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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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Rückweg zu seiner Baracke, um, kaum dort angekommen, zu erfahren, dass er mit seiner Einheit in die Namib abkommandiert wurde. Leutnant Meindorff hatte zusätzliche Soldaten angefordert.
    Unbeherrscht spuckte er auf den mit Steinplatten ausgelegten Boden. Ausgerechnet dieser widerwärtige Meindorff durchkreuzte seine Pläne mit Udako. Ahnte der Kerl vielleicht, dass Karl … Wieder einmal stieg unbändige Wut auf diesen privilegiert lebenden Mann in ihm auf. Allerdings barg die Aussicht, so frühzeitig erneut in Richtung Küste zu reisen, auch Vorteile. Er musste die sich ihm dadurch bietenden Optionen nur richtig nutzen!

Kapitel 20
    St. Petersburg, Russland,
Mai 1908
    Sanfter Regen fiel vom wolkenverhangenen Himmel über St. Petersburg und verbarg die Häuserzeile jenseits der Mojka hinter einem Vorhang, der milchigweißer Gaze glich. Unterhalb der nassglänzenden Kanalmauer suchte ein Spatzenpärchen mit aufgeplusterten Federn notdürftig Schutz, und einer der beiden zog einen aus den Ritzen der Pflastersteine todesmutig hervorlugenden Regenwurm heraus und verspeiste ihn.
    Anki presste ihre Stirn gegen die von Regentropfen besprengte kühle Glasscheibe. Während ihre linke Hand auf dem breiten marmornen Fenstersims ruhte, spielte ihre rechte ungeduldig mit dem elfenbeinfarbenen golddurchwirkten Vorhang.
    Endlich näherte sich dem Chabenski-Palast eine Mietkutsche. Die beiden Schimmel davor ließen die Ohren hängen und von ihren nassen Mähnen lief ihnen das Wasser über den Hals und zwischen den Ohren hindurch auf die Scheuklappen. Das Gefährt hielt mit einem Ruck vor dem überdachten Eingangsbereich des Hauses, und Anki hielt es nicht länger am Fenster. Sie flog förmlich aus dem Raum und kurz darauf polterten ihre schnellen Schritte über die Treppe.
    Gerade als Jakow mit seinen behäbigen, vornehmen Bewegungen die Tür für Ankis Besuch geöffnet hatte, war sie schon bei ihm angekommen. Die junge Frau stürmte an dem Butler vorbei in den Regen hinaus und riss ihre ältere Schwester, die gerade das schaukelnde Fahrzeug verließ, in ihre Arme.
    Alles in Anki jubelte vor Freude. Sie hatte ihre Geschwister mehr als ein Jahr lang nicht gesehen, und besonders zu Tilla war ihr Verhältnis immer sehr eng gewesen.
    »Meine Güte, Anki! Du bist ja ebenso stürmisch wie Demy geworden!« Tilla lachte und drückte ihre Schwester kräftig an sich.
    Unterdessen war Jakow herbeigehastet und hielt einen Schirm über die Damen, während Tillas Ehemann mit großen Schritten dem Vordach zustrebte.
    »Ich freue mich so sehr über euren Besuch in St. Petersburg«, raunte Anki Tilla zu und musterte nun ausführlicher deren frisch angetrauten Ehemann.
    Joseph Meindorff war groß und kräftig gebaut und sein leicht kantiges Gesicht mit dem akkurat gestutzten Schnurrbart wirkte ausgesprochen männlich. Allerdings musste sie der Beschreibung aus Demys Brief recht geben: Die buschigen dunklen Augenbrauen über den tief liegenden braunen Augen verhießen eine gewisse Strenge.
    Entschlossen schob Anki diese Überlegung von sich. Sie wollte Menschen nicht nach Äußerlichkeiten beurteilen. Mit zwei Schritten trat sie vor Tillas Ehemann und streckte ihm zur Begrüßung ihre Rechte entgegen. Joseph nahm ihre Hand, verbeugte sich höflich, wenn auch knapp, und deutete einen Handkuss an. »Es ist mir eine Freude, heute noch das letzte Mitglied der van Campen-Familie kennenzulernen. Sie sind, ebenso wie Ihre Schwester, eine bezaubernde Erscheinung.«
    Anki lächelte verunsichert über dieses Kompliment, wusste sie doch, dass sie mitnichten Tillas Schönheit oder ihre Anmut besaß.
    »Jakow wird euch eure Mäntel abnehmen. Im Gästezimmer ist ein Dinner vorbereitet. Die Fürstin weilt mit ihren Mädchen bei einer befreundeten Familie. Ich erwarte sie erst spätabends zurück. Nadezhda und ein Diener bringen das Gepäck in euer Zimmer hinauf und-« Anki hob überrascht die Augenbrauen, als Joseph sie mit einer knappen Handbewegung unterbrach.
    »Wir haben nicht vor, hier zu nächtigen. Unser Gepäck befindet sich bereits im überaus exquisiten Hotel Astoria.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Anki, beobachtete aber aus dem Augenwinkel, wie ihre Schwester unglücklich das Gesicht verzog. War dieses Arrangement gegen Tillas Willen getroffen worden? Andererseits wollte sich ihr Schwager vermutlich weder einer adeligen Familie aufdrängen, zumal die Person, die sie besuchten, nur eine Angestellte war, noch seine Flitterwochen in einem Gastzimmer bei

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