Himmels-Taler
seinen Vater König Dor: in fünf leuchtenden Farben, Symbole für Gleichgültigkeit, Freundschaft, Romanze, Liebe und Tod. Dort pflegte sich eine Person mitten zwischen den Rosen hinzustellen, während die andere eine Rose pflückte, und zwar nur eine von jener Farbe, die ihre Einstellung zum anderen anzeigte. Pflückte man die falsche Rose, verpaßten einem die Dornen einen schrecklichen Kratzer. Das hatte Dolph begriffen; das eigentliche Mysterium aber war, warum sich jemand mit so etwas überhaupt abgab. Die ganze Zeit kamen junge Männer und junge Frauen, um füreinander Rosen zu pflücken – um ihre Liebe zu beweisen, wie sie sagten. Was sollte das denn? Was war das überhaupt, Liebe? Alles, was Dolph darüber wußte, war, daß es auf irgendeine verschlungene Weise mit dem Geheimnis zu tun haben mußte, wie man den Storch herbeirief, damit der einem ein Baby brachte. Er hatte versucht, den Störchen im Webteppich nachzuspüren, doch obwohl er sie gelegentlich dabei sah, wie sie Babys umhertrugen, war es ihm nie gelungen festzustellen, wie man den Storch eigentlich rief. Was steckte nur für ein großes Geheimnis dahinter?
Dieses Mal stellte er den Webteppich auf das größte Geheimnis aller Zeiten ein: das Verschwinden des Guten Magiers Humfrey. Als Esk Oger, Chex Zentaur und Volney Wühlmaus gemeinsam gekommen waren, um dem Magier Fragen zu stellen, hatten sie das Schloß völlig verlassen vorgefunden. Sie hatten zwar im Buch der Antworten nachgesehen, doch das stellte sich als viel zu technisch für einen normalen Sterblichen heraus; nur der Gute Magier konnte es interpretieren, und der war verschwunden. Danach hatte König Dor das Buch an sich genommen und es eingesperrt, damit es unversehrt blieb, solange der Gute Magier fort war.
Alle hatten versucht ihn zu finden, aber niemandem war es gelungen. Und so blieb das Geheimnis seit drei Jahren ungelöst. Es schien, als könnte nur der Gute Magier selbst die Frage nach seinem Verschwinden beantworten. Bis dahin gab es allerdings auch sonst keine Antworten, was für viele Menschen und Wesen Xanths ziemlich frustrierend war.
Dolph ging, ganz das Wolfsjunge, das er im Augenblick war, das Rätsel von vorn und zurück immer wieder durch. Wohin konnte der Gute Magier nur so plötzlich verschwunden sein, daß er sein Schloß und alles, was sich darin befand, einfach zurückgelassen hatte? Er mußte sich, kurz bevor das Dreiergespann aufgetaucht war, aus dem Staub gemacht haben, denn für jeden von ihnen hatte es zuvor noch eine Herausforderung gegeben, bis sie schließlich ins Schloß gelangten. Normalerweise gab es immer drei Hindernisse für jeden, der zu ihm kam, um ihm eine Frage zu stellen, und nur wer diese bewältigte, besaß das Privileg, als Gegenleistung für einen Jahresdienst vom Guten Magier die Antwort zu erhalten. Er war berüchtigt dafür. Einst war die Gorgone gekommen, um den Magier zu fragen, ob er sie heiraten würde, und auch sie hatte er erst einen Jahresdienst ableisten lassen, bevor er ihr eine Antwort gab. Ein anderes Mal war Krach Oger gekommen, hatte aber seine Frage vergessen; dennoch ließ der Magier ihn als Beschützer einer anderen Fragestellerin arbeiten, Tandy Nymphe.
Nach einer Weile verliebten die beiden sich ineinander und heirateten – was offenbar Antwort genug war. So hatten Esks Eltern sich lieben gelernt. Wieder einmal hatte der Magier Glück gespendet.
Heute aber gab es keine Hindernisse und Herausforderungen mehr, und das Schloß war verlassen. Alle waren sich darin einig, daß man den Guten Magier unbedingt wiederfinden müsse, aber niemand wußte, wie und wo. Schon einige Abenteurer waren losgezogen, um ihn zu suchen, und manche von ihnen waren schließlich selbst verschollen.
Wäre es nicht großartig, wenn ein neunjähriger Junge das Rätsel des Jahrhunderts löste? Was würde das doch Spaß machen, all die Erwachsenen dumm dastehen zu lassen!
Dolph konzentrierte sich auf den Webteppich. Er konnte ihn auf jede Zeit und jeden Ort einstellen, indem er einfach nur daran dachte, was er wollte. Die meisten Leute konnten die Bilder überhaupt nicht beeinflussen, aber er und Ivy waren Magier (na ja, eigentlich war sie eine Zauberin, was irgendwie etwas minderwertiger war), und der Teppich gehorchte ihnen anstandslos. Also stellte er ihn nun auf den Tag vor Esks Eintreffen im Schloß ein. Wenn er den Guten Magier tatsächlich dabei beobachten könnte, wie er sein Heim verließ…
Nach einigem Hin und Her hatte er
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