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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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noch wenige Meter über dem Boden dahinglitt und der Kadett sich fragte, ob der Raubvogel seinen eigenen Schatten als potenzielle Beute ausgemacht hatte.
    Er behielt diese Überlegung nur kurz im Sinn, denn erneut ging sein suchender Blick ungeduldig an den Bäumen vorbei, zwischen deren Stämmen das blau glitzernde Wasser des Wannsees zu sehen war, bis hinüber an die Straße. Sein Herz schien für einen Moment ins Stolpern zu geraten.
    Sie war gekommen! In einem blassblauen Kostüm und mit dem grauen Hütchen auf dem hochgesteckten Haar machte Edith den Eindruck, als habe sie sich eigens für dieses Treffen – das erste, bei dem sie allein sein würden –, besonders hübsch zurechtgemacht.
    Aufgeregt wie ein kleiner Schuljunge erhob sich Hannes von dem Holzpflock, auf dem er gesessen hatte, zog die Kadettenjacke glatt und eilte der Frau seines Herzens entgegen.
    Seit er seine Einladung zu diesem Treffen ausgesprochen hatte, war er sich keinen Augenblick lang sicher gewesen, ob Edith wirklich kommen würde. Er empfand es als furchtbar taktlos, eine Dame nicht zu Hause abzuholen, sondern sie selbstständig zum Treffpunkt reisen zu lassen, doch zumindest dahingehend hatte Edith seine Bedenken zerstreut. Sie sei eigenständig und selbstbewusst genug, ohne Begleitung nach Berlin zu fahren, hatte sie ihm vor einer Woche zugeraunt, jedoch weiterhin offengelassen, ob sie zum vorgeschlagenen Zeitpunkt erscheinen würde.
    Hannes erreichte die junge Frau, die bei seinem Anblick trotz ihrer Eigenständigkeit nun doch einen erleichterten Eindruck machte, was sein Grinsen noch breiter werden ließ. Mochten die Frauen in diesen Tagen moderner sein als zuvor – wenn sie seinen Beschützerinstinkt weckten, fühlte er sich gut.
    Zur Begrüßung streckte er ihr beide Hände entgegen und wartete voll Ungeduld, bis sie die ihren hineinlegte. »Ich freue mich, dass Sie gekommen sind.«
    »Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Immerhin kenne ich Sie kaum. Es schickt sich nicht …« Sie ließ den Satz unvollendet und entzog ihm ihre Hände.
    »Vertrauen Sie mir«, bat er und deutete einladend in Richtung Wäldchen und dem dahinter versteckten See.
    »Das tue ich.«
    Ihr Lächeln jagte ihm einen heißen Schauer durch den Körper. Niemals zuvor hatte er sich zu einer Frau so hingezogen gefühlt wie zu Edith, und dabei war sie keine der schlanken, eleganten und bewundernswerten Damen, die Preußen gewöhnlich hervorbrachte. Etwas an ihrem Wesen war anders; rein und wunderschön, aufregend und eigentümlich beruhigend zugleich. Es gab da nur ein Problem. Und das hieß nicht etwa Klassenunterschied, denn dieser störte Hannes nicht. Die schwer zu überwindende Hürde, die sich zwischen ihn und Ediths Glück stellen könnte, war sein Vater. Dieser hatte schon seinen Willen durchgesetzt, was die Eheschließung von Hannes’ älterem Bruder anbelangte, und mit seinen Bemühungen, eine gute Partie für Philippe zu finden diesen nach Afrika getrieben. Der Rittmeister würde dies auch bei ihm versuchen. Und ganz sicher war in den Plänen des gestrengen und auf Traditionen bedachten Mannes keine Edith Müller als Ehefrau für ihn vorgesehen.
    Das nächste Problem, und das wollte er heute endlich aus der Welt schaffen, war Ediths Ahnungslosigkeit darüber, mit wem genau sie da überhaupt angebandelt hatte.
    Sie tauchten in den kühlen Schatten der Bäume ein. Der bisher tadellos angelegte Weg wurde deutlich schmaler, und über dem festgetretenen Waldboden rankte sich ein Gewirr aus oberflächlich verlaufenden Wurzeln.
    Obwohl Edith solides Schuhwerk trug und kaum Schwierigkeiten beim Begehen des unebenen Weges haben würde, bot Hannes ihr mit einer knappen Verbeugung seinen Arm. Er bemerkte ihr Zögern, spürte, wie sie mit sich kämpfte, da sie viel Wert auf ihre Selbstständigkeit legte. Umso mehr freute er sich, als sie nachgab und sich bei ihm einhakte.
    Fürsorglich geleitete er sie durch das Waldstück, bis sich vor ihnen der von der Sonne beschienene See ausbreitete. Zügig griff er um und hielt ihre Hand unmissverständlich in seiner fest. Er hatte nicht vor, Edith so schnell wieder loszulassen.
    »Ist das schön!«, seufzte seine Begleiterin und ließ ihren Blick über die glitzernde Wasserfläche schweifen.
    »Ja, wunderschön!«, stimme Hannes ihr zu und betrachtete dabei ihr ebenmäßiges, rundliches Gesicht. Angenehm intensiv empfand er dabei die Wärme ihrer Hand in der seinen.
    Rechts von ihnen öffnete sich die Bucht zu einem

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