Himmel ueber fremdem Land
angespannten Ochsen schlugen unruhig mit den Köpfen und Schwänzen, um sich der lästigen Fliegen zu erwehren. Es kostete ihn einige Anstrengung, bis er die Holzkiste auf die Ladefläche gehievt und hineingeschoben hatte. Allerdings ließ er sich nichts anmerken, sondern schaute Udako dabei an, in der Hoffnung, erneut ihr hinreißendes Lächeln geschenkt zu bekommen. Tief in sich fühlte er eine Regung, die über das körperliche Begehren hinausging, das er gewöhnlich für Frauen empfand, doch seine abgestumpfte Seele konnte diese nicht einordnen.
»Vielen Dank, Herr Obergefreiter. Sie sind mir wie immer eine große Hilfe gewesen.«
Seit Udako das Gouverneurshaus verlassen hatte, waren die Augenblicke rar gesät, in denen er ihr seine Zuneigung zeigen konnte. Und dann war auch noch dieser Meindorff in ihrem Umfeld aufgetaucht!
Wieder stieg der Zorn über den privilegierten Offizier in ihm auf, gleichzeitig machte ihm Udakos Nähe zu schaffen. Bedeuteten ihre freundlichen Worte nicht, dass sie dasselbe wollte wie er? Das hämische Gelächter einer seiner wechselnden Ziehmütter klang ihm noch immer in den Ohren, als er es einmal gewagt hatte, ihr zu sagen, wie gern er sie hatte. Auch eine Prostituierte hatte ihn ausgelacht, als er ihr gegenüber von Liebe sprach. Seine Empfindungen für Udako verwirrten ihn, schienen im Widerstreit miteinander zu liegen und das ließ seinen Zorn anwachsen. Nur mühsam gelang es ihm, ruhig zu bleiben.
»Für einen Tag im Mai ist es heute noch sehr warm, nicht wahr?«, plauderte Udako. Ihre Hände spielten unruhig mit den Falten ihres Rocks und ihr Blick wanderte an ihm vorbei.
Karl, dem die wärmeren Temperaturen von Oktober bis März zu schaffen machten, vor allem, wenn seine Einheit in Richtung der Wüstenküste geschickt wurde, nickte. »Da hast du recht. Ich freue mich auf die kühleren Monate. Sie laden zu Spaziergängen, Picknicks und Ausfahrten ein, nicht wahr?« Ehe er weiter darüber nachdenken konnte, stieß er hervor: »Dürfte ich dich einmal zu einem Spaziergang einladen?«
Wie gerne hätte er ihr weit mehr als nur einen einfachen Spaziergang offeriert, doch das behielt er noch für sich. Er durfte nicht voreilig lospreschen.
Sein Blick wanderte begierig zu den prachtvollen Villen der Kaufleute, hohen Militärs und Beamten hinüber. Sie lagen zwischen künstlich angelegten und etwas kümmerlich aussehenden Buchen-, Eichen- und Birkenhainen versteckt. Er nahm sich vor, um sein eigenes Haus lediglich die exotisch wirkenden Palmen und sonstige hier ansässige Vegetation anzupflanzen, schon allein, damit seine Anlage sich deutlich von der konservativen, snobistischen Art der anderen Prachthäuser abhob.
Energisch zwang Karl sich in die Gegenwart zurück und stellte fest, dass er Udakos Antwort überhört hatte. Es war erstaunlich, was diese Frau mit ihm anstellte. In ihrer Anwesenheit fiel es ihm schwer, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Allerdings ließ ein prüfender Blick in ihr Gesicht erahnen, dass sie seine Frage bejaht hatte.
»Was hältst du von morgen Nachmittag? Wir könnten von Windhuk aus in Richtung …«
»Entschuldigen Sie bitte, Herr Obergefreiter, aber wie ich Ihnen bereits sagte: Ich kann nicht.«
»Dann an einem anderen Tag. Natürlich habe ich durch meine militärischen Pflichten nicht viel Zeit, aber wir finden bestimmt einem gemeinsamen freien Nachmittag.«
»Bitte, Herr Obergefreiter.« Sie hatte wohl Schwierigkeiten dabei, die korrekten deutschen Worte zu finden, denn sie murmelte etwas in ihrer Muttersprache vor sich hin. »Sie dürfen mich nicht mehr fragen«, brachte sie schließlich hervor.
Karl lächelte breit und vergaß darüber den Bauch einzuziehen. Natürlich war es für sie nicht angemessen, mit einem deutschen Soldaten zu verkehren. Dieses Mädchen wusste, wo ihr Platz war. »Aber nicht doch. Niemand wird-«
Einer der wenigen weißen Missionare unterbrach durch seine Ankunft ihr Gespräch. Der ältere Herr winkte Udako herbei, die unverzüglich seiner Aufforderung Folge leistete.
Da er bisher geglaubt hatte, Udako habe durchaus ihren eigenen Kopf und auch einen gewissen Grad an Stolz, nahm Karl diesen prompten Gehorsam mit Freude wahr. Allzu selbstsichere Frauen riefen Wut in ihm hervor. Ihr kurzer Blick zurück, während das Gefährt über die unebene, staubige Straße holperte, schien Karl verheißungsvoll. Lag in ihren dunklen Augen nicht ein sehnsuchtsvolles Glitzern? Euphorisch gestimmt begab er sich auf den
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