Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers
großen, auf bizarre Weise gleichermaßen freundlich wie unbeschreiblich drohend blickenden Augen, die reglos wie eine lebensgroße Statue am Kopfende der frisch ausgehobenen Grube stand und schweigend zu ihm und der Rattenarmee herüberstarrte.
Das grüne Leuchten umspielte ihren Körper wie ein unseliger Heiligenschein und es schien, als dringe ein Teil dieses phantastischen Lichtes direkt durch ihren Leib hindurch, sodass er halb transparent erschien. Sie ist beinahe nackt, dachte Rowland verstört. Einzig um ihre Hüften und ihre Brust zogen sich zwei dünne, mit blitzendem Metallschmuck verzierte Tücher und ihr Kopf …
O mein Gott!, dachte Rowland. Ihr Kopf. Ihr Kopf!
Ein Schrei stieg in seiner Kehle empor, aber er kam nicht mehr dazu, ihn auszustoßen.
Etwas traf ihn wie ein Fausthieb zwischen die Schulterblätter, dann fühlte er den Aufprall eines kleinen, pelzigen Körpers im Nacken, Bruchteile von Sekunden darauf einen scharfen, plötzlichen Schmerz.
Er taumelte. Wieder trafen ihn die kleinen, pelzigen Bälle wie Schläge. Er schrie, machte einen blinden, taumelnden Schritt und spürte, wie das lockere Erdreich unter seinen Füßen nachgab.
Mit einem Schrei stürzte Rowland vornüber, prallte auf dem Boden des Grabes auf und stemmte sich auf Hände und Knie hoch. Er führte die Bewegung nie zu Ende.
Das letzte, was er sah, war die hoch aufgerichtete Gestalt des Mädchens, die näher an das Grab herangetreten war und aus ihren schrecklichen Augen auf ihn herabstarrte. Und ihre Hand, die sich in einer raschen, befehlenden Geste hob.
Dann stürzten die Ratten in das Grab hinab.
Lady Audley McPhaerson sah an diesem Abend ganz besonders attraktiv aus – soweit eine grauhaarige, etwas zu kurzbeinig geratene Matrone, deren Körpergewicht sich um den zweiten Zentner bewegte und die ihrem sechzigsten Geburtstag näher war als dem fünfzigsten, attraktiv auszusehen vermag. Aber das Kleid, das sie trug, war das mit Abstand teuerste und aufwendigste, das mir jemals untergekommen war, und das Saphirdiadem in ihrem hochtoupierten Haar musste ungefähr dem Gegenwert einer mittleren englischen Ortschaft entsprechen. Ihre Stimme übertönte den Lärm der Gäste, die den gewaltigen Ballsaal von Penderguest Hall füllten, mit Leichtigkeit. Die Pointe versteht wohl nur, wer den Ballsaal schon einmal gesehen hat.
Ich hatte ihr Lachen schon draußen in der Halle gehört und hätte eigentlich gewarnt sein müssen. Aber ich war leichtsinnig genug gewesen, mir einzubilden, irgendwo in der Menge untertauchen und ihr auf diese Weise entgehen zu können. Jetzt war es zu spät, mich noch unauffällig zurückziehen zu wollen.
Lady Audley hatte mich bereits entdeckt und walzte, mit ihrem gewaltigen Busen die Menge wie ein Schlachtschiff beiseite pflügend, auf uns zu. Auf ihrem Gesicht lag ein rosiger, verräterischer Glanz, der darauf schließen ließ, dass das Glas Champagner in ihrer Rechten nicht das erste an diesem Abend war.
»Robert!«, rief sie, den Vortrag des Violinsolisten auf der Orchesterempore mit Leichtigkeit übertönend, stürmte auf mich zu, schloss mich in die Arme und drückte mir einen ebenso herzhaften wie feuchten Kuss auf die Wange.
»Robert! Mein lieber Robert Craven!«, sagte sie. »Wie schön, dass Sie uns die Ehre geben. Lord Penderguest sagte mir bereits, dass Sie für den heutigen Abend zugesagt haben.«
Sie entließ mich endlich aus ihrer Umarmung, trat einen Schritt zurück und musterte mich von Kopf bis Fuß. Ihre kleinen, von zahllosen Krähenfüßchen eingefassten Augen funkelten. »Sie werden uns doch das Vergnügen bereiten, uns an einer Ihrer entzückenden Seancen teilnehmen zu lassen, oder?«, fragte sie.
Ich rang mich zu einem Lächeln durch, verbeugte mich und sagte: »Dazu bin ich hier, Mylady.«
»Oh, wie entzückend!«, sagte Lady Audley. »Damit ist der Verlauf des heutigen Abends ja gesichert.« Sie nippte an ihrem Glas, wobei sie den kleinen Finger übertrieben abspreizte, und deutete auf Howard, der neben mir stehen geblieben war und die kurze Szene mit einer Mischung aus Verwirrung und mühsam zurückgehaltener Erheiterung verfolgt hatte.
»Sie haben Besuch mitgebracht, Robert? Wie entzückend.«
»Ja. Ein …« Ich brach ab, als ich einen raschen, warnenden Blick aus Howards Augen auffing, rettete mich in ein verlegenes Lächeln und begann mit einer Handbewegung auf Howard erneut: »Ein entfernter Verwandter meines verstorbenen Vaters, Lady Audley. Mister
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