Highland-Vampir
Geräusch hörte. Sofort blieb er stehen.
Das Geräusch war am oder im Haus aufgeklungen. Ein hart klingendes Schaben, als wäre ein Gegenstand aus der Verklemmung gelöst worden. Möglicherweise eine Tür oder ein Fenster. Er spähte vorsichtig um die Ecke.
Er hatte befürchtet, dass dieser Joshi seine Hütte verlassen hatte, aber vor dem Haus zeigte sich niemand. Die Lichtung blieb erfüllt von dieser frühabendlichen Ruhe.
Marek gab sich noch eine halbe Minute. Er war es gewohnt, warten zu können, und deshalb machte es ihm auch nichts aus, so lange zu verweilen, auch wenn die Spannung immer mehr in ihm anstieg.
Die Dunkelheit hatte der Lichtung ein anderes Aussehen gegeben. Da waren die Bäume und das Buschwerk zu einer Kulisse geworden. Es gab keine Lücken mehr, und selbst dort, wo das Gelände vor dem Haus frei lag, hatten die Schatten für eine andere Welt gesorgt.
Marek lockerte seinen Pfahl, den er in einer Schlinge trug, die am Hosengürtel befestigt war. Auch das war seine Konstruktion, aber er würde die Waffe erst ziehen, wenn Gefahr drohte. Noch gab es keinen Beweis dafür, dass die Frau aus dem Laden Recht hatte.
Der Pfähler näherte sich dem ersten Fenster und schlich dabei dicht an der Hüttenwand entlang. Bevor er den gelblich trüben Lichtschein erreichte, duckte er sich und sah zu, dass er unter das Fenster kam. Jetzt brauchte er sich nur in die Höhe zu schieben, um in die Hütte schauen zu können.
Marek kam sich vor wie der Jäger auf der Pirsch. Er war alles andere als ein junger Mann, hatte hier und da seine Zipperlein und Probleme mit den Bewegungen, in diesem Fall allerdings fühlte er sich um Jahre verjüngt. Er freute sich darauf, wieder mitmischen zu können, wenn es denn stimmte, was ihm übermittelt worden war.
Er blieb noch für eine Weile unter dem Fenster hocken und schob sich dann behutsam in die Höhe. Er wollte einen vorsichtigen Blick in die Hütte werfen und hoffte, dass der Bewohner nicht genau in diesem Augenblick zum Fenster schaute und ihn entdeckte.
Marek hatte Glück. Niemand interessierte sich für das Fenster, und so verschaffte er sich einen ersten raschen Überblick, der gar nicht so übel aussah.
Der Raum vor ihm war leer. Zumindest menschenleer. Er sah einen Tisch, auf dem eine Lampe mit einem alten Pergamentschirm stand. Er sah zwei leere Stühle, aber er sah auch die Flasche, die auf dem Tisch stand, und das Glas daneben.
Wer dort gesessen hatte, der hatte auch getrunken. Marek ging davon aus, dass der Mann wieder zurückkehren würde. Er musste nur etwas Geduld haben.
Der erste Blick war für ihn günstig gewesen. Er wollte allerdings eine andere Haltung einnehmen. Dieses geduckte Stehen war ihm auf die Dauer zu unbequem. Das hätte leicht zu einer Verkrampfung und zu einer Steifheit geführt.
Frantisek richtete sich auf, aber er schaute jetzt von der Seite her durch das Fenster und war besonders daran interessiert, den Sitzplatz vor der Flasche und dem Glas zu beobachten.
Auch in den folgenden Sekunden ließ sich der Besitzer der Hütte nicht blicken. Er war irgendwo in das Dunkel eingetaucht, denn im Innern gab nur die einsame Lampe auf dem Tisch die Helligkeit ab.
Und dann kam er.
Der Mann tauchte so plötzlich auf, dass Marek zusammenzuckte. Aus der Dunkelheit löste sich die Gestalt wie ein übergroßer Waldschrat. Vom eigenen Schatten begleitet, näherte sie sich dem Tisch und ließ sich auf dem Stuhl nieder, der für den heimlichen Beobachter in einer perfekten Blickrichtung stand.
Auch das Licht der Lampe reichte aus, um die Gestalt des Imkers zu erreichen. Vom Aussehen her passte er in den Wald hinein. Das Haar umwuchs das Gesicht wie eine dunkle Wolle, die sich auf ihm verteilte, sodass Marek die Haut schon suchen musste. Er sah die Nase, die Augen, aber nicht den Mund, denn er war unter dem dunklen Gestrüpp verschwunden.
Die Kleidung interessierte den heimlichen Beobachter nicht, aber Marek stellte sich schon die Frage, ob er es hier mit einem Blutsauger zu tun hatte oder nicht.
Joshi hatte seinen Platz eingenommen, als er noch einmal etwas tat. Er griff in die Tasche seiner Jacke und holte ein Glas hervor, dass er auf den Tisch stellte. Von der Größe her war es mit einem Einmachglas zu vergleichen, das geschlossen war, nicht mit einem Deckel, sondern mit einem Blechverschluss, der aufgedreht werden musste.
Das Glas musste für den Imker sehr wichtig sein, denn er schaute es mit einem fast hypnotischen Blick an. Was darin war,
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