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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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wieder verletzte. Dennoch schienen die beiden aneinander zu hängen, sonst hätten sie wohl kaum so viele Reisen gemeinsam unternommen.
    Christian lehnte mit dem Rücken gegen den Akazienstamm und hatte die Augen geschlossen. Er sah erschöpft aus. Als sie jedoch seine Hände fasste, waren sie kühl, er schien kein Fieber zu haben.
    » Wie geht es dir?«, fragte sie ihn leise. » Ich übe mich im Träumen«, antwortete er und blinzelte sie an. » Leider will sich der Kilimandscharo heute nicht zeigen, aber ich versuche es mit den Wolken.«
    Sie musste lachen und rieb seine Hände zwischen den ihren, ohne sie wärmen zu können, doch sie spürte, dass die Berührung ihm guttat. Inzwischen hatte sich Dr. Meyerwald wieder gefasst und berichtete von den » afrikanischen Negern«, die man seinerzeit nach Europa brachte und dem deutschen Kaiser vorstellte. Es sei doch hochinteressant, wie wenig diese ungebildeten Wilden von der Größe und Macht des deutschen Reiches zu begreifen imstande gewesen waren, was ganz offensichtlich daran lag, dass sie das Gesehene weder deuten noch in Worte fassen konnten– die Sprache der Neger sei wohlgemerkt recht arm an Ausdrücken.
    Von Roden hörte sich den Vortrag schweigend an, wobei sein Blick immer wieder zu Charlotte hinüberwanderte. Ein heiteres Funkeln lag in seinen Augen, das sie nach einiger Zeit mit einem kleinen, verständnisinnigen Lächeln beantwortete. Sie war froh, dass es ihm gelang, ihren Verdruss über diesen lästigen Schwätzer in Heiterkeit zu verwandeln. Der Aufbruch zur letzten Etappe fiel allen schwer. Sogar von Roden behauptete, müde Beine zu haben, doch jetzt sei es nur noch ein Katzensprung, und auf der Plantage erwarte sie ein köstliches Mahl und ein weiches Lager. Auch der Maler Dobner, der sich ernsthaft mit dem Gedanken trug, in Moshi zu bleiben, ließ sich schließlich überreden mitzukommen. Er stellte jedoch die Bedingung, auf keinen Fall mit Herrn Dr. Meyerwald im gleichen Raum nächtigen zu müssen.
    Eine knappe Stunde vor Sonnenuntergang, nach einem anstrengenden Ritt, der über schmale Pfade bergauf führte, erreichten sie das hohe, weiß gestrichene Tor, das von Roden am Eingang seines Besitzes hatte errichten lassen. Darauf prangte das bunt gemalte Wappen der Familie von Roden: drei rote Eichenblätter auf grünweißem Grund.
    Charlotte war so erschöpft, dass sie nur noch schlafen wollte, nicht einmal der Anblick der üppigen Vegetation, der sanft gewellten Felder und der parkartigen Grünanlage mit einem Teich in der Mitte konnte sie noch begeistern. Nur das Wohnhaus, zu dem ein breiter, von Akazien gesäumter Weg hinführte, zog sie wie magisch an– ein schmuckloses, kastenförmiges Gebäude, hinter dessen Mauern ein hoffentlich weiches Lager auf sie wartete.
    Schwarze Angestellte liefen ihnen schon auf dem Weg entgegen, begrüßten ihren bwana Roden und seine Gäste mit ganz offensichtlicher Freude und begleiteten sie bis zum Wohnhaus. Charlotte musste die Zähne zusammenbeißen, als sie von ihrem Maultier stieg. Ihre Oberschenkel schmerzten höllisch, vermutlich würde sie morgen früh kaum einen Schritt tun können. Sie war froh, dass von Roden ihr seinen Arm bot, um sie über die Schwelle zu führen.
    » Sie haben doch nichts dagegen, Ohlsen?«, fragte er Christian lächelnd. » Es ist das erste Mal, dass eine weiße Frau mein Haus betritt, und ich muss unbedingt wissen, ob diese Hütte Gnade vor ihren Augen findet.«
    Christian war viel zu müde, um etwas einzuwenden. Langsam und steif schleppte er sich hinter Dr. Meyerwald her; Dobner trat als Letzter ins Haus, so geistesabwesend, dass er sich den Kopf an der Türeinfassung stieß.
    » Nun– was sagen Sie?«, rief von Roden erwartungsvoll.
    Das Erste, das Charlotte ins Auge fiel, war ein Klavier. Ein kleines Instrument aus poliertem, braunem Holz, die Tastatur von runden Säulchen gestützt, auf den ausgeklappten Metallhaltern steckten weiße Kerzen. Dann erblickte sie ein Löwenfell an der Wand, eine prächtige Trophäe mit Kopf und Krallen, auf die jeder Jäger stolz sein konnte.
    » Das schaut ja recht gemütlich aus!«, ließ sich Dr. Meyerwald vernehmen. » Gratuliere, von Roden. Ganz wie daheim.«
    Die sonstige Einrichtung erinnerte an die, die Charlotte bei den weißen Offiziersfrauen in Daressalam gesehen hatte und die diese offenbar so liebten: Es gab wallende, von der Zimmerdecke bis zum Boden reichende Vorhänge, gerahmte Fotografien aus der Heimat, einen gemauerten Ofen,

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