Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
augenzwinkernd hinzu, »man sagt, die Frauen der Indianerstämme seien sehr heißblütig. Diese Gelegenheit wirst du dir doch nicht entgehen lassen, oder?«
»Alas …«
»Meine Güte, du bist wirklich stur wie ein Esel! Hör mal … ich bitte dich doch nur, dich mit dem Pelzhändler zu treffen. Er stellt eine Expedition für das Frühjahr auf und sucht achtzig Männer, von denen er schon dreiundsechzig beisammen hat …«
Coll zog an seiner Pfeife, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Zerstreut lauschte er seinem Bruder, der sich verzweifelt bemühte, ihn zu überzeugen. Vor fast zwei Monaten waren sie aus der Armee entlassen worden. Seitdem waren sie herumgezogen, hatten Gelegenheitsarbeiten verrichtet und sich meist von hartem Brot und fauligem Wasser ernährt. Nur Finlay hatte eine feste Arbeit gefunden und ging bei einem Schuster in der Oberstadt in die Lehre, übte also wieder denselben Beruf aus wie seinerzeit bei der Armee. Alexander und Munro hatten beschlossen, in dem unendlich weiten Land auf Abenteuer auszugehen. Aber ihm erschien diese Aussicht nicht besonders anziehend. Nach mehreren Jahren Krieg sehnte er sich nach ein wenig Ruhe und Frieden. Sein Bruder erging sich inzwischen über die lockeren Sitten der Indianerinnen. Coll unterbrach ihn schroff.
»Warum nimmst du nicht Maître Dumoulins Angebot an? Dann könntest du in Québec mit Émilie eine Familie gründen… Sie wartet doch nur darauf, dass du sie um ihre Hand bittest!«
Alexander verstummte und schaute auf das schäumende Nass hinunter, das in seinem Glas schwappte. Maître Dumoulin war Zimmermann und arbeitete am Wiederaufbau der großen Kathedrale von Québec mit. Die Ursulinen hatten ihm von seinem Talent als Holzschnitzer erzählt, und der Mann hatte ihm angeboten, die Ausschmückung der Bänke zu übernehmen. Die Arbeit wurde gut bezahlt, und er hätte das Handwerk von einem Meister lernen können. Aber ihm stand der Sinn nach Höherem. Der Pelzhandel bot so viel mehr Möglichkeiten…
Doch er hatte auch an Émilie zu denken. Die junge Frau erholte sich nur langsam von ihrer Fehlgeburt. Natürlich war er der Vater des Kindes gewesen, das sie verloren hatte. Doch er hatte sich seltsam erleichtert gefühlt, als er diese Rolle nicht anzutreten brauchte. Obwohl er praktisch mit Émilie zusammenlebte, konnte er sich nicht entscheiden, ihr Verhältnis zu legalisieren. Er liebte sie nicht wirklich und konnte sich unter diesen Umständen nicht vorstellen, sie zu heiraten. Ob er je in der Lage sein würde, eine andere Frau als Isabelle zu lieben … ?
Es war Zeit, Québec zu verlassen. Coll kehrte mit den ersten Schiffen, welche die Soldaten in die Heimat zurückbrachten, nach Schottland zurück. Sein Bruder hatte ihn vergeblich zu überzeugen versucht, mit ihm zu gehen. Aber Alexander hatte sich geweigert. Sein Leben war jetzt hier. Außerdem brannte er darauf, John wiederzusehen. Sein Zwillingsbruder war Trapper, da hatte er eher Aussichten, ihm wieder zu begegnen, wenn er mit der Expedition des kanadischen Pelzhändlers ging. Zudem würde das Abenteuer ihn einige Zeit körperlich und geistig beschäftigen.
Munro hatte ihm den Mann vor zwei Wochen vorgestellt. Damals hatten sie in einer Taverne in der Unterstadt ein Glas miteinander getrunken. Am Tag nach Émilies Fehlgeburt war das gewesen. Die Erzählungen des Händlers waren derart spannend gewesen! Er behauptete, das »braune Gold«, wie man das Biberfell nannte, könne einen Mann, der sich nicht vor schwerer Arbeit scheue, wohlhabend machen. Alexander hatte nicht widerstehen können… obwohl er sich schämte, Émilie in einer für sie furchtbar schweren Zeit allein zu lassen. Zugleich hatte er immerhin einen ehrlichen Grund, Abstand von der jungen Frau zu gewinnen.
»Wer ist eigentlich dieser Händler?«, erkundigte sich Coll und blies einen Rauchring.
Ein Lächeln erhellte Munros Gesicht.
»Van der … den Rest weiß ich nicht mehr. Soweit ich weiß, stammt er aus Montréal.«
»Er arbeitet auf eigene Rechnung und stellt seine Expeditionen mit den Mitteln seiner Gesellschaft auf«, erklärte Alexander. »Er hat nichts mit der Hudson’s Bay Company zu tun, die von den Engländern kontrolliert wird. Lieber arbeitet er mit den Amerikanern zusammen, die versuchen, sich die Routen der französischen Gesellschaften anzueignen und im Westen der Großen Seen neue zu öffnen. Er ist jetzt nach Montréal zurückgekehrt, aber wenn
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