Hexer-Edition 02: Als der Meister starb
Matrosen war Bannermann gefolgt und hatte uns umringt. Es waren müde, abgekämpfte Gesichter, die uns anstarrten. Aber in einigen von ihnen flackerte der Hass. Ich konnte die Spannung, die plötzlich in der Luft lag, beinahe riechen.
»Halten Sie den Mund, Lorimar«, sagte Bannermann müde. Plötzlich war der Zorn aus seinem Blick gewichen. Er sah jetzt nur noch erschöpft aus.
Der Angesprochene erwiderte seinen Blick trotzig, trat einen halben Schritt vor und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich denke nicht daran, Captain«, sagte er. »Sie haben es ja selbst gesagt. Seit dieser Kerl« – damit deutete er auf Andara – »unser Schiff betreten hat, ist der Teufel an Bord. Glauben Sie …?«
»Nichts habe ich gesagt«, unterbrach ihn Bannermann wütend. »Ich habe die Beherrschung verloren und Unsinn geredet, das ist alles.«
»O nein, Captain«, erwiderte Lorimar aggressiv. »Sie haben die Wahrheit gesagt.« Er schnaubte. »Denken Sie wirklich, dass wir Ihnen abkaufen, es wäre Zufall, dass dieses Biest uns ausgerechnet jetzt angegriffen hat? Oder dass Barton ausgerechnet jetzt durchgedreht ist?« Die Menge um uns herum wuchs, und mehr als nur einer gab ein zustimmendes Knurren von sich. Instinktiv zählte ich die Anzahl der Köpfe durch und überschlug unsere Chancen, falls es zu Gewalttätigkeiten kommen sollte. Sie waren nicht besonders gut.
»Was wird das?«, fragte Bannermann lauernd. »Eine Meuterei, Lorimar? Mit Ihnen als Anführer?« Er versuchte spöttisch zu klingen, aber es gelang ihm nicht ganz.
»Keine Meuterei, Captain«, erwiderte Lorimar. »Wir haben nichts gegen Sie. Aber wir wollen, dass dieser Kerl von Bord geht. Schmeißen Sie ihn ins Meer. Er verbreitet Unglück wie die Ratten die Pest.«
»Sie sind verrückt!«, keuchte Bannermann. »Mister Montague …!«
»Andara, wollten Sie sagen«, unterbrach ihn Lorimar kalt. Bannermann erbleichte, und Lorimar fuhr, selbstsicher geworden, fort: »Denken Sie, wir wissen nicht, wer er ist?« Er lachte. »Mannings hat ihn erkannt, als er in New York an Bord ging, aber wir haben gedacht, dass uns das alles nichts angeht. Wir hätten ihn gleich über Bord werfen sollen, noch bevor wir losgefahren sind!«
»Kein Wort mehr!«, schrie Bannermann. »Geht an eure Arbeit! Ich lasse jeden, der in zehn Sekunden noch hier steht, wegen Meuterei vor Gericht stellen. Ihr …«
Andara legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Lassen Sie ihn, Captain«, sagte er leise. Bannermann wollte seine Hand abstreifen, aber Andara schob ihn einfach zur Seite, trat auf Lorimar zu und blickte ihm starr in die Augen.
»Sie haben recht, Lorimar«, sagte er ruhig. »Ich bin Andara. Der Hexer.« Er lächelte dünn. »So nennt man mich doch, nicht? Aber ich habe mit dem, was gerade geschehen ist, nichts zu tun. Der Mann hat schlicht und einfach den Verstand verloren. Was geschehen ist, war zu viel für ihn.«
»Es wäre nicht passiert, wenn Sie nicht an Bord wären«, zischte Lorimar. Aber er hatte den Großteil seiner Selbstsicherheit verloren, und der wütende Klang in seiner Stimme war jetzt nur noch Trotz.
Andara nickte. »Das stimmt«, gestand er. »Und ich bin bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Ich … wenn es etwas ändern würde, würde ich mich freiwillig dem Ungeheuer ausliefern, das uns folgt. Aber es wäre sinnlos.«
»Warum?«, keuchte Lorimar. »Es ist Ihretwegen hier. Sie sind es, den es haben will, nicht wahr? Vielleicht lässt es uns in Ruhe, wenn es Sie hat!«
»Das wird es nicht«, erwiderte Andara kopfschüttelnd. »Dieses Wesen denkt nicht wie ein Mensch. Es sind andere Regeln, die sein Denken und Handeln bestimmen. Es wird nicht eher ruhen, bis es dieses Schiff und den letzten Mann seiner Besatzung vernichtet hat.« Irgend etwas änderte sich im Klang seiner Stimme. Ich wusste selbst nicht, was es war; vielleicht die Art, in der er die Worte betonte, vielleicht auch nur die Lautstärke – aber mit einem Male hatten seine Worte einen befehlenden, suggestiven Klang, der jeden Gedanken an Widerstand lächerlich erscheinen ließ. »Ihr habt recht, wenn ihr mich verantwortlich macht«, fuhr er fort. »Und doch bin ich der einzige, der euch jetzt noch retten kann. Solange ich lebe, ist dieses Schiff sicher. Wenn ihr mich tötet, wird er euch vernichten. Und jetzt geht an eure Arbeit.« Er hob den Arm und deutete mit einer befehlenden Geste zum Bug des Schiffes. »Ändert den Kurs«, sagte er. »Wir fahren nach Süden. Zur
Weitere Kostenlose Bücher