Himmel ueber fremdem Land
wie möglich abgeholt wird. Den Toten müssen Sie unverzüglich begraben, sonst machen sich die Tiere über ihn her.«
»Sorgen Sie nur dafür, dass ich meine Diamanten wiederbekomme, Herr Leutnant.«
»Wir werden sehen«, erwiderte Philippe ausweichend und wandte sich ab. Zwei so auffällige Zehnkaräter würden eine deutliche Spur hinterlassen, wenn der Dieb unvorsichtig genug war. Vermutlich konnte sie ihn bis zum Urheber der Überfälle führen. Dass einer der Gauner den Hut der hiesigen Armeekleidung trug, wies darauf hin, dass einzelne Männer, vielleicht sogar eine kleine Einheit der Schutztruppe in diese Angelegenheit involviert waren. Damit würde sich der Verdacht des Gouverneurs bestätigen.
Kurze Zeit später saß Philippe wieder auf seiner Stute, die beiden nun reiterlosen Pferde mitführend, die Pistole schussbereit in der rechten Hand, und machte sich auf die Suche nach den Entflohenen. Ihm war durchaus bewusst, wie gefährlich dieser Alleingang war, dennoch drängte es ihn, die Spur zu verfolgen, so lange sie noch frisch war.
Die Dünen verfärbten sich mit dem Vordringen der Nacht zuerst in ein tiefes Blau und schließlich zu einem unwirtlichen, kalten Schwarz.
Bei seinem Ritt durch die karge Wüstenlandschaft fiel es Philippe schwer, Wilhelm aus seinen Gedanken zu verdrängen. Der sinnlose Tod dieses großartigen Mannes versetzte ihn in Wut.
Als die ersten hellen Boten eines neuen Tages den vormals dunklen Horizont durchbrachen und ein dichter Nebel das Land überzog, zwang er sich, die Erinnerungen abzuschütteln und sich ganz auf sein Ziel zu konzentrieren. Dabei wurde sein Blick so kalt wie die Nacht und seine Gesichtszüge verhärteten sich.
***
Ein kräftiger Windstoß fegte über die Düne in Philippes Rücken und wirbelte Wolken von goldfarbenem Sand auf. Die Planen der Zelte begannen zu flattern, zerrten an ihrem Gestänge und ließen aufgehängte Kochutensilien aneinanderklappern.
Die schwarzen Arbeiter wandten die Köpfe ab, damit der Sand ihnen nicht in die Augen geblasen wurde, ehe sie wieder mit ihren runden Sieben den Sand nach Diamanten durchforsteten.
Ein ebenfalls dunkelhäutiger Aufseher ritt auf einem mageren braunen Pferd um die über das Feld verteilten Männer herum. In seiner Rechten trug er eine Pistole, am Sattel klemmte eine Peitsche. Nicht der kleinste Diamantsplitter sollte in den Taschen eines der Männer verschwinden, die unter der brütenden Sonne nach den wertvollen Steinen suchten.
Philippe wischte sich mit dem Ärmel seines weißen Jacketts über die Stirn. Nach dem Überfall auf das Diamantenfeld vor zwei Wochen war er dem Reitertrupp bis in die von den Briten besetzte Walvis Bay gefolgt. Das war für ihn nicht sonderlich überraschend gewesen, hatten sie sich doch beim Auftauchen der Schutztruppensoldaten neben deutschen auch englische Worte zugerufen.
Die Möglichkeit, dass die Briten hinter diesen Vorstößen nach Deutsch-Südwestafrika steckten, weil auch sie sich einen Teil des Diamantenkuchens sichern wollten, hatte Philippe niemals ernsthaft erwogen. Zum einen hüteten sich die Engländer in ihrer kleinen Enklave am Meer vor jeglicher Provokation den Deutschen gegenüber, zum anderen gab es da die Verdachtsmomente des Gouverneurs in Windhuk und den von einem der Gauner getragenen Militärhut, was eher auf eine Beteiligung der deutschen Schutztruppe schließen ließ.
Tagelang hatte Philippe sich in Walvis Bay herumgetrieben und auch seinen alten Freund John in seine Nachforschungen mit einbezogen. Der war es schließlich, der Philippe einen ersten brauchbaren Hinweis lieferte.
Sie hatten vereinbart, dass John seinen inzwischen in Zivil gekleideten und mit falschem Namen versehenen Freund dem Prokuristen der Diacamp-Company , Heinz Stichmann, vorstellte. Dieser ältere aus Hamburg stammende Herr, angetan mit einem steifen beigen Anzug und einem Tropenhelm, führte ihn in diesem Augenblick über das Diacamp -Schürffeld. »Ihnen ist sicher bekannt, dass ein Diamant aus kristallisiertem Kohlenstoff besteht. Der kommt häufig im sogenannten Blaugrund oder Kimberlit vor. So nennt sich ein bläuliches, gelegentlich auch gelbliches vulkanisches Gestein.«
Philippe nickte knapp. Er hatte sich bei seinen Nachforschungen in Walvis Bay auch intensiv mit Diamanten und deren Verarbeitung beschäftigt und wusste inzwischen vermutlich mehr über die Edelsteine als der Mann vor ihm. Dennoch ließ er ihn reden, da er den Anschein erwecken wollte, er sei ein
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