Hilfe, mein Chef ist ein Affe
Häufigkeit dieser Aktivitäten hängen nämlich vom jeweiligen Chef ab. Meist tut er sich dabei in Form einer Präsentation, einer Ansprache oder eines Empfangs besonders hervor. Man könnte hier von einer »Wir-Taktik« sprechen, weil die Führungskraft ihre Position festigt, indem sie ein Wir-Gefühl schafft und zugleich ihre Macht demonstriert, was vielen ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Ein Chef, der diese Taktik anwendet, arbeitet häufig auch mit »offener« Tür: Er ist für seine Angestellten leicht erreichbar und kennt, auch in einem großen Unternehmen, jeden von ihnen namentlich.
Auch Schimpansen-Chefs stärken das Wir-Gefühl: Um ihre Position zu stabilisieren, suchen sie nicht nur Unterstützung bei anderen hochrangigen Gruppenmitgliedern, sie pflegen auch den Kontakt zu rangniederen Tieren. Es gibt zum Beispiel männliche Schimpansen, die ihre Machtposition der Unterstützung verdanken, die sie bei Konflikten vonseiten der Weibchen und Jungtiere (das heißt im Allgemeinen rangniederer Individuen) erhalten.
Amigos
Eine andere, weniger auf die breite Masse abzielende Technik, mit der Führungskräfte ihre Position in der Unternehmenshierarchie festigen, möchte ich »Cliquenbildung« nennen. Dabei erwirbt sich der Chef selektiv die Unterstützung jener Personen, die für seine Macht von entscheidender Bedeutung sind. Bei diesem Spiel genießen oft beide Parteien deutliche Vorteile: auf der einen Seite der Chef, weil er Unterstützung erhält. Dadurch kann er die Position, die er zunächst nur auf dem Papier einnimmt, auch in der Realität etablieren. Auf der anderen Seite die unterstützende Person, weil sie die Möglichkeit hat, ihre eigene Position zu verbessern.
• Ein Chef, der seine »Freunde« um sich schart, kann seine Position besser ausfüllen.
Die Belegschaft selbst bekommt einen solchen Chef leider kaum zu Gesicht. Trotzdem beginnt, sobald ein neuer Boss diese Taktik fährt, auf allen Ebenen ein geheimnisvolles Spiel: Angestellte nutzen die sich plötzlich auftuenden Möglichkeiten, Positionen werden geschaffen und mit neuen Leuten besetzt. Informationen werden auf allen Ebenen nicht mehr über offizielle Zusammenkünfte verbreitet, sondern nur an einzelne Auserwählte weitergegeben. Statt großer Betriebsfeste finden Dinners im kleinen Kreis statt.
Die Technik der Cliquenbildung finden wir auch bei unseren tierischen Verwandten. Im Zoo von Arnheim hat man beispielsweise Folgendes beobachtet: Ein einzelnes Schimpansenmännchen bekam selektiv von ein oder zwei anderen Männchen Unterstützung im Tausch gegen Vergünstigungen und konnte sich dadurch lange an der Macht halten. Es verfolgte eine geschickte Strategie des Teilens und Herrschens, um zu verhindern, dass die anderen erwachsenen Männchen sich zusammentaten. Denn das hätte zu einer Machtübernahme führen können. Der Schimpanse missbrauchte also seine Macht, um zwei andere gegeneinander auszuspielen, etwa indem er bei Konflikten bald dem einen, bald dem anderen beisprang. Manchmal gewährte er auch Vergünstigungen, wie die Paarung mit bestimmten Weibchen.
Zuneigung und Ergebenheit. Mit gebleckten Zähnen, Zähneklappern und halb geschlossenen Augen sagen sich diese Berberaffen: »Hab keine Angst.«
Übrigens sind sogenannte Vergünstigungen auch im Unternehmen eine hervorragende Möglichkeit, sich Unterstützung zu verschaffen. Wir finden sie in Form von Beförderung, Gehaltserhöhung und Firmenwagen.
Schaut nur: Alle sehen auf uns!
Mit den beschriebenen Techniken wendet sich ein neuer Chef seiner eigenen Gruppe, also seinen Angestellten und Kollegen, zu. Es gibt aber noch eine Möglichkeit, mit der man die »wahre« Macht erobern kann: der Kontakt zur Außenwelt. Denn für jeden Anführer ist es wichtig, wie man außerhalb des »Affenkäfigs« über ihn denkt.
Im Zoo lässt sich wunderbar das Imponiergehabe dominanter männlicher Affen gegenüber den Besuchern beobachten, ein höchst amüsantes Schauspiel, solange man durch dickes Glas oder einen breiten Wassergraben voneinander getrennt ist. Die Botschaft gilt dabei nicht nur den Zuschauern, sondern auch den anderen Mitgliedern der Affengruppe: »Schaut her, ich verteidige euch, und ich bin so stark, dass ich auch denen da draußen imponiere.«
• Ein Chef, der von sich reden macht, bleibt in aller Munde.
In der menschlichen Welt funktioniert das genauso: Jedes Unternehmen verschickt Botschaften an die Kollegen »auf der anderen Seite der Scheibe«. Ein
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