Hilfe, mein Chef ist ein Affe
Mitglieder der Affengruppe. Das Imponierverhalten ihres Anführers vermittelt ihnen ein Gefühl der Sicherheit und bestätigt die Sozialstruktur. Je angriffslustiger er sich gebärdet, desto friedlicher verläuft interessanterweise das Zusammenleben der Gruppe insgesamt.
Auch männliche Bartaffen und Mantelpaviane legen ein Imponiergehabe an den Tag, das uns staunen lässt, vor allem wenn sie sich bedroht fühlen: Sie zeigen ihre Zähne, und zwar mittels eines beiläufig anmutenden Gähnens. Wir denken bei dem Anblick an Müdigkeit oder Langeweile, in Wirklichkeit aber handelt es sich um eine Drohgebärde. Das Tier präsentiert seine Waffen: die spitzen Eckzähne, mit denen es einen Gegner ernsthaft verletzen kann.
Ein Streit zwischen zwei Berberaffen. Sobald einer von beiden wegläuft, wird die Machtverteilung offensichtlich. Der Jagende ist dann eindeutig der dominante Affe. Der Streit mag zwar auf Außenstehende brutal wirken, verletzt wird dabei trotzdem niemand. Meist geht es einfach nur darum, klare Verhältnisse zu schaffen, sodass die Macht wieder eindeutig verteilt wird. Die Berberaffen leben in einer relativ ausgeglichenen Hierarchie zusammen. Die gezeigte Situation kann sich also jederzeit »umdrehen«, sobald die Karten neu gemischt werden.
Ein weiteres Beispiel sind die Bonobomännchen, die mit Zweigen oder Stroh in den Händen aufrecht durchs Gehege laufen, dabei laut kreischen und breit grinsen. Diese Show kommt bei Zoobesuchern gut an, weniger beeindruckt sind natürlich die Bonoboweibchen (siehe vorhergehendes Unterkapitel).
• Ob Ansprache, Pressekonferenz oder Geschäftsbericht: Auch im Büro wird um die Macht gekämpft.
Gibt es denn auch im Büro ein Imponiergehabe, mit dem Führungskräfte um die Macht kämpfen? Fest steht, dass bei menschlichen Chefs die Macht nicht unbedingt mit körperlicher Kraft einhergeht. Abgesehen natürlich von ein paar »Diktatoren«, die gern mal mit der Faust auf den Tisch hauen. Auch bei Meetings kann so ein Chef ein Hämmerchen benutzen, um »mit körperlicher Gewalt« Ruhe anzumahnen, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken oder zum nächsten Tagesordnungspunkt überzugehen.
Trotzdem manifestiert sich die Macht in unserem Arbeitsalltag eher in verbalem Imponiergehabe als in körperlichem Kräftemessen. Führungskräfte bekunden ihre Macht durch das, was sie sagen, und wie sie es sagen: in einer Ansprache, einer Präsentation oder auch im lockeren Gespräch. Andere geben gern Anekdoten oder Erfolgsgeschichten zum Besten, um ihre Verdienste ins rechte Licht zu rücken. Auch ich konnte schon mehrmals beobachten, dass es sich bei den Antrittsreden neuer Vorgesetzter um sehr deutliches Imponierverhalten handelt: Sie schmücken ihren Werdegang aus, rühmen ihre Erfolge, erwähnen ganz nebenbei ihre Bekanntschaft mit diversen Prominenten und präsentieren ihre ehrgeizigen Pläne so energisch, dass man als Zuhörer einfach beeindruckt sein muss. Klar, was später daraus wird, ist eine andere Sache. Der erste Eindruck jedenfalls steht fest.
Darüber hinaus trommeln sich viele Führungskräfte auch außerhalb des Unternehmens im übertragenen Sinn auf die Brust. Gerade im Umgang mit den Medien wird das deutlich: Ein Chef stellt der Öffentlichkeit, etwa im Rahmen einer Pressekonferenz, mit ausdrucksstarken Worten seine hochfliegenden Pläne vor. Notwendige Umstrukturierungen bezeichnet er gerne als »Operationen« und vermittelt so den Eindruck, es gelte eine Schlacht zu schlagen.
Imponierende Waffen. Ein Bartaffe präsentiert beim vermeintlichen Gähnen seine gefährlichen Eckzähne.
Auch mit einem Geschäftsbericht kann ein Chef Imponiergehabe zeigen. Oft geht es darin um weit mehr als nur um die nüchternen Fakten. Viele Führungskräfte wollen ein Statement abgeben und gestalten den Bericht als Hochglanzmagazin oder gar als Buch. Fotografen werden engagiert, um den Boss möglichst vorteilhaft abzulichten, nicht selten in Posen, wie man sie auf offiziellen Porträts ehemaliger Könige oder Präsidenten sieht. Der Geschäftsbericht soll nämlich nicht nur nach außen hin Eindruck machen, sondern vor allem innerhalb des Unternehmens selbst.
Hier komme ich! Ein Bonobomännchen, das seine Kraft demonstriert, ist ein eher ungewöhnlicher Anblick, denn bei dieser Art haben die Weibchen das Sagen. Sie wissen auch ganz genau, dass das Imponiergehabe der Männchen nicht ihnen gilt, sondern den Zoobesuchern jenseits des Geheges.
Schau mal, wie gesund ich bin!
Affen
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