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Hexer-Edition 08: Engel des Bösen

Hexer-Edition 08: Engel des Bösen

Titel: Hexer-Edition 08: Engel des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zu zeigen, wer der wahre Herr dieser Stadt ist. Und vielleicht dieser Welt.«
    Howard schauderte, als Cohen die letzten Worte sprach. Plötzlich begriff er, dass Wilbur Cohen seinem Bruder nicht so vollkommen Unrecht getan hatte, wie dieser glaubte.
    Cohen war wahnsinnig. Auf eine gefährliche, fanatische Art wahnsinnig.
    Und doch war er der Einzige, der ihnen jetzt noch helfen konnte.
     
    Die Nacht hatte sich wie ein schwarzes Leichentuch über das Land gelegt. Mit der Dämmerung waren schwere bauchige Wolken von See her über die Küste gezogen, sodass am Himmel nicht ein einziger Stern zu sehen war, aber rings um den Mond – ein Zufall, der keiner war – war die Wolkendecke aufgerissen, sodass das bleiche Licht der silbernen Scheibe ungehindert auf den Friedhof herabfiel.
    Der Gottesacker bot einen albtraumhaften Anblick. Die brusthohe Einfriedung klaffte wie eine weiße Narbe in der Nacht und durch das offen stehende Tor drang ein flackernder, giftgrüner Schein, ein Licht von einer Farbe, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. Eine unheimliche Aura lag über dem Ganzen. Ich kam mir vor wie in einem Albtraum, aus dem ich nicht erwachen konnte.
    »Gehen Sie, Robert«, sagte Shadow. Sie war kurz nach Dunkelwerden wiedergekommen und hatte mich abgeholt; wozu, wusste ich nicht. Den Rest des Tages hatte ich in Gesellschaft eines halben Hunderts Ratten in dem Haus verbracht, in dem sie mich eingesperrt hatte, und die drei Worte, die sie jetzt sprach, waren seitdem die ersten überhaupt. Zögernd setzte ich mich wieder in Bewegung, ging auf das offen stehende Friedhofstor zu und blieb abermals stehen, als mein Blick auf die beiden barbarischen Statuen fiel, die das Tor flankierten.
    Sie standen auf mannshohen, wuchtigen Sockeln aus weißem Marmor und hatten die Form stilisierter, auf barbarische Weise prachtvoller Wölfe. Ihre Körper waren schwarz und aus einer Art verwittertem Eisen gefertigt und irgendetwas an ihnen schien … Ja, dachte ich schaudernd – irgendetwas an ihnen lebte.
    Auch Shadow war stehen geblieben und musterte die beiden Statuen mit einer Mischung aus Neugier und widerwilliger Bewunderung. »Ihr Menschen seid ein sonderbares Volk«, murmelte sie.
    »So?«, fragte ich, ohne den Blick von den beiden stählernen Wölfen zu lösen.
    Shadow nickte. »Ihr haltet fest an uralten überkommenen Riten und Zeremonien«, sagte sie und ihre Stimme klang fast spöttisch. »Und doch verehrt ihr die gleichen Symbole wie die, die ihr für eure Feinde haltet.«
    Verwirrt sah ich sie an. »Was soll das heißen?«
    Shadow deutete zuerst auf die beiden Wolfsfiguren, dann auf den Friedhof, der sich dunkel dahinter erstreckte. »Dies ist eine Begräbnisstätte eurer Religion«, sagte sie amüsiert. »Aber diese Figuren sind älter. Älter als euer Volk.«
    »Vermutlich … wusste das niemand«, sagte ich stockend. »Sie haben sie aufgestellt, weil sie …« Ich verstummte. Für einen Moment blitzte ein Wissen hinter meiner Stirn auf, das ich nicht haben konnte und das mir irgendwie von außen eingegeben zu werden schien, und für einen noch kürzeren Augenblick hatte ich die Lösung klar vor Augen. Aber der Gedanke entschlüpfte mir, noch ehe ich ihn wirklich greifen konnte, und zurück blieb nur ein Gefühl dumpfer Bedrückung.
    »Weil sie was?«, fragte Shadow, als ich nicht weitersprach.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nichts«, sagte ich. »Es … es ist nicht wichtig. Warum haben Sie mich hierher gebracht?«
    Shadow antwortete nicht sofort. Wehmut spiegelte sich in ihrem Blick. »Damit Sie verstehen, Robert«, sagte sie nach sekundenlangem Schweigen. »Und vielleicht verzeihen.«
    »Verzeihen? Den Mord an unschuldigen Menschen?« Ich schüttelte wütend den Kopf. »Das glauben Sie nicht wirklich.«
    Statt einer direkten Antwort lächelte Shadow traurig. »Es ist schade, dass wir uns nicht unter anderen Umständen kennen gelernt haben, Robert«, sagte sie sanft. »Ich wäre gerne Ihr Freund geworden.«
    Sekundenlang starrte ich sie beinahe schockiert an, dann wandte ich mich mit einer abrupten Bewegung um und ging weiter. Hinter meiner Stirn tobte ein wahrer Orkan von Gefühlen. Nicht alles davon verstand ich. Und nicht alles von dem, was ich verstand, gefiel mir.
    Wir betraten den Friedhof und gingen zwischen den Grabreihen auf die Quelle des grünen Leuchtens zu. Das Gefühl, mich in einem Albtraum zu befinden, wurde mit jedem Schritt stärker in mir. Der Friedhof war verwüstet. Selbst im schwachen Licht des

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