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Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Titel: Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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spürte, wie irgendetwas an ihrem Leib entlang tastete, auf ihren Magen drückte und sie zwang, wieder zu atmen. Verzweifelt trat sie unter Wasser um sich, spürte einen weichen, schwammigen Widerstand und schrie erneut auf, als sie von unsichtbaren Händen in die Höhe gehoben und gehalten wurde, sodass sie atmen musste, ob sie wollte oder nicht.
    Etwas tastete nach ihren Händen, glitt beinahe sanft über die Stricke, die ihre Gelenke aneinanderbanden – und zerriss sie. Dann war der Widerstand verschwunden, das unsichtbare Etwas, das sie gerettet und befreit hatte, versank wieder in der Tiefe des Sees und sie spürte wieder die saugende Kraft des eisigen Wassers.
    Instinktiv warf sie sich nach vorn, machte mit Armen und Beinen ungeschickte Schwimmbewegungen und atmete tief und gierig ein. Der See drehte sich vor ihren Augen wie in einem irrsinnigen Tanz, die schwarzen Regenwolken am Himmel schienen zu kochen, und die Kälte betäubte sie fast, aber irgendwo in ihrem halb erloschenen Bewusstsein hatte sich der Gedanke festgesetzt, dass sie gerettet war, dass er ihr Opfer nicht wollte. Er hatte sie berührt und begutachtet und abgelehnt und sie würde weiterleben, wenn es ihr gelang, das Ufer zu erreichen, bevor die Kälte sie vollends lähmte.
    Allmählich fanden ihre Muskeln wie von selbst in den gewohnten Rhythmus der Schwimmbewegungen. Sie bewegte sich schneller und atmete gezwungen ruhig ein und aus. Das Ufer kam näher, zwar langsam, aber sichtbar. Noch hundert dieser unendlich mühsamen Schwimmzüge, und sie war gerettet.
    Der Wind frischte auf, als sie noch zwanzig Yards vom Ufer entfernt war. Das Wasser kräuselte sich stärker und plötzlich fuhr eine Bö wie eine unsichtbare Faust unter die Wolken und zerriss die schwarze Decke, die sie über dem See gebildet hatten. Groß und rund wie ein bleiches, pupillenloses Riesenauge stand der Mond am Himmel.
    Jennifer begriff den grausamen Irrtum, dem sie erlegen war, erst, als sie die Bewegung unter sich spürte und das Wasser vor ihr zu schäumen begann. Aber ihr blieb nicht einmal mehr Zeit, zu schreien.
    Es waren die gleichen, unmenschlichen starken Hände, die sie gerettet hatten, die sie jetzt in die Tiefe zogen.
     
    Vor den Fenstern des Hauses am Ashton Place dämmerte der Morgen. Der große, von einer doppelten Reihe sorgsam gestutzter Bäume gesäumte Platz in einem der vornehmsten Londoner Wohnviertel lag noch verschlafen da. Hinter einigen Fenstern brannte bereits Licht, meistens in den unteren, halbwegs im Keller liegenden Räumen, in denen die Dienerschaft das Frühstück vorbereitete oder einfach noch eine Weile plauderte, bis ihre Herrschaften erwachten und der gewohnte Tagesablauf beginnen würde. Hier und da kräuselte sich dünner grauer Rauch aus den Kaminen, aber sonst zeigte sich nirgends eine Spur von Bewegung. Über dem sorgsam gekehrten Kopfsteinpflaster des Platzes lag ein klammer Nebelhauch wie ein letzter Gruß der Nacht. Nicht einmal die Tauben, die normalerweise als Erste mit ihrem unablässigen Gurren und Schimpfen die Sonne begrüßten, waren an diesem Morgen zu sehen. Es war, als hätte der Tag verschlafen.
    Das leise Geräusch der Tür drang wie ein Laut aus einer anderen Welt in meine düsteren Gedanken und ließ mich aufsehen. Es war Mary, meine Haushälterin. Sie sah so übernächtigt aus, wie ich mich fühlte, aber auf ihren bleichen Zügen lag ein Lächeln, und der Anblick der dampfenden Kaffeekanne, die sie zusammen mit zwei Tassen und einer silbernen Zuckerschale auf einem Tablett vor sich hertrug, hob meine Stimmung wenigstens um eine Kleinigkeit.
    Ich raffte mich dazu auf, ihr Lächeln zu erwidern, ließ die Gardine fahren und trat vom Fenster zurück. Erst jetzt fiel mir auf, wie kühl es im Zimmer war. Obwohl der Kalender erst Ende September anzeigte, wurden die Nächte bereits empfindlich kalt und das Feuer im Kamin war heruntergebrannt, während ich am Fenster gestanden und hinausgestarrt hatte. Fröstelnd ging ich vor dem fast erloschenen Kamin in die Knie, legte ein neues Scheit in die Glut und rieb die Hände ineinander.
    »Sie haben wieder nicht geschlafen, Robert«, sagte Mary vorwurfsvoll. Porzellan klirrte, und als ich aufstand und mich herumdrehte, war sie gerade dabei, die zweite Tasse mit dampfend heißem Kaffee zu füllen.
    »Doch«, log ich. »Ich bin nur früh aufgestanden.« Ich setzte mich, griff nach der Tasse und nippte vorsichtig an dem heißen Getränk. Mary ließ sich auf den zweiten Stuhl vor dem

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