Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen
beinahe feindselig und seine Lippen zuckten, als hielte er mit Mühe Worte zurück, die ihm als Antwort richtig schienen. Aber sein Respekt vor dem Ordensleiter war größer als sein Zorn. Wenn auch nicht viel.
»Sein Geist war verwirrt«, fuhr Balestrano nach einer Pause fort. »Bruder Henri wusste nicht mehr, was er tat.«
»Er hat gesündigt!«, beharrte Reynaud de Maizieres. »Das weißt du so gut wie ich, Bruder.« Seine Stimme wurde scharf; vielleicht eine Spur schärfer, als er sich dem Ordensmeister Jean Balestrano gegenüber erlauben konnte. »Das Leben ist heilig. Auch das eigene! Muss ich dich daran erinnern, dass der Herr ausdrücklich verboten hat, Hand an sich selbst zu legen?«
»Nein«, antwortete Balestrano, auch er in einem hörbar schärferen Ton als zuvor. »Das musst du nicht, Bruder. So wenig, wie ich dich daran erinnern muss, warum ich dich rufen ließ.«
Reynaud de Maizieres verstand den Tadel sehr wohl. Demütig senkte er den Blick, aber das harte Glitzern in seinen Augen blieb. Balestrano konnte sich nicht erinnern, Reynaud de Maizieres jemals anders als ernst und verbissen erlebt zu haben. Er war ein Mann, dessen Gesicht unfähig schien zu lachen. Aber er war auch einer der tapfersten und besten Männer, denen Balestrano jemals das Treuegelöbnis abgenommen hatte, auch wenn er niemals den Schritt zum Master des Templerordens tun würde.
Balestrano hatte stets bedauert, dass Reynaud de Maizieres jegliche magische Begabung so gänzlich abging. Einen Mann seiner Gradlinigkeit und Treue hätte er im inneren Zirkel des Ordens bitter nötig gebrauchen können, vor allem jetzt, wo ihre Zahl in so kurzer Zeit so drastisch geschrumpft war. Und gleichzeitig war er beinahe froh, dass es so war. Reynaud de Maizieres als Master, mit Mächten, die die Schöpfung selbst erschüttern mochten – das war ein Gedanke, der ihm einen eisigen Schauer über den Rücken jagte.
Er verscheuchte die Vorstellung. Es fruchtete nichts, über Dinge nachzudenken, die hätten sein können.
»Sein Platz muss besetzt werden«, sagte er mit einer Geste auf den Toten. »Du weißt, warum ich dich rufen ließ.«
Reynaud de Maizieres nickte. Ein sanfter Zorn glomm in seinem Blick auf. »Ja«, antwortete er. »Und es gefällt mir nicht.«
Balestrano antwortete nicht, aber sein Blick sprach Bände. Es kam selten vor, dass es jemand wagte, ihm in solcher Offenheit zu widersprechen. Trotzdem war seine Stimme sanft und freundlich wie immer, als er fragte: »Warum nicht?«
»Das weißt du genau, Bruder Jean«, fauchte Reynaud de Maizieres. »Es war Bruder Henris Aufgabe, Bruder de Laurec zu bewachen. Einen Verräter. Einen Mann, der sich Satan verschrieben und die Hand gegen seine eigenen Brüder erhoben hat. Einen Mann, der -«
»Der deiner Meinung nach hätte getötet werden müssen, ich weiß«, unterbrach ihn Balestrano. »Du hast es oft genug gesagt!«
»Das habe ich«, bestätigte de Maizieres wütend. »Und ich bleibe dabei!«
»Und das aus dem Munde eines Mannes, der noch vor Augenblicken sagte, das Leben sei heilig?«, erwiderte Balestrano mit sanftem Spott.
Reynaud de Maizieres wischte seine Worte mit einer zornigen Bewegung zur Seite. »Leben im Geiste des Herrn, ja!«, sagte er wütend. »Sarim de Laurec hat sich von uns losgesagt und damit von Gott. Er hat versucht, dich zu töten. Er hat sich selbst zum Heiden gemacht! Du kannst nicht von mir verlangen, dass ich eine Kreatur bewache, die sich selbst und aus freien Stücken in Satans Fänge begeben hat!«
Balestranos Züge verdüsterten sich, als er das Wort Kreatur aus Reynaud de Maizieres’ Mund hörte. Er war nicht das Wort allein, das ihn schaudern ließ, sondern die Art, in der Reynaud de Maizieres es aussprach. Vielleicht war es doch gut, dass de Maizieres niemals die Macht eines Masters erringen würde, dachte der weißhaarige Führer des Templerordens.
Aber er sprach nichts von alledem aus, sondern wandte sich mit einem verzeihenden Lächeln zur Tür, öffnete sie und winkte Reynaud de Maizieres, ihm zu folgen. »Komm mit mir, Bruder«, sagte er. »Ich werde dir etwas zeigen, von dem nur sehr wenige Menschen wissen. Nicht einmal alle meine engsten Vertrauten.«
Reynaud de Maizieres runzelte die Stirn, beeilte sich aber gehorsam, Balestrano zu folgen und die Kammer zu verlassen – wenn auch nicht, ohne dem toten Templer hinter sich noch einen fast angeekelten Blick zuzuwerfen. Balestrano bemerkte ihn sehr wohl, tat aber auch diesmal so, als sehe
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