Hier kommt Hoeneß!
ohne Werbung, diese Grandezza – das war eine Galaxie für sich.« Breitner hatte Erfolg, hatte das Paradies gefunden. Doch selbst dieses Paradies war nicht ohne Tücken: »Mir ging’s in Madrid schlichtweg zu gut.« Außerdem musste er auf seinen Kumpel Uli verzichten.
Im Frühjahr 1977 wollte ihn Bayern-Manager Robert Schwan daher für die kommende Saison zurückholen. »Doch ich war zu stolz, ich wollte nicht als reumütiger verlorener Sohn zurückkehren«, erinnert sich Breitner, der drei Jahre zuvor im Unfrieden gegangen war. Aus finanziellen Gründen und auch ein wenig, um den Bayern eins auszuwischen, wechselte er dann nach Braunschweig. Eintrachts Vereinspräsident Günter Mast, der mit »Jägermeister« Millionen gemacht hatte, trat als erster Brustsponsor der Bundesliga auf und spendierte dem mittelmäßigen Provinzklub die Attraktion Breitner. Bei Fans und Mitspielern kam der Ex-Spanien-Legionär mit seiner dominanten Art allerdings nie an, nach einem Jahr und lediglich Rang 13 fand die skurrile Episode daher wieder ein Ende. Es gab daraufhin viele Angebote, er verhandelte mit dem Hamburger SV, sprach mit Paris St. Germain. »Ich war dann schon mit einem Bein bei Cosmos New York«, so Breitner, er sollte Franz Beckenbauer in die Operettenliga folgen. »Die Verhandlungen waren abgeschlossen, ich hatte Uli informiert. Es war alles klar, nur noch die Unterschrift fehlte.« Und das Okay von Hoeneß, dem Freund und Bayern-Spieler, der jedoch an die Zukunft seines Vereins dachte. »Uli sagte dann zu mir: ›Du gehst nicht nach New York. Basta!‹ Das war ein Befehl. Ausschließlich er hat mich überzeugt.« Doch wie sollten der Weltstar Breitner, der die königlichen Bezüge aus Madrid und das hohe Salär aus Braunschweig gewohnt war, und die Ablösesumme von den klammen Bayern jener Tage bezahlt werden? »Ich habe zu Uli gesagt, wenn du die Kohle für mich auftreibst, komme ich.«
Und Hoeneß schaffte es. Es war der erste Transfer, den ein Spieler nicht nur eingefädelt, sondern dessen Finanzierung er auch gesichert hatte. Wenn man so will, war Hoeneß in diesem Moment aktiver Spieler, Breitners Spielerberater und bereits Bayern-Manager. Die Idee für die Finanzierung des Geschäfts hatte sich Hoeneß pikanterweise ausgerechnet von den Braunschweigern abgeschaut. Bis dato war der Schriftzug des Sportartikelherstellers Adidas auf den roten Bayern-Trikots gewesen, und eine sportfremde Firma galt als tabu.
Da Hoeneß seine Kontakte in die Heimat Ulm nie hatte abreißen lassen, konnte er aber den Lastwagenhersteller Magirus Deutz dazu überreden, sich an der Säbener Straße zu engagieren. Hoeneß fädelte den Deal ein, und Schwan führte die Verhandlungen zum Abschluss. Fixiert wurde der Vertrag dann im Traditionsrestaurant »Franziskaner« in München auf einer Speisekarte. Die 2,25 Millionen DM, die der FC Bayern für einen Dreijahresvertrag bekam, wurden für die Finanzierung der Breitner-Ablöse, die mit 1,96 Millionen DM für damalige Verhältnisse exorbitant hoch war, hergenommen. »Innerhalb einer Woche hatte Uli das Geld aufgetrieben«, so Breitner, »dann konnte ich nicht mehr anders und habe mir gesagt: ›So, und jetzt kehrst heim nach München.‹ Es war Ulis Verdienst.«
Und mehr als ein Freundschaftsdienst. Paul Breitner beschreibt die außergewöhnliche Freundschaft auf der DVD »Die Profis« so: »Wir haben uns 1966 in der Schüler-Nationalmannschaft kennengelernt und seitdem einfach wunderbar verstanden. Für viele, die uns damals beobachtet haben, war das sehr merkwürdig, weil wir auf den ersten Blick so überhaupt nicht zusammengepasst haben. Wir hatten völlig andere Interessen, oftmals völlig konträre Meinungen – aber das war ja das Gute. Jeder hat den anderen in Ruhe gelassen, keiner wollte den anderen belehren, keiner musste sich vor dem anderen in irgendeiner Weise rechtfertigen. Auf andere haben der Uli und ich den Eindruck eines alten Ehepaares gemacht. Es war oft so, dass der eine für den anderen gedacht hat oder etwas ausgesponnen hat und der andere dann meinte: ›Das wollte ich jetzt auch gerade sagen.‹ Wenn du mit jemandem über Jahre beieinander bist und denjenigen immer wieder das Gleiche am Telefon sagen hörst, und es ruft ein wildfremder Mensch an, dann reagierst du genau wie der andere und weißt, wie er denkt, was er zu demjenigen jetzt sagen würde. Wir haben uns manchmal ans Hirn gegriffen und gesagt: ›Mensch, sind wir jetzt schon so weit? Gibt’s denn das
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