »Mein Gott«, sagte sie noch einmal. »Hast du irgendwelche Probleme?«
    »Ja. Mit dir. Du nimmst nichts ernst. Du willst nicht begreifen, was Pflichten sind. Du lebst hier in einem Wolkenkuckucksheim.«
    »Ab Mittwoch arbeite ich ja im Gericht«, erinnerte Anna ihn.
    »Und was bringt dir das?« Till wirkte erhitzt. »Lächerliche zweitausend brutto«, hängte er an. »Bestenfalls.«
    »Als Referendarin«, sagte Anna. »Das ist erst der Anfang.«
    »Und dann ist Schluß. Du bist über der Altersgrenze für Beamte hinaus«, sagte Till. Anna überlegte kurz, woher er das wissen wollte. Es könnte stimmen. Sie hatte nie mit Till darüber gesprochen. Auch mit sonst niemandem. Sie hatte andere Pläne.
    »Wer sagt dir, daß ich Richterin oder Staatsanwältin werden will?« fragte sie nur zurück.
    »Sondern?« Till hatte eine besondere Art, die Lippen zusammenzukneifen, was seinen Mund und das ganze Gesicht kleinlich aussehen ließ. Anna mochte offene Gesichter und offene Worte.
    »Ich könnte mich selbständig machen«, antwortete sie knapp.
    »Du?«
    »Ich!«
    »Eine Anwaltspraxis kostet Geld, weißt du. Viel Geld.« Von Geld verstand Till etwas. Dieses »weißt du« gab dem Satz einen Klang, als ob er zu einem nicht besonders hellen Schüler spräche.
    »Ich habe Geld. Mein Erbe«, erwiderte Anna mit eher sanfter Stimme. Sie dachte an die nicht unbeträchtliche Summe, die sie von ihrem Vater geerbt hatte. Es würde reichen, das wußte sie.
    »Dieses Geld habe ich bis neunundneunzig fest angelegt. Zu achteinhalb Prozent.« Till drückte beide Handballen gegen die Tischkante, einen Augenblick lang vergaß er seine Zeitung, sie rutschte ihm auf den Schoß, und ein Blatt fiel auf den Boden. Er kümmerte sich nicht darum. »Steuerfrei«, fügte er hinzu und sah Anna an. Ihr Gesichtsausdruck schien ihm nicht zu passen. Er redete weiter: »Ich habe das Geld in seriöse Tafelgeschäfte gesteckt. Aber davon hast du ja keine Ahnung. Du hast dich nie um Geld gekümmert. Es sind gute Papiere. Sehr gute.«
    »Dann mußt du die Papiere eben wieder verkaufen«, sagte Anna. Sie hatte es ihm überlassen, wie er ihr Geld anlegte. Er sollte es auch zurückholen, wie, war ihr gleichgültig. Ihr war nur wichtig, daß es dieses Geld gab.
    »Spinnst du?« Er wurde laut, das passierte selten, daß seine Stimme so völlig aus ihrem maßvollen Rhythmus fiel.
    »Ich glaube nein.«
    »Paß auf, daß du nicht abhebst.« Till stand auf. Er zog seine Socken und das flanellgraue Sakko an, prüfte den Sitz des bordeauxroten Binders, nahm den Aktenkoffer mit dem Nummernschloß in die Hand und legte den

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