Hilfe! Gaby in Gefahr!
Gewalt.“
Niedermacher wurde weiß wie die
Wand, vor der er saß.
„Aber wohin denn?“
„Zum Unfall-Krankenhaus. Sie
heißen jetzt einfach Molnitzka und sind der jüngere Bruder des Kranken. Sie
wollen ihn unbedingt sehen, und ich, der kleine Bruder, komme mit. Bitte,
rasch! Jede Sekunde ist kostbar.“
*
Unfall-Krankenhaus, Innere
Station.
Die Schwester von der
Nachtwache schüttelte den Kopf.
„Ihr Bruder, Herr Dr.
Molnitzka, liegt nicht mehr auf der Intensiv-Station. Sein Zustand hat sich
etwas gebessert, und wir benötigen die Plätze dort für noch dringendere Fälle.
Er hat jetzt ein Einzelzimmer. Aber, bitte, bleiben Sie nicht länger als fünf
Minuten. Er braucht absolute Ruhe.“
Niedermacher nickte. Angeblich
waren er und Tim, die lieben Geschwister, von weither gekommen, gerade eben,
weil sie heute erst erfahren hatten, was mit Brüderlein Hubert passiert war.
Dämmriges Licht. Ein kleiner
Raum. Molnitzka lag in seinem Bett, die Augen geschlossen. Mit dünnen Kabeln
war er angeschlossen an Apparate, die seinen Herzschlag überwachten. Außerdem
hing er am Tropf. Durch eine Kanüle tropfte irgendwas Lebens-Erhaltendes in
sein Adersystem.
Die Schwester blieb draußen.
Ihr Glück.
Tim hätte sie sonst in den
Schwitzkasten nehmen müssen.
Kalter Schweiß lief über
Niedermachers Gesicht. Der junge Pauker betete, daß alles gut ausgehe.
Tim trat zu Molnitzka ans Bett.
Der Patient schlug die Augen
auf.
Tim beugte sich vor.
„Molnitzka! Dein Komplize hat
meine Freundin in seine Gewalt gebracht. Dein Komplize ist ein Wahnsinniger,
ein Triebverbrecher. Den Kommissar hast du angelogen. Mich wirst du nicht
anlügen. Sonst bist du tot, wenn ich hier rausgehe.“
Tim nahm das Kissen, das auf
einem Stuhl lag, und näherte es Molnitzkas Gesicht.
„Also! Wie heißt der Abschaum?
Wo wohnt er?“
Mühsam bewegte Molnitzka die
Lippen.
Aber Tim verstand, was er
sagte.
*
Das winzige Haus, halb
verfallen, lag am Ende der Straße, die zur Stadt hinausführt auf Rieselfelder,
in eine öde und recht verlassene Gegend.
Die Sause-Ente hielt nur eine
Sekunde, fuhr dann weiter zur nächsten Telefonzelle, wo Dr. Niedermacher die
Polizei anrufen würde. Dem TKKG-Häuptling genügte das zum Aussteigen.
Er rannte das kurze Stück die
Straße entlang und durch die Einfahrt, wo ein unauffälliger Wagen parkte, zum
Haus.
Licht hinter allen Fenstern.
Aber die Vorhänge waren geschlossen.
Tim wollte zur Tür hetzen,
bemerkte aber den Spalt zwischen den geblümten Vorhängen und konnte in den Raum
sehen.
Gaby lag auf einer Couch, an
Händen und Füßen gefesselt, um den Mund ein Tuch gebunden als Knebel. Ihr
Gesicht war verzerrt vor Angst. Sie versuchte, sich aufzubäumen. Aber der
Unhold hatte ihre Schultern gepackt und hielt sein Opfer nieder.
Tim nahm fünf Schritte Anlauf
und kreuzte schützend die Arme vor dem Gesicht.
So flog er — jeder Stuntman
hätte den Hut gezogen — durch das geschlossene Fenster und landete — mit nur
zwei kleinen Schnittwunden an Hand und Nacken — auf dem Teppich, direkt hinter
dem Unhold.
Glas prasselte noch, Splitter
klirrten.
Der Verbrecher schnellte hoch
und herum.
Gaby hätte geschrien vor Freude
und Erleichterung, wäre nicht der verdammte Knebel gewesen.
Dann wälzte sie sich herum,
Gesicht zur Wand, weil sie nicht mit ansehen konnte, was sich da abspielte. Sie
hörte nur ein paar kräftige Schläge und dann ein Plumpsen.
Als der TKKG-Häuptling Gabys
Fessel aufknotete und den Knebel entfernte, waren Gabys erste Worte: „Tim, um
Himmels willen! Hoffentlich hast du ihn nicht umgebracht.“
Tim schloß seine Freundin in
die Arme.
„Der lebt. Er soll ja die
Jahrzehnte noch genießen, die er hinter Gittern verbringt. Die Polizei wird ihn
gleich abholen. Dr. Niedermacher hat schon angerufen.“
Tim deutete in die Ecke, wo
Diel bewußtlos schlummerte, von einem fürchterlichen Karateschlag gefällt.
*
Die Jungs, Dr. Niedermacher und
Familie Glockner trennten sich erst spät in dieser Nacht.
Schlafen konnte sowieso keiner.
Was geschehen war, belastete die Gemüter. Nur um Haaresbreite war Gaby einer
Katastrophe entgangen, die ihr Leben verändert hätte — wahrscheinlich für
immer.
Richtig bewußt wurde ihr das
sicherlich erst nach und nach; und sie mußte selbst damit fertigwerden — auch
mit ihrer Schuld durch Leichtsinn.
Als Tim dann endlich im Bett
lag, ungeduscht wegen der späten Stunde, stellte er Parfum-Duft an sich
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