Hexentöchter: Erotischer Vampirroman (German Edition)
einige Momente lang stumm an. „Aber ich wäre zu dir gekommen. Bestimmt.“
„Ach, und wann?! Du bist seit Monaten verschwunden! Keiner weiß, wohin! Kannst du dir nicht vorstellen, dass ich mir Sorgen um dich mache? Noch dazu, wo Tante Hagas Diener so komische Bemerkungen über dich gemacht hat, und sie selbst nicht mit der Sprache rausrücken wollte!“
„Charlie …“, seine Stimme klang jetzt weich und besänftigend. Und sehr jung. Jung war er tatsächlich, vier Jahre jünger als sie. Als er mit ausgestreckten Armen auf sie zutrat, warf sie den Regenschirm fort und flog ihm entgegen.
„Theo. Mein lieber Theo. Ich hatte ja solche Angst um dich. Tante Haga wollte mir einreden, du … du wärst nicht mehr ganz du selbst, und ich sollte dich deiner eigenen Wege gehen lassen. Aber wie könnte ich das denn?“ Sie löste sich von ihm, trat einen halben Schritt zurück und legte die Hände um sein Gesicht. Die Dämmerung beleuchtete es nur schwach, aber sie betrachtete prüfend jeden seiner Züge, bis sie an seinen Augen hängen blieb. Sie waren dunkler als früher, ernster. Er wirkte insgesamt erwachsener, als hätte er Dinge gesehen, die ihm vor wenigen Monaten noch völlig fremd gewesen waren. Als wäre aus dem liebenswerten Jungen ein Mann geworden.
Oder vielmehr ein Vampir.
„Ach, Theo … Wie konntest du nur einfach so verschwinden?“
„Ich wollte ja nicht verschwinden, aber es schien mir als das Beste. Das heißt, vorläufig … bis …“ Er unterbrach sich und sah aufmerksam die Straße hinab. „Hier können wir nicht bleiben. Die Gegend ist ziemlich verrufen. Es treibt sich hier mehr Gesindel herum als im restlichen England.“ Er nahm ihren Arm, hob den Regenschirm auf und zog sie fort, die enge Straße entlang, vorbei an sich nebeneinanderkauernden Bettlern und einem Betrunkenen, der halbbewusstlos vom Gin im Rinnsal lag, dann um die Ecke und schließlich einige Stufen hinab zu einem Kellereingang.
Charlie tastete nach ihm, als er im Dunkeln stehen blieb. Sie konnte kaum seine Umrisse, geschweige denn ihre Umgebung wahrnehmen. Sie hörte das Knarren einer Tür, ein kühler Luftzug drang heraus und ließ sie schaudern. Der Nebel war bis auf die Haut gedrungen, und Charlie fühlte sich durch und durch kalt und klamm.
„Warte, ich mache Licht.“ Seine Kleidung raschelte, und endlich flackerte ein Licht auf, das schnell heller wurde, als er das brennende Holzstück an einen Kerzendocht hielt.
Charlie sah sich um. Sie befanden sich in einem kleinen Raum, in dem gerade nur ein Bett stand, ein Tisch, zwei Stühle und ein grob gezimmerter Schrank. In der Ecke, durch einen halb zurückgezogenen Vorhang abgetrennt, sah sie eine Waschschüssel. Da auf beiden Stühlen Bücher und anderes Zeug lagen, setzte sich Charlie zögernd auf das Bett. Es war ungewöhnlich groß, wie für ein Ehepaar geeignet. Früher, als ihr Bruder noch daheim gelebt hatte und ein normaler junger Mann gewesen war, hatte sie niemals Scheu gehabt, es sich auf seinem Bett bequem zu machen und bis in die frühen Morgenstunden mit ihm zu lachen und zu plaudern, aber jetztwar sie fremd. Ein fremdes Zimmer, ein fremdes Bett, das er mit jemandem teilte, den sie nicht einmal kannte. Sie unterdrückte das Zittern, das von ihren Knien aufwärts wanderte und ihren Körper erfasste.
Theo ließ sich neben ihr nieder. „Ich habe leider nichts daheim, was ich dir anbieten kann. Bestenfalls eine Tasse Tee.“
Tee wäre schön gewesen, er hätte vielleicht die innere Kälte vertrieben, aber ein Blick auf den staubigen Teekessel und die kalte Feuerstelle ließ sie verneinen. „Ist dir nicht kalt hier drinnen?“
„Nein, gar nicht. Dir schon? Frierst du? Warte, ich mache Feuer.“ Er sprang auf, sichtlich erleichtert, dass er eine Beschäftigung gefunden hatte, die ihn von ihrer Seite fortbrachte. Es war das erste Mal, stellte Charlie traurig fest, dass er sich in ihrer Nähe nicht wohl fühlte. Früher hatten sie alles miteinander geteilt: heimlich gestohlene Plätzchen und Marmelade, das Wissen um die zwielichtigen Geschäfte des Nachbarn und vor allem das Geheimnis ihrer eigenen Familie.
Sie sah ihm zu, wie er sich vor den Kamin kniete und sich daran zu schaffen machte. Das Holz war feucht und wollte nicht richtig anbrennen. „Ich dachte, ihr Vampire könnt alles, was ihr wollt? Weshalb sagst du dem Feuer nicht einfach, dass es brennen soll?“
„Feuer ist für uns nicht besonders gesund“, erwiderte er mit einem grinsenden Blick
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