Hexer-Edition 08: Engel des Bösen
schrien die Magier, ein furchtbarer, atonaler Wechselgesang, der mich aufschreien, die Hände gegen die Schläfen pressen und in die Knie sinken ließ.
Dann griff die unsichtbare Hand nach mir.
Ich hatte gewusst, dass es geschehen würde, und trotzdem schrie ich wie von Sinnen auf, warf mich herum und begann wie in Raserei um mich zu schlagen.
Natürlich nutzte es nichts. Die Berührung war sanft wie die eines Lufthauches, aber gleichzeitig auch von übermenschlicher Stärke. Etwas Unsichtbares griff nach mir und schmiegte sich wie eine zweite, eisige Haut um meinen Körper. Ich verlor den Boden unter den Füßen, wurde sanft in die Höhe gehoben und glitt schwerelos über den Rand des Felsvorsprunges hinaus.
Hilflos musste ich mit ansehen, wie ich über den grünen Höllenpfuhl und ein Stück in die Höhe schwebte, bis ich irr den grausigen Reigen der kreisenden Urmenschen eingereiht wurde.
Dann begann sich die unsichtbare Faust um mich zu schließen.
Im ersten Moment war es kaum zu spüren, nicht mehr als ein sanfter Druck, der mich von allen Seiten gleichzeitig umschloss, aber er steigerte sich rasend schnell. Ich spürte, wie mein Herz langsamer zu schlagen begann, wie sich das Blut in meinen Adern staute. Mein Blick verschleierte sich, wurde rot und wabernd und plötzlich atmete ich roten Nebel und hatte einen bitteren Metallgeschmack auf der Zunge.
Das also war der Tod, dachte ich matt. Ich hatte überhaupt keine Angst. Mein Inneres war voller Verzweiflung und Entsetzen, aber ich hatte keine Angst.
Stattdessen spürte ich Zorn. Zorn über die Tatsache, dass mein Sterben so sinnlos sein sollte, eine ungeheure, mit jedem Moment stärker werdende Wut.
Ich handelte nicht mehr bewusst, denn die unsichtbare Gigantenfaust, die meinen Körper zusammenpresste, hatte auch meinen Willen gelähmt, sondern nur noch instinktiv. Irgendetwas in mir bäumte sich bei dem Gedanken auf, einen so sinnlosen Tod zu sterben, und das gleiche Etwas aktivierte Kräfte und Energien in meinem Unterbewusstsein, die ich mit der bloßen Kraft meines Willens niemals hätte entfesseln können.
Die Thul Saduun unter mir bäumten sich auf wie Würmer unter dem Stiefel eines Giganten, schrien vor Schmerz und Zorn – und schlugen mit furchtbarer Gewalt zurück.
Der Blutspiegel zerbarst.
Eine unsichtbare Riesenfaust schien unter die kreisenden Urmenschen zu fahren und sie durcheinander zu wirbeln. Plötzlich, von einem Augenblick auf den anderen, zerbrach der furchtbare Reigen; die Luft war voller Schreie und wirbelnder Körper und der grüne Lichtozean schien in einer Folge lautloser, unaufhörlicher Explosionen auseinander zu bersten.
Ich wurde herumgewirbelt, überschlug mich in der Luft und sah den grünen Pfuhl mit rasender Geschwindigkeit auf mich zukommen – und griff abermals mit aller geistiger Macht an.
Es war das erste Mal, dass ich das magische Erbe meines Vaters vollkommen rücksichtslos einsetzte, und es war ein Gefühl, das mich selbst vor Entsetzen aufschreien ließ.
Ich spürte, wie sich die Thul Saduun unter mir wie unter den Faustschlägen eines Riesen krümmten, wie unbeschreibliche Energien und Kräfte aufeinander prallten und die Wirklichkeit zum Erzittern brachten. Unsichtbare Flammen hüllten mich ein und verbrannten jede einzelne Nervenfaser in meinem Leib, ein Blitz puren, grauenhaften Schmerzes bohrte sich in mein Bewusstsein, verwandelte die Welt in eine Hölle aus Hitze und Schmerz.
HALT!
Die Zeit blieb stehen. Die Faust löste sich von meinem Geist und ich spürte, wie sich die furchtbare Präsenz der Thul Saduun aus meinem Bewusstsein zurückzog.
Noch einmal bäumte ich mich auf und sandte instinktiv Wellen meines eigenen Schmerzes auf die schwarzen Würmer unter mir herab, aber sie erreichten sie nicht mehr, denn plötzlich war da eine neue, fremde Macht, eine Mauer unbeschreiblicher magischer Energien, die meinen geistigen Hieb abfing und mich gleichzeitig vor dem Toben der schwarzen Höllenwürmer schützte.
IHN NICHT!
Tief unter mir, durch eine halbe Meile grünen Lichtes und den Abgrund zwischen den Wirklichkeiten getrennt, schrien die Thul Saduun vor Enttäuschung und Wut auf, aber die unsichtbare Mauer war noch immer da, eine magische Präsenz solcher Gewalt, wie ich sie bisher nicht einmal in Gegenwart eines GROSSEN ALTEN gespürt hatte. Sie zerrte mich wie einen Spielball herab, zurück aus dem zerbrochenen Reigen der sterbenden Urmenschen und nieder auf den felsigen Grat über dem
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