Himmel ueber fremdem Land
Situation zu überblicken und eine Entscheidung zu treffen. »Die Gauner sind mitten ins Lager geritten. Wir werden sie schwerlich von den Diamantsuchern unterscheiden können«, brummte Sacker. Er hielt sein Gewehr in der rechten Hand, die Zügel in der linken, und in seinem Gürtel schimmerte bläulich der Lauf seiner Pistole.
»Wir verteilen uns um den Talabschnitt«, beschloss Philippe. »Ich gebe uns als Schutztruppensoldaten zu erkennen, dann geben wir eine Salve Kugeln auf sie ab. Lasst euch nicht sehen. Die Kerle brauchen nicht zu wissen, dass wir nur zu dritt sind.«
Auf die Anweisung seines Vorgesetzten hin wendete Wilhelm wortlos sein Pferd und ließ es den sandigen Abhang wieder hinuntergehen, um sich von dort nach links zu wenden. Sacker verharrte bei Philippe und zischte: »Ich habe eine weiße Frau gesehen. Welcher Idiot bringt eine Frau hierher?«
»Machen wir unsere Arbeit, Sacker.«
»Jawohl, Herr Leutnant.«
Der Soldat trieb sein Reittier an und verschwand in einer Sandwolke nach rechts in den Schatten der Düne.
Unterhalb von Philippes Standpunkt wurde weiterhin erbarmungslos geschossen. Anfeuernde Rufe mischten sich mit entsetzten Schreien und dem Knallen der Gewehre. Philippe stieg ab und gab der Stute einen Klaps auf die Kuppe, worauf sich das Tier eilig den Hügel hinunterbewegte, fort von dem Lärm.
Der Leutnant zählte bis 20, ehe er zweimal in die Luft feuerte und dann so laut, wie seine Lunge und die Stimmbänder es ihm erlaubten, die Angreifer aufforderte, sich der Einheit der Schutztruppe zu ergeben.
Das Chaos im Talkessel nahm zu. Im Licht des Mondes und der allmählich in sich zusammenfallenden Flammen sah er hektische Bewegungen. Befehle wurden gebrüllt, auch endete für kurze Zeit der erbitterte Schusswechsel.
Diese Pause nutzten Philippe, Wilhelm und Sacker dazu, das Camp mit einem Kugelhagel zu belegen, wobei sie hofften, dass sie nicht versehentlich einen der Diamantsucher trafen.
Nachdem Philippe ein zweites Mal seine Aufforderung auf das Schlachtfeld hinuntergebrüllt hatte, drehte er sich im Sand der Düne auf die Seite, um fieberhaft seine beiden Waffen nachzuladen. Sämtliche Muskeln seines Körpers waren angespannt, die Kälte war vergessen. Sein Gehör registrierte jedes noch so scheinbar nebensächliche Geräusch.
Sobald er wieder schussbereit war, schob er sich so weit auf die Anhöhe hinauf, dass er freie Sicht auf die Schürfstelle hatte.
Im Talkessel sammelten sich die schießwütigen Eindringlinge. Einer der Männer hielt ein reiterloses Pferd. Philippe vermutete, dass der Mineninhaber einen der Angreifer aus dem Sattel geschossen hatte … doch da tauchte, wie aus dem Nichts, eine Gestalt auf und schwang sich auf den Rücken des bereitgehaltenen Tieres.
Die Kopfbedeckung des Mannes ließ Philippe die Augen zu schmalen Schlitzen zusammenkneifen. War das nicht ein Armeehut, den der Halunke da trug?
Noch ehe er darüber nachdenken konnte, erhob sich ein rundlicher Mann aus der Deckung und lief todesmutig auf die zur Flucht bereiten Eindringlinge zu. Er kam nicht weit.
Eine Pistole aus den Reihen der Reiter spuckte Feuer, woraufhin der Mann sich halb um seine eigene Achse drehte, ehe er wie ein gefällter Baum zu Boden stürzte.
Wütend legte Philippe sein Gewehr an und zielte. Es war nahezu selbstmörderisch, sich bei der Überzahl an Angreifern auf ein Feuergefecht einzulassen, doch diesem Spuk musste er unverzüglich ein Ende setzen, bevor es noch mehr Tote gab. Außerdem war es von Vorteil, wenn er zumindest einen der Gauner außer Gefecht setzen und gefangen nehmen könnte.
In dem Moment, als er schoss, setzte sich der Tross in Bewegung. Dem Knall seiner Waffe folgte als Echo ein Schmerzensschrei, aber zu seinem Bedauern hielt sich der Reiter, den er aufs Korn genommen hatte, mühsam im Sattel. Auch sein zweiter Schuss verfehlte das Ziel.
Mit wilden Galoppsprüngen, Flüchen und teils deutschen, teils englischen Rufen jagten die Männer zwischen den Dünen davon und verschwanden aus Philippes Sichtfeld. Beunruhigt richtete er sich auf. In diese Richtung war Wilhelm geritten. Hoffentlich hielt der Alte sich bedeckt.
Mehr rutschend als laufend stürmte er den Hügel hinunter und warf sich auf seine Stute. Erst übereilt, dann vorsichtiger und nach allen Seiten sichernd näherte er sich dem aus Sandverwehungen entstandenen Taleingang.
Erneut zerrissen Schüsse die Nacht und veranlassten Philippe, laut zu fluchen. Die Flüchtenden waren auf Wilhelm
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