Himmel über dem Kilimandscharo
und Dr. Meyerwald über die Usambara-Bahn sprachen, die von Tanga aus bis zum Viktoria-See führen sollte, einstweilen jedoch recht langsame Fortschritte machte.
» Die Gesellschaft scheint finanziell am Ende zu sein«, meinte von Roden. » Da muss das Reich eingreifen. Ich bin sicher, dass ich in einigen Jahren meine Ernte per Eisenbahn an die Küste schaffen werde.«
» Sie scheinen mir ein unverbesserlicher Optimist zu sein, mein lieber von Roden…«
Sie hörte sein unbekümmertes Lachen. Als sie ins Wohnzimmer trat, sprang er auf, um ihr den Stuhl zurechtzurücken, dann erhob er sein Glas und erklärte, wie außerordentlich stolz er sei, solch angenehme Gäste aus der Heimat bei sich begrüßen zu dürfen. Seine Worte klangen ehrlich und fanden höfliche Erwiderung, dennoch war die Stimmung bei Tisch eher zurückhaltend, und von Roden hatte Mühe, seine Gäste bei Laune zu halten. Dobner war gar nicht erschienen, er sei unpässlich und wolle den Herrschaften nicht zur Last fallen, Meyerwald schien darüber erbost, verbarg seinen Ärger jedoch hinter langen Traktaten, die niemanden interessierten. Christian hatte Charlotte mit einem schwachen Lächeln begrüßt und besorgt gefragt, ob sie den Ritt gut überstanden habe.
» Ich bin ein bisschen müde und habe ziemlichen Muskelkater…«
» Das vergeht wieder…«, tröstete er sie.
Er war zusammen mit Meyerwald in einem Nebengebäude aus Lehmziegeln mit Wellblechdach untergebracht, das von Roden noch Ende letzten Jahres hatte errichten lassen, Dobner übernachtete im Schlafzimmer des Hausherrn, vermutlich im Bett der zukünftigen Ehefrau. Zäh zog sich der Abend dahin. Obgleich das Essen hervorragend war und sogar frischer Salat, Möhren und Kohl aus dem Garten aufgetischt wurden, blieb es bei Dr. Meyerwalds Monologen, die von Roden nur hin und wieder unterbrach, um eigene Erlebnisse hinzuzufügen. Charlotte erfuhr, dass er passionierter Jäger war– ein Erbteil der Familie– und den Löwen selbstverständlich selbst erlegt hatte, außerdem eine Menge anderer Tiere, deren Trophäen man an den Wänden bewundern konnte. Seine Jagdleidenschaft weckte nicht gerade ihre Sympathie, zweifelnd blickte sie zu Christian hinüber und entdeckte in seinem Gesicht die gleiche Abneigung. Es war ärgerlich, dass sie nicht im gleichen Raum übernachteten, sie hätte ihm gern unter vier Augen mitgeteilt, dass sie lieber schon morgen zurück nach Moshi reiten wollte.
Christian erhob sich als Erster und bat darum, zur Ruhe gehen zu dürfen, auch Dr. Meyerwald erklärte, eine gute Portion Schlaf nötig zu haben, und Charlotte beeilte sich, den allgemeinen Aufbruch zu nutzen, um gleichfalls gute Nacht zu wünschen. Es kam fast einer Flucht gleich– fast tat ihr von Roden leid, der soeben eine Flasche Rotwein geöffnet hatte, um seinen Gästen einzuschenken.
» Nun, dann also bis morgen«, sagte er und verkorkte die Flasche wieder. » Bis dahin hält sich der Wein ganz sicher.«
Er schlug noch einmal mit der flachen Hand auf den Korken und reichte die Flasche seinem schwarzen boy.
» Ich hoffe, Sie sind zufrieden mit Ihrer Unterbringung, Frau Ohlsen.«
» Es ist ein sehr schönes Zimmer, Herr von Roden. Ihre Verlobte ist zu beneiden.«
Sie stand schon auf der Schwelle, um sich zu verabschieden, doch sein Lächeln hielt sie zurück. Ganz offensichtlich freute er sich sehr über dieses Lob.
» Ja, ich habe eine Menge angestellt, damit Johanna sich bei mir wohlfühlt. Schauen Sie sich das Klavier an– der Transport hat mich ein Vermögen gekostet. Es stammt aus meinem Elternhaus, meine Mutter hat darauf gespielt. Ich habe es per Postdampfer nach Tanga schaffen lassen, dort wurde es zerlegt und in mehreren Paketen von schwarzen Trägern hierhergeschleppt.«
» Und wer hat es wieder zusammengesetzt?«
» Ich«, erklärte er mit unverhohlenem Stolz. » Hat mich ein paar Wochen lang beschäftigt. Ich habe es gestimmt, damit man auch wirklich darauf spielen kann.«
O weh, dachte sie. Falls die Dame musikalisch ist, wird sie vermutlich Ohrenschmerzen bekommen.
Er musste ihr die Skepsis angesehen haben, denn er sprang auf und klappte den Deckel der Tastatur auf. Leise schlug er einige Akkorde an, und zu ihrer größten Überraschung klangen sie rein.
» Spielen Sie Klavier?«, wollte er wissen. » Ich habe es früher mit großer Leidenschaft betrieben, aber jetzt sind meine Finger steif. Kommt von der Arbeit, vielleicht auch vom Alter…«
Er lachte, und sie überlegte, wie
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