Himmelsfelsen (Krimi-Edition)
dunkel gewordenen Himmel.
»Na endlich«, schnaufte Häberle, »jetzt kommt die Abkühlung.« Er schaute aus dem offenen Fenster zum Gebäude der Feuerwache hinüber. Drunten im Hof brannten bereits die Straßenlampen. Ein Wind war aufgekommen. Dann krachte der Donner.
Auf den langen weißen Tischen des Lehrsaals standen Kaffeekannen und Tassen. Die Beamten der »Sonderkommission Himmelsfelsen« hatten sich auf eine lange Nacht eingestellt. Sie waren jetzt damit beschäftigt, die ersten Berichte der Spurensicherung und des Gerichtsmediziners zu studieren. An die Schiefertafel hatten sie die Namen aller zu vernehmender Personen geschrieben. An oberster Stelle standen die beiden, die Fronbauer genannt hatte, der Architekt in Aalen und der Investor-Kunde in Ulm.
Häberle ging noch einmal die Notizen durch, die er sich bei der Vernehmung Fronbauers gemacht hatte. Dann aber unterbrach ihn ein junger Kollege, der zur Tür hereinkam:
»Wir haben den Wagen geöffnet.«
Häberle wusste sofort, was gemeint war: Das Auto Fronbauers, das inzwischen ein Abschleppunternehmer vom Parkplatz im Eybacher Tal geholt hatte. Die Fahrzeugschlüssel waren weder in der Kleidung des Toten, noch an der Absturzstelle gefunden worden.
»Okay, nehmt ihn unter die Lupe«, sagte Häberle.
Während ein Blitz zuckte und der Donner jetzt schneller folgte, wandte sich ein anderer Kriminalist an den Soko-Leiter: »Chef, wir haben wahrscheinlich die beste Chance, das Umfeld Fronbauers kennen zulernen, wenn wir uns noch heut’ Nacht in der Diskothek umsehen.«
»Richtig«, bekräftigte Häberle, »die Frage wird nur sein, wie wir dort unauffällig auftauchen können.« Er schaute sich seine Kollegen an, die ziemlich leger gekleidet waren, und fuhr fort: »Bei allem, was ich inzwischen von dem Schuppen dort weiß, geht’s da ein bisschen vornehm zu.«
Die Ermittler schwiegen. »Ich glaub’, der einzige, der salonfähig ist, bin ich«, schmunzelte Häberle schließlich. Er trug zwar auch nur Jeans und, nachdem er seine Freizeitjacke längst abgelegt hatte, ein kurzärmliges Hemd. Doch für alle Fälle hatte er im Auto stets ein blaues Jackett liegen.
»Sie wollen allein gehen?«, fragte einer der Kriminalisten.
»Gönnen Sie mir halt auch ein paar unterhaltsame Stunden«, erwiderte Häberle grinsend.
Kurz nach zehn, der Himmel war dunkel. Irgendwo am Rande der Schwäbischen Alb begann sich, ein Hitzegewitter auszutoben. Im Ulmer Gewerbegebiet Donautal bogen sich Birken und Platanen im Sturm. Blitze zuckten, Donnerschläge ließen die Luft erzittern. Noch aber fiel kein Regen. Langsam füllte sich der Parkplatz des ›High-Noon‹. Der Dienstag war allerdings kein besucherstarker Tag. Die Gäste kamen meist paarweise, doch war die Diskothek auch bei Singles sehr beliebt, was sich insbesondere in Männerkreisen herumgesprochen hatte.
Im Innern waren die grellen Scheinwerfer längst dezentem Licht gewichen. Immer wieder ließ der Discjockey verschiedene Beleuchtungseffekte aufflammen, die zur progressiven Musik passten, die jetzt den Raum erfüllte. So laut, dass es den Besuchern an den Tischen schwer fiel, sich zu unterhalten. Die jungen Service»Damen in schwarzer aufreizender Kleidung zogen ebenso die Blicke der Männer auf sich, wie die fünf Frauen, die an einer Tischgruppe in der Nähe des Discjockeys saßen. Sie trugen tief ausgeschnittene Blusen und waren mit überaus kurzen Röcken bekleidet. Die jungen Frauen unterhielten sich miteinander und ließen sich gelegentlich von Männern auf die Tanzfläche führen. Hinter dem holzvertäfelten Bereich des Discjockeys hatte jetzt auch jener Bedienstete Platz genommen, der nur selten in dem Lokal zu sehen war.
»Alles normal?«, fragte er den Discjockey. Dieser nickte und lächelte.
Draußen am Hauptportal hatte sich der Türsteher postiert, der die Gäste einzeln begrüßte und ihnen damit einen Hauch von Exklusivität vermittelte. Auf der anderen Seite des großzügigen Foyers saß der Kassierer an seinem Platz. Zehn Euro kostete der Eintritt pro Person. Ein Betrag, den dieses Publikum gerne bezahlte. Damit war auch sichergestellt, dass ein gewisses Niveau erhalten blieb. Statt einer Eintrittskarte gab’s einen kleinen blauen Stempel auf den Handrücken. Das mochte zwar nicht so recht zu einem seriösen Lokal passen, hatte sich aber, wie Flinsbach und Saalfelder erkennen mussten, als die beste Lösung entpuppt.
Eric Flinsbach war zu seinem Türsteher getreten, um sich über die Lage zu
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