Highland-Vampir
wollten sie durch ihren Gesang den Frühling herbeizaubern. Da allerdings würden sie sich noch sehr anstrengen müssen.
Er war vorsichtig und verglich sich selbst mit einem misstrauischen alten Löwen, der seinen Weg ging, um einen Rivalen im Revier zu stellen. Seine Waffe, den Pfahl, trug er bei sich. Diesem Eichenpflock verdankte er seinen Kampfnamen Pfähler. Er wusste nicht, wie viele dieser verdammten Blutsauger er schon damit zur Hölle geschickt hatte. Es waren für ihn nicht genug, denn sie tauchten immer wieder auf, sodass Marek nicht der Gedanke kam, sich zur Ruhe zu setzen.
Der Wald war noch licht. Erst in einigen Wochen würden die Bäume wieder belaubt sein. So aber hatte er eine recht gute Sicht. Abgesehen von den Nadelbäumen, die ihr grünes Kleid auch im Winter nicht verloren.
Das Licht schimmerte durch die Lücken wie eine ferne Laterne. Sie schien im Nichts zu hängen und war nichts anderes als ein verschwommenes Auge. Aber sie war der Punkt, den der Pfähler anvisieren musste. Markanter hätte er nicht sein können.
Marek war jetzt noch mehr auf der Hut. Er wollte Joshi zwar einen Besuch abstatten, aber er würde nicht offiziell seinen Bau betreten, sich vorstellen und ihn fragen, was er denn so trieb und ob er nun ein Vampir war oder nicht.
Manchmal fand der Wind seinen Weg durch den Wald und umwehte Marek wie ein kühler Schal. Er nahm den feuchten Geruch des Bodens wahr. Er hörte das Plätschern dünner Rinnsale, er atmete die klare Luft ein und merkte auch, dass das Licht des Tages dabei war, den Kampf zu verlieren. Der Himmel lag über den Bergen als bleigraue Schicht. Der Mond und die Gestirne waren noch nicht zu sehen. Es war die Stunde zwischen Tag und Traum, die Frantisek ausnutzte und zunächst stehen blieb, als er den Rand der Lichtung erreichte.
Er wollte sich die Umgebung anschauen und richtete seinen Blick auf die Hütte.
Ja, es war eine Hütte, denn als Haus konnte der kleine Bau nicht bezeichnet werden. Joshi hatte sie aus Holz gebaut, sogar mit einem kleinen Anbau versehen, der an der Rückseite wie ein dicker Knubbel hervorstach und in dessen Verlängerung sich am Rand der Lichtung die Bienenstöcke befanden. Man hatte sie abgedeckt. Sie lagen in tiefem Winterschlaf.
Überhaupt hatte die Stille hier die Oberhand gewonnen. Sie verteilte sich schwer wie Blei auf der kleinen Lichtung, und nur das Licht hinter einem der Fenster bewies, dass überhaupt jemand in der Holzhütte lebte.
Marek hätte jetzt auf den Bau zugehen und anklopfen können. So einfach wollte er es sich und diesem Joshi jedoch nicht machen. Wenn stimmte, was die Frau im Laden gesagt hatte, dann war es besser, wenn er sich einen anderen Weg suchte und zunächst mal einen Blick in die Hütte hineinwarf, ohne gesehen zu werden.
Marek spürte das Kribbeln. Er kannte das Gefühl, das durch seinen Körper rieselte und auch die Fingerspitzen erreichte. Es trat immer dann auf, wenn er dicht vor einem bestimmten Ziel stand. In den meisten der Fälle hatte er sich darauf verlassen können, dass dieses Gefühl stimmte, und so wurde er auch jetzt noch vorsichtiger.
Marek blieb am Waldrand. Er ging allerdings weiter und nutzte die Bäume als Deckung aus. Er schob das manchmal sperrige Buschwerk zur Seite und hoffte, dass er nicht zu viele Geräusche verursachte.
Wer so einsam lebte wie dieser Joshi, hielt sich in der Regel einen Hund. Das war hier zum Glück nicht der Fall. Es gab kein Tier, das die Ankunft des Mannes meldete, und Marek konnte zufrieden sein.
Ebenso wie mit der Dämmerung, deren Netzwerk immer dichter wurde und längst die Lichtung umspannt hielt. Es sorgte dafür, dass auch der schleichende Pfähler zu einem Schatten wurde.
Auf dem Boden hatte sich eine dicke Schicht aus Laub, Moos und Gras gebildet, die seine Schritte dämpfte, sodass sie selbst für ihn schwer zu hören waren.
Die Hütte rückte immer näher. Auf eine Besichtigung der abgedeckten Bienenstöcke verzichtete er und blieb an der schmaleren Seite stehen. Er nahm den Geruch des feuchten Holzes wahr und stand günstig im toten Winkel, denn das Licht drang aus den Fenstern an der Vorderseite.
Die dicken Wände ließen kein Geräusch nach außen dringen. In der Stille war nur sein eigener Atem zu hören, und auch der Wind wehte weit oberhalb der Hütte hinweg.
Marek wartete einige Sekunden ab, bevor er sich wieder in Bewegung setzte und auf leisen Sohlen der Hausecke entgegenschlich. Er hielt den Atem an, weil er plötzlich ein
Weitere Kostenlose Bücher