Himmels-Taler
seine Eltern. Sie, Ignoranten, die sie waren, hielten ihn für viel zu jung. Immer hoben sie auf sein Alter ab, wenn er mal ehrgeizige Pläne schmiedete. Aber wenn das auch ein krasser Beweis für das Unverständnis und die Sturheit der Erwachsenen war, stand es doch außer Zweifel, daß er sich damit würde abplagen müssen. Schließlich war sein Vater der König von Xanth, den man nicht so einfach übergehen konnte.
»In ein paar Jahren vielleicht«, schlug König Dor diplomatisch vor. Er hatte gewisse liberale Ansichten, aber angesichts der Unbeugsamkeit von Königin Irene bedeutete das nicht allzuviel.
»Aber wir müssen den Guten Magier doch jetzt finden!« rief Dolph. »Das weiß doch jeder!«
»Ich nicht«, meinte sein Stuhl.
»Halt’s Maul, Holzhirn!« zischte Dolph.
»Fang bloß nicht an, mich zu beschimpfen, du Schlauhintern!« konterte der Stuhl. »Sonst jage ich dir noch einen Splitter ins Fleisch!«
Dolph entschied sich gegen weitere Diskussionen. Das Talent seines Vaters bestand darin, mit toten Gegenständen zu reden, und die waren nicht besonders gescheit. In König Dors Gegenwart konnte alles irgendwann plötzlich reden, selbst wenn es gar nicht gefragt wurde.
König Dor tauschte mit Königin Irene einen langen Blick aus. Dolph wußte, daß ihm Ärger bevorstand. Sie suchten nach einer Möglichkeit, ihn zurückzuhalten, ohne dabei seine Gefühle zu verletzen. Eltern waren Experten darin, Abenteuer im Kern zu ersticken, ohne dabei unvernünftig zu erscheinen.
»Wenn du vielleicht einen Erwachsenen hättest, der dich begleitet«, sagte Irene. Sie war in Wirklichkeit genauso herrschsüchtig wie Ivy, aber sie tarnte es hervorragend. So harmlos ihre Vorschläge auch formuliert werden mochten, besaßen sie doch Gesetzeskraft.
O weh! Das war ja noch schlimmer als ein Holzsplitter! Ein erwachsener Begleiter würde doch alles ruinieren. Vor allem einer von der Sorte, die seine Mutter vorschlagen würde: ein Zentaur. Zentauren waren viel zu diszipliniert und vernünftig, und außerdem wollten sie ständig irgendwelche Kinder ausbilden. Und von Belehrungen hatte Dolph die Nase gestrichen voll.
Dennoch, seine Mutter hatte gesprochen. Sie wußte, daß er keinen Begleiter haben wollte und ganz bestimmt keinen Erwachsenen. Sie dachte, das würde ihn von seiner Queste abhalten. Aber vielleicht konnte er sie umgehen, indem er sich einen Gefährten aussuchte, der nicht allzu tief in Ungnade stand.
»Also gut«, willigte er ein. »Aber ich darf ihn mir selbst aussuchen.«
König Dor behielt eine ausdruckslose Miene bei, was bedeutete, daß er ein Lächeln unterdrückte. Das war ein gutes Zeichen. Sie wußten beide, daß Königin Irene eine Zentaurin als Begleitung wünschte. Wenn es Dolph gelang, einen anderen Kandidaten durchzudrücken, hatte er die Schlacht schon fast gewonnen.
»Schön«, sagte sie nach einer bedeutungsvollen Pause. »Aber wir müssen ihm zustimmen.«
Hmph. Das konnte sich als katastrophale Einschränkung erweisen. Sie würden niemandem zustimmen, den er wirklich mochte, sondern nur jemanden, den sie mochten. Wie konnte er das nur umgehen?
Dolph hatte einen schnellen, jugendlichen Geist. Sofort hatte er einen Ausweg gefunden. »Abgemacht«, sagte er. »Morgen werde ich meine Wahl treffen.«
»Gewiß doch«, stimmte Königin Irene mit einem ihrer glatten Maskenlächeln zu. Sie glaubte, daß sie ihn ausgetrickst hatte.
»Das wird Spaß machen, Blödian«, bemerkte der Stuhl frech.
König Dor sagte gar nichts. Er war zu klug, um sich auf eine Auseinandersetzung einzulassen. Deshalb war er ja auch König.
Als er wieder in seinem Zimmer war, ging Dolph allerlei Namen durch. Seine Strategie war simpel: Er würde eine Reihe von derartig unakzeptablen Vorschlägen vorbringen, daß seine Mutter sie in königlicher Empörung ablehnen würde. Das konnte sie unvergleichlich gut. Schließlich würde er den Namen erwähnen, den er als Begleiter auserkoren hatte, und der würde im Vergleich zu den anderen so vernünftig erscheinen, daß sie einwilligen würde, noch bevor sie richtig darüber nachgedacht hatte. Vielleicht würde sie es später bereuen, aber dann war es zu spät. Eine Königin mußte ihr Wort halten.
Nach einigem Überlegen fiel seine Wahl auf Grundy Golem. Grundy war eine ziemliche Nervensäge, ein kleines, großmäuliges Wesen aus Holz, Bindfäden und Lumpen, das durch den Dämon X(A/N) th lebendig gemacht worden war. Grundy hatte für jede Gelegenheit eine Beleidigung
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